die
creative gruppe
ist
gott tot? wenn ja, welcher? April
1991, ausgedruckt 14 Seiten
- Einleitung
- Die zwei
wesentlichen Gottesbilder
- Wofür
brauchen die Menschen Gott
- Das Ziel des
menschlichen Lebens
- Die
Faszination Gottes am Lebensende
- Bestandsaufnahme
Kommentare
Dabei waren: Niels Boeing,
Markus Hacker, Richard von Heusinger, Robert von Heusinger.
1 Einleitung
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Viele von Euch hatten Schwierigkeiten mit dem Thema gehabt,
sei es logischer, sei es inhaltlicher Art. Was hatten wir uns bei
dieser Formulierung gedacht? Seit namhafte Philosophen Gott für
tot erklärt haben, was Jahrhunderte vorher nicht einmal
gedacht werden konnte, kommt niemand mehr an der Frage vorbei.
Dabei geht es nicht nur um Gott. Ganze Weltanschauungen, Ethiken,
von Individuen wie von Gesellschaften, gehören zu diesem
Problem. Diesem sind wir zu viert nachgegangen.
Zuerst:
Was ist Gott?
Daraus ergaben sich vier Schwerpunkte:
2 Die zwei wesentlichen Gottesbilder
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a) Der personale Gott: Gott ist zeitlos, immer da, ein
Überwesen, der Vater, der Schöpfer; er wird für
die Menschen durch Offenbarung (z.B. im brennenden Dornbusch)
erfahrbar. b) Der abstrakte Gott: Gott ist ein dem
Universum zugrundeliegendes Prinzip, der Anstoß des
Universums, ein Abstraktum, das als mächtig und
allgegenwärtig gefühlt wird. Ist dieses Abstraktum aber
vom Menschen unabhängig oder nur die Schöpfung der
menschlichen Phantasie?
Gott als Abstraktum kann mit dem
Guten, einem Prinzip Liebe identifiziert werden. Die Tatsache,
daß kleine Kinder Zuwendung und Liebe fühlen und
brauchen und ohne diese seelisch verkrüppeln, zeigt, daß
Liebe nicht der menschlichen Phantasie entspringt (die die Liebe
allerdings zu ihrer Vollendung führen kann). Ebenso wie ein
unbestimmtes Empfinden für Gut und Böse scheint der
Mensch das Bedürfnis und die Fähigkeit der Liebe durch
die Evolution mitbekommen zu haben. Die Idee, Gott sei vom
Menschen geschaffen, ist auch mit der Idee Gottes als eines
Schöpfungsprinzips, als eines Anstoßes des Universums
unvereinbar. Dies sind keine Gottesbeweise, beileibe nicht,
sondern unsere Versuche, das Thema abzutasten. Gott als Überwesen
zu akzeptieren, als personalen Gott, reduziert den Menschen zu
einem kleinen, relativ unfreien Wesen, das von Gottes Gnade
abhängt. Je nach Religion erscheint Gott als der Gütige,
Rächende, Richtende, aber immer als höchste Autorität
des Lebens. Abgesehen davon, daß uns ein solche Vorstellung
unangenehm ist, daß uns der Glaube an solch einen Gott
fehlt - was ist Gott für uns dann? Für Robert und
Ritschi ist der Begriff so mit christlichen und anderen
Vorstellungen verseucht, daß sie ihn gar nicht mehr
verwenden wollen. Gott ist tatsächlich tot, sie glauben an
eine Weltseele, die sich nicht über, sondern im Universum
befindet. Die menschliche Seele entspringt der Weltseele bei der
Geburt und kehrt nach dem Tod in sie zurück. die Weltseele
ist identisch mit dem Prinzip Liebe, einer Art Energie, die das
Universum erfüllt. Moschess möchte Gott als etwas
verstanden wissen, das frei von alten Begriffen und Denkweisen
ist, ein höheres, unbegreifliches Prinzip - nicht höher
im Sinne einer Hierarchie, sondern über dem menschlichen
Verstand. Auf den Begriff Gott verzichtet er nicht. Niels
neigt dazu, an etwas Abstraktes, das mit dem Universum eins ist
und als Liebe verstanden werden kann, zu glauben. Die Begriffe
Weltseele, Prinzip und Gott gefallen ihm alle nicht, obwohl es
schwer ist, auf den Begriff Gott zu verzichten. Man erreicht
bei diesen Überlegungen ein neues Problem: den Gegensatz
zwischen Mystik und Rationalität. Für den modernen
Menschen ist Mystik eine zwielichtige, ja sogar negative Sache.
Die traditionellen Gottesbilder sind mystische Vorstellungen, da
sie Gott nicht rational begreifen können und wollen. Dem
läuft das Bestreben zuwider, alle Dinge kraft des Verstandes
zu klären. bei der Diskussion über Gott beginnt man
schnell in rationalen Modellen zu denken, Analogien zu entwerfen.
Dem rational denkenden Menschen fällt es schwer, einfach
etwas "nur so" zu glauben. Typisches Beispiel für
eine solche rationale Vorgehensweise ist die Idee Gottes als
Anstoß des Universums, der danach nicht mehr in Erscheinung
tritt. Diese Idee befriedigt das Bedürfnis nach kausalem
Verstehen (z.B. im Zusammenhang mit der Urknalltheorie), entbehrt
aber jeglicher Mystik. Wir glauben, daß Gott, das
göttliche Prinzip, die Weltseele nicht rational zu erklären,
erst recht nicht zu beweisen sind. Nur das Leben selbst
vermittelt das Gefühl ihrer Gegenwart und ihres Wirkens. Es
gibt keinen ausgzeichneten Weg dorthin, außer dem Leben
selbst. So kann man Jesus verstehen, Buddha sagt nichts anderes.
Einen expliziten Weg haben sie nie gewiesen, sondern abgelehnt.
Der Glaube an Gott, das göttliche Prinzip, die Weltseele ist
etwas durch und durch Mystisches. Um das anzuerkennen, muß
man den Begriff Mystik vorurteilslos betrachten.
3 Wofür brauchen die Menschen Gott
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Wir sind dieser Frage aus einer historischen Sichtweise
nachgegangen, natürlich mehr die abendländische Kultur
betreffend. Manches gilt auch für andere Kulturkreise, aber
eine Verallgemeinerung käme wiederum einer geistigen
Kolonisation durch die Europäer gleich. Lassen wir die
Annahme beiseite, der personale Gott offenbare sich den Menschen
von sich aus und trete so in die menschliche Geschichte ein.
Welche Rolle spielte Gott für die Menschen? Zum einen
erklärte er die physische Welt und ihren Ursprung, zum
anderen gab er eine mystische Geborgenheit in einer oft
unverständlichen, feindlichen Umwelt, gegen das Gefühl
des Verlorenseins. Daß sie Gott in antiken Zeiten und im
frühen Mttelalter auf mehrere Götter "verteilte",
tut hier nichts zur Sache. Dabei war dieser Gottglaube, den ja
fast alle Menschen ihrer Zeit teilten, keineswegs Ausdruck
allgmeiner Dummheit bzw. Verdummung durch eine Priesterschicht
(was eher die Folge dieses Glaubens war). Gott war außerdem
Quelle einer "höheren Gerechtigkeit" für
diejenigen, die im irdischen Leben rechtlos waren. Die
tiefgreifende Veränderung dessen setzt mit der Aufklärung
ein. In ihrem Gefolge nehmen Rationalismus und Naturwissenschaf
eine beherrschende Position im Denken der Menschen ein. Ihre
Erklärungen der physischen Welt lösen die alten
religiösen ab, die mit dem Glauben an Gott verbunden sind.
Dessen Demontage wird dann mit der politischen Entmachtung der
Kirchen, die in den letzten tausend Jahren sysnonym mit dem
(christlichen) Glauben waren, vervollständigt. Die
modernen Naturwissenschaften haben ein komplettes Weltbild ohne
Gott, ohne jegliche Mystik errichtet, das
rational-materialistische. Zwei Spielarten seiner sozialen und
wirtschaftlichen Ausprägungen stellen Kapitalismus und
Kommunismus dar. Sie bildeten zwar lange Zeit zwei
unversöhnliche, feindliche Lager, weisen aber in ihrer
materialistischen Ethik viele Gemeinsamkeiten auf. Beim
Kapitalismus wird das leider nicht so deutlich, da er mancherorts
mit christlichem Mäntelchen verkleidet auftritt. Er findet
im natürlichen Egoismus der Menschen einen prächtigen
Nährboden, auf den der Kommunismus glaubte verzichten zu
können. Zieht man diese Entwicklung in Betracht, muß
man konstatieren, daß Gott in den entwickeltsten
Ländern/Gebieten ziemlich tot ist. Die Hinwendung gerade
dort zu Sekten und anderen mystischen Bewegungen, die oft recht
zweifelhaft sind, zeigt jedoch das entstandene Defizit an
mystischer Geborgenheit, die durch die traditionellen
Gottesbilder vermittel werden konnte. Ist das wirklich
bedauernswert oder waren die Menschen in Zeiten "mystischer
Geborgenheit" nicht auch unglücklich und sogar
rechtlos? Ist der jetzige Zustand so schlecht? Die zwei
größten Probleme der Gegenwart, die Überbevölkerung
und die Umweltzerstörung, wurden durch Kapitalismus und
Kommunismus entscheidend ermöglicht. Es besteht nun nach dem
Niedergang des realexistierenden Sozialismus die Schwierigkeit,
die Fehler der kapitalistischen Ethik sichtbar zu machen trotz
ihres Scheinsieges. Eine Aufgabe unter vielen ist also, das
heutige Weltbild so zu verändern, daß der Egoismus des
Einzelnen (aber auch von ganzen Ländern) vom Glauben an
IRGENDETWAS so klein und erträglich wie möglich
gehalten wird. Wenn man den Egoismus nicht aberziehen kann, muß
man ihn versuchen zu kontrollieren - natürlich ohne Zwang.
dies wird ohne eine gewisse Mystik nicht möglich sein,
allein schon deshalb, um den Demagogen unter den Mystikern und
Sekten den Boden zu entziehen. Eine große neue Idee muß
her, der "Dritte Weg" nach Kapitalismus und
Kommunismus. Er muß den Glauben an etwas Großes und
Gutes beinhalten (die Liebe, die Weltseele, Gott, nennt es wie
ihr es wollt), der die vermißte mystische Geborgenheit
schafft. Wir wissen nocht nicht, wie dieser "Dritte Weg"
aussehen wird, aber wir müssen ihn schaffen, bevor die dinge
auf unmenschliche Weise ihren eigenen Weg hervorbringen. Man
kann nicht davon ausgehen, daß alle die Notwendigkeit eines
solchen Dirtten Weges anerkennen, sowohl in den Industrieländern
als auch in der Dritten Welt. Was sagen andere Kulturkreise zu
der Problematik? In einigen gibt es keine vergleichbaren, in
anderen recht absolute Gottesbilder. Wir können zwar sagen,
daß wir in Europa den Dritten Weg ohne Kirchen und
christliche Gottesbild finden wollen, aber nicht davon ausgehen,
daß z.B. ein Moslem ebenso selbstverständlich völlig
neue Wege beschreiten will.
4 Das Ziel des menschlichen Lebens
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Wir haben zwischen Ziel und Sinn des menschlichen Lebens
unterschieden sowie deren "großer" und "kleiner"
Form. Das kleine Ziel des Lebens meint das Ziel eines
menschlichen Einzellebens. Für uns ist es die Harmonie der
Seele mit dem Leben und sich selbst, unsere Interpretation des
etwas altmodischen Wortes Glückseligkeit. Die Wege sind
vielfältig. Wir glauben nur, daß diese Harmonie durch
die Anerkennung des Lebens selbst gefunden werden kann: indem man
das Leben liebt, weil es ein Labyrinth ist und nicht obwohl. Der
kleine Sinn des Lebens ist der Weg eines einzelnen Menschen zum
kleinen Ziel: Wie er sein Leben gestaltet, wofür er lebt und
sich einsetzt; eine individuelle Sache. Über großes
Ziel und großen Sinn des Lebens, also aller Menschen im
Laufe der Geschichte oder sogar des biologischen Lebens an sich,
lassen sich keine sinnvollen Aussagen machen.
5 Die Faszination Gottes am Lebensende
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Die bei vielen beobachtete Rückkehr zu Gott, zur Religion
am Lebensende und in Extremsituationen ist leicht
nachvollziehbar. Vorhergeht oft eine Rückschau auf das
eigene Leben und die Erkenntnis, daß die Sinnsuche nach der
Jugend hinter die Anforderungen des "richtigen Lebens"
zurückgestellt und verdrängt wurde. Und plötzlich
steht die Sinnfrage unvermittelt im Raum. Gott ist dann der große
Tröster und Sinnstifter. Er ist auch für Menschen, die
ihre geliebten Mitmenschen verloren haben, die Hand auf dem Kopf,
die eine Liebe ausdrückt, die ewig ist und an keine
Bedingungen geknüpft ist. Manchmal ist die Rückkehr
aber eine schlichte Kapitulation des menschlichen Verstandes bei
seinem lebenslangen Versuch, die Welt alleine zu verstehen.
Schließlich drückt sich darin der Wunsch nach
sicherheit für die Zeit "nach dem Tod" aus, die
der Verstand nicht geben kann. Die andere Frage ist natürlich,
ob diese Rückkehr zwangsläufig ist und in den Schoß
der Kirchen zurückführt, wie unsere
Großelterngeneration uns wissend entgegenhält, wenn
wir uns jetzt von den Kirchen und dem traditionellen Glauben
abwenden.
6 Bestandsaufnahme
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Zum Schluß haben wir noch einmal gefragt: IST GOTT
TOT? WENN JA, WELCHER? Der christliche Gott ist für
Robert, Ritschi und Niels tot, für Moschess nicht. Für
Robert und Ritschi ist Gott darüberhinaus generell tot. In
der Dritten Welt ist Gott nicht tot; nur in den
industrialisierten Gesellschaften wird er als "soziales
Phänomen" gesehen, ist also auch tot.
7 Kommentare
Ist Gott tot?
(Robert>
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Diese Frage, an sich schon ein Widerspruch, habe ich dennoch
an diesem Wochenende für mich ersteinmal gelöst. Ich
möchte die Beantwortung in zwei Teile aufteilen, einmal für
mich persönlich und zum anderen für unsere
Dienstleistungs- und Überflußgesellschaft.
Die
Unfähigkeit der menschlichen Ratio Unbegreifliches zu
erfassen und zu verstehen, die Angst vor dem Unbekannten läßt
die Menschen sich unterwerfen unter eine(n) die/der alles weiß,
alles lenkt, alles denkt. Die letzte Verantwortung wird nicht
übernommen, das Leben immer nur als Aufgabe gesehen, nur
"Gotteswegen" gelebt, nie seinerselbstwillen
angenommen. Und diese Unterwerfung unter Gott zieht weitere nach
sich, die Unterwerfung unter einen König, die Unterwerfung
unter den Adel, die weiße Rasse als die Überlegenere,
die Menschen als den Tieren, die Tiere als den Pflanzen überlegen
ansehend. Die zweite nicht minder wichtige Funktion, die Gott
übernimmt: Er gibt "seinen Kindern" ein Gefühl
nie allein zu sein, eine wahnsinnige Geborgenheit, eine Liebe,
ohne die es sich nicht leben läßt, hätte man
keine anderen Menschen, die einen liebten. Diese
psychotherapeutische Funktion gibt Kraft, verzeiht und hilft,
läßt die Menschen aber nie erwachsen werden, sie
bleiben Kinder, es ist ja viel einfacher so, die letzten Fragen,
Kämpfe und Zweifel werden in seinen Schoß gelegt.
Für mich ist Gott endlich tot, seine
Unterdrückungsfunktion absolut ablehnend, hoffe ich mein
Leben lang so stark sein zu können, nicht auf die
psychotherapeutische Funktion angewiesen zu sein, obwohl ich
natürlich nicht weiß, ob ich nicht doch irgendwann
wieder Kind sein möchte, um nicht immer fragen, denken,
akzeptieren zu müssen. Dies ablehnend, bin ich mir bewußt,
daß Liebe (siehe Werte-Treffen 1990) zum Leben unbedingt
nötig ist, sie steckt aber in jedem Menschen, wahrscheinlich
in jeder Seele. Man kommuniziert mit den anderen und man lebt
Offenheit, man liebt, gibt auf und bekommt Liebe geschenkt, die
Liebe von den Geschwistern, den Eltern, Kindern und
FreundInnen.Wenn man stirbt bleibt die Seele übrig, die dann
wieder in die Weltseele eingeht. Die Weltseele ist das ALLES und
das NICHTS, sie ist nicht über sondern unter den Menschen,
zwischen ihnen, sozusagen als Medium. Bei der Verschmelzung mit
der WELTSEELE ist sie, die Seele, wieder Alles und Nichts bleibt
übrig, keine Identifikation im Nachhinein mehr möglich. Aus
dem Nichts kommend wissen wir alles, ins Alles gehend wissen wir
nichts. Es gilt noch zwei Fragen zu antworten, wer denn diese
Welt angestoßen hätte und wieso -wenn es doch keinen
Gott gibt- Menschen erzählen, Gott gefühlt, gesehen zu
haben. Ihr Rationalisten, wozu muß erst die Henne und dann
das Ei oder umgekehrt existiert haben, mit Logik ist der Frage
nicht beizukommen, warum muß eine(r) anstoßen, nur
weil wir Menschen uns das nicht anders erklären können.
Es ist so, es gibt keinen Anfang und kein Ende, ihr müßt
es akzeptieren um es zu verstehen. Und Glauben hat doch nichts
mit Gott zu tun, die Kraft der Gedanken, die Energie, die durch
diese freigesetzt werden kann bewirkt Wunder. Nichts anderes als
nicht rational Erklärbares sind diese Wunder, die ihr dann
der/dem zuschreibt, die/der Alles weiß, ist doch wirklich
lächerlich. Ihr werdet nie verstehen, warum ihr lebt, weil
ihr es ja Ihr/Ihm überlasst, eurem Leben einen Sinn zu
geben.
Die Menschheit dümpelt immer vor sich hin,
welche Anmaßung sich gegen einen König aufzulehnen,
welche Anmaßung eine Gesellschaftsordnung in Frage zu
stellen, und erst recht welche Anmaßung Gott auf eine Stufe
mit den Menschen zu stellen, die Begriffe wie Lästerung etc.
haften tief in den kindlichen Gedanken, schon zu Beginn des
Lebens mit einem Tabu belegt, darüber wird nicht gesprochen,
nicht nachgedacht. Der "lieb Gott" mit seinem langen
weißen Bart hat nur zwischen ca.3-13 Jahren und ab ca.65
Jahren eine Konjunktur. Das erste Mal diese Geborgenheitsfunktion
übernehmend, beim zweiten Mal auch noch die
Sinngebungsfunktion erfüllend. Die im "Leben
stehende" Gesellschaft glaubt nicht, durch den Fortschritt
der Naturwissenschaften ist Gott montiert worden. Diese
Gesellschaft sucht ihren Halt im Materialismus. Auf der Suche
nach der Glückseligkeit glaubt sie den so einfachen Thesen
unseres kapitalistischen Systems, Glück durch Konsum,
Wohlstand und Reichtum zu erlangen. Mag sein, daß sie
glücklich werden, glückselig jedoch nicht. Der Makel
des Materialismus liegt darin, daß er nur auf diese "kleine
Sinnfrage" (glücklich werden) eine Antwort geben kann.
Die psychotherapeutische Funktion erfüllt er jedoch nicht,
vielmehr treibt er die Menschen zu einem immer größeren
Egoismus an. Die Kinder werden in Krippen, die Alten ins
Altersheim verfrachtet, damit möchte man sich doch nicht
plagen, unbeschwerter Konsum bedeutet Erfüllung, dagegen
sind Hilfe, Nächstenliebe und Liebe selbst hinderlich auf
dem "Weg nach Oben" auf dem Weg zum "materialistischen
Superglück". Dennoch auch im Materialismus ist Liebe
unverzichtbar, sie sich kaufen zu wollen, scheitert immer. Also
erlebt die Mystik einen Aufschwung, sie schließen sich in
Sekten zusammen, um Gott zu erfühlen, zu erfahren oder sie
verwahrlosen seelisch, sie zerstören, begehen Selbstmord.
Hoffnungslosigkeit, Haltlosigkeit, Drogen, Alkoholismus sind nur
einige der Symptome, die Psychiater haben
Hochkonjunktur... Soweit eine kleine Bestandsaufnahme unser
Überflußgesellschaft. Solveigh, Filmregisseurin aus
Ost-berlin, wünscht sich ihre Diktatur zurück, da hielt
man wenigstens noch zusammen, konnte sich auf die anderen
verlassen, die Angst und der Kampf gegen die "Unterdrücker"
ließ einen Geborgenheit erfühlen. Heute, meint sie
aufgebend, wären alle sich selbst der Nächste. Klar,
es soll nicht Sinn unserer Gesellschaft sein, eine
menschenverachtende Diktatur zu schaffen, damit die Menschen zu
Menschen werden. Aber unserem kapitalistischen System hat auch
die Stunde geschlagen, die Forderung nach einem "dritten
Weg" wird laut, es braucht eine Philosophie, die Liebe und
Freiheit, ja das Leben selbst zum Ziel hat und nicht Wohlstand
und Reichtum. Die Geborgenheitsfunktion Gottes muß durch
diesen "dritten Weg" wieder den Menschen gebracht
werden. Die Sinnfrage wird das Rätsel des Lebens bleiben, ja
der Sinn selbst, warum wir überhaupt leben wollen, immer
unterwegs im Labyrinth auf der Suche nach des Rätselslösung.
Wir müssen immer wieder das Leben mit seinen Sackgassen
akzeptieren, mit seiner Logik, die nicht rational erfassbar ist.
Gott ist tot, laßt uns den "Dritten Weg"
kreieren, bauen, denken...
Laon den 27.10.1991
Ob es Gott gibt, spielt keine Rolle!
(Niels)
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Die erste Reaktion meines Vaters, als ich ihm nach dem Treffen
sagte: "Gott ist tot, wir haben ihn beerdigt!", war
ablehnend. Das sei nicht kreativ, noch sei es neu und im übrigen
nicht diskutierfähig. Entweder man glaube an Gott oder
nicht, alles weitere sei überflüssig. Das stimmt für
die persönliche Betrachtung ohne weiteres. Einmal mehr
glaube ich, daß die Frage nach Gott sinnlos und irrelevant
ist. Man wird nichts Definitives verkünden können. Der
Glaube bedarf sowieso keiner Rechtfertigung. Aber darum ging es
mir bei diesem Treffen nicht in erster Linie. Interessant und
wichtig ist, daß viele Menschen in den
Industriegesellschaften nichts mehr mit Gott anfangen können.
Nicht nur, daß sie die meistens christliche Ethik
aufgegeben haben, sie haben diese durch nichts Neues ersetzt. Man
könnte hier auf unser Thema: IST GOTT TOT? WENN JA, WELCHER?
antworten: GOTT IST TOT! UND ZWAR JEDER! Damit sind wir bei
unserer Wertediskussion des ersten Treffens angelangt. Denn
wodurch werden uns Werte gegeben? Abgesehen von der Erziehung, wo
ist ihr wirklicher Ursprung? Im Glauben an Gott, ein göttliches
Prinzip, die Weltseele... aber nicht im Verstand. Der Verstand
kann Werte prüfen und beurteilen, aber nicht schaffen. Das
Schlagwort vom Werteverfall ist nicht dumm, nur verwenden es
leider immer die falschen Leute (sprich die Ewiggestrigen bis
Konservativen) mit falschen Absichten. Es ist schon gut, wenn
idiotische alte Werte verschwinden, aber es ist traurig, daß
sie nicht durch neue, bessere ersetzt werden.
Was wir
brauchen, sind Werte, die seelische Wärme verbreiten, eine
freundliche, gelassene Lebenseinstellung trotz aller Widrigkeiten
hervorbringen. Dabei ist soziale Solidarität absolut
unerläßlich. Ich bin nicht so blauäugig
anzunehmen, dieser Zustand sei für lange Zeit haltbar, falls
man ihn einmal erreicht haben sollte. Ein solches Bewußtsein
der Solidarität taucht nur in Notlagen auf und verschwindet
dann schnell wieder, wenn die Notlage behoben ist. Den
Westeuropäern fehlt noch die Wahrnehmung für die
Verstrickung in die Notsituation der Dritten Welt. Man muß
ihnen die Augen dafür öffnen, daß das Leid der
anderen ihr eigenes künftiges ist, wenn sie sich nicht
ändern. Die deutsche Wiedervereinigung als Labortest für
Solidarität und Verantwortungsgefühl gibt allerdings
ein trauriges Bild ab. Wenn das Bewußtsein nur für die
nächsten 15 Jahre in Europa geändert würde, wäre
das vielleicht schon der Durchbruch. Der Dritte Weg ist kein
Beglückungsinstrument der Europäer für die Dritte
Welt. Er ist nur Forderung der Einsicht, daß das vereinte
Europa (wenn es mal so weit ist) sich nicht als Festung
abschotten darf, daß alle Kulturkreise gemeinsam die
kommenden Aufgaben bewältigen müssen und die bisherigen
Methoden und Einstellungen dazu ungeeignet sind. Die Dritte Welt
muß den Dritten Weg mitgestalten und sich in ihm
repräsentiert fühlen. Die Veränderung des rein
rationalen modernen Weltbildes muß besonders in Europa
stattfinden, weil es dort am eingefahrensten ist. Um bei der
Suche nach dem Dritten Weg auf einen gemeinsamen Nenner mit
anderen Kulturkreisen zu kommen, ist es nötig, den
"ökumenischen Kern" der jeweiligen Religionen und
Philosophien herauszuarbeiten. Dabei spielt es keine Rolle, ob
Gott hier lebt und dort tot ist. Die Nächstenliebe, die
Toleranz, das Gute sind Bestandteile aller Glaubensrichtungen,
auch solcher ohne ein Gottesbild (z.B. Buddhismus). Dieser
"ökumenische Kern", diese Gemeinsamkeiten müssen
betont werden. Daraus können Werte geschaffen werden. Wir
müssen den anderen zeigen, daß sie eigentlich auch an
dasselbe glauben, woran wir glauben, ohne das ganze Drumherum.
Bloß keine neue Ideologie einführen und alle
missionieren, das gibt nur böses Blut. Nein, der Dritte Weg
hat seine Saat in sämtlichen Kulturen und nicht nur in
einigen Köpfen, ob mit oder ohne Gott.
Moschess' Comment
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Wie schon dem Protokoll zu entnehmen ist, verzichte ich als
einziger des Treffens nicht auf den Begriff des christlichen
Gottes. Hiermit meine ich aber kein traditionelles Gottesbild
(eines personalen Gottes), was einem die Kirche jahrhundertelang
zu vermitteln versuchte und teilweise auch noch heute versucht.
Gott ist für mich ein höheres Prinzip, unbegreifbar für
den menschlichen Verstand. Ob Gott (außer durch Jesus) in
das Weltgeschehen eingreift, unser Leben verändert oder sich
durch Wunder offenbart, bezweifle ich. Jesus sehe ich als
Gottes "Sohn" an. Es spielt für meinen Glauben
eine untergeordnete Rolle, ob Christus Wunder wirkte. Man kann
sich das Wunder der Blindenheilung auch als Bild erklären:
Der Blinde, Uneinsichtige erkannte und verstand (sah), was Jesus
sagen wollte. Entscheidend für meinen Glauben an Jesus ist
seine Lehre. Nun zum "Dritten Weg": Dieser dritte
Weg soll ein Versuch sein, ein friedliches Zusammenleben der
Menschen verschiedener Kulturen zu ermöglichen, außerdem,
die existentiellen Probleme der Überbevölkerung und
Umweltzerstörung zu lösen. Dieser dritte Weg ist auch
nichts völlig Neues, er muß auf schon Bestehendem
aufbauen. Einige Ansätze gibt es schon (z.B. 1989 ein
Symposium bei der UNESCO zu dem Thema "Kein Weltfriede ohne
Religionsfrieden"). Es wird darauf ankommen, diese
Bemühungen zu koordinieren, den Leuten näherzubringen
und die Ideen in die Tat umzusetzen. Dieser dritte Weg muß
einen ökumenischen Grundethos beinhalten, den Gläubige
aller drei Religionsrichtungen (nahöstlich, indisch,
fernöstlich) und Nichtgläubige als fundamentale Ethik
akzeptieren können. Dabei darf keine Einheitsideologie
herauskommen, es sollen "lediglich" einige verbindliche
und verbindende Normen und Werte sein. Erarbeitet werden muß
diese Grundlage nur von Vertretern verschiedener Kulturkreise und
Religionen. Alle müssen dabei begreifen, daß sie
voneinander lernen, also selbst einen Nutzen daraus ziehen
können.
Ritschis Kommentar
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I. Gott vor der Entstehung der Erde, der Welt, des Lebens
In
der heutigen Zeit, mit unserem Stand der Wissenschaften, fällt
es nicht besonders leicht einem Gott den Ursprung der Welt oder
des Universums in die Schuhe zu schieben. Je weiter auf diesem
Gebiet geforscht wird, je weiter Naturgesetze, Hypothesen etc.
plausible Erklärungen abgeben, desto weiter wird ein Gott
zurückgedrängt. So finde ich es am einfachsten und
geeignet hier die Wissenschaften forschen zu lassen. Und nicht
das jetzt noch nicht Geklärte oder nicht Erklärbare als
Gott zu bezeichnen.
II. Wofür steht/stand Gott im
Leben?
Man stelle sich Gott vor als die Person, die da
ist, wenn keiner mehr da ist. Hier gibt es die Möglichkeit,
die Liebe zu finden, die man so schwer nur zwischen Menschen
finden kann. In ihm findet man den Ausgleich zu allen
Ungerechtigkeiten in der Gesellschaft und im Leben. Hier gibt es
eine Kraft, die selbst dann noch verzeiht, wenn kein Mensch mehr
an Verzeihung denkt, ja man selbst nicht mehr sich selbst
verzeihen kann. Gott ist die Hoffnung; der, der die Menschen
immer wieder mit neuer Kraft versorgt und sie am Leben hält. -
Diesen Gott will ich nun verneinen! Wo immer ich in meinem
Leben auf Gott, das höhere Wesen zurückgriff, muß
ich jetzt auf mich selber setzen. Fast ausgeschlossen ist es auf
andere Menschen zu setzen, zumindest im Moment. (Das "fast"
soll die Unfähigkeit zur Liebe unter den Menschen
verdeutlichen). Ich muß also alle Kraft "Lebenskraft"
aus mir selbst schöpfen. Vielleicht anstelle von Beten zu
einem höheren Wesen das Meditieren setzen, um zu mir selbst
und meiner Kraft zu finden. Aber wie ist es mit der Liebe, die
doch absolut und vollständig nur in oder durch
übermenschliche Wesen vorstellbar ist? Ich glaube, es ist
wirklich schwer, hier an die Stell des Phantasiewesens, des in
jeder Vorstellung anders geformten Gottes und seiner Liebe, die
Menschen und ihre Liebe zu setzen. Liebe verwirklichen zwischen
Menschen bedeutet einen ewigen Kampf auch mit und gegen sich
selbst zu führen. Das heißt auch den eigenen Egoismus
zu bekämpfen und in gewissem Rahmen eine Selbstaufgabe
durchzuführen. Sich selbst aufgeben, um sich in einen
anderen hineinversetzen zu können und sich und den anderen
schließlich besser zu begreifen. So eine Liebe ist für
mich aber nur zu ein paar wenigen Menschen möglich. Das
schließt aber nicht aus, daß ich trotzdem auch meine
zwischenmenschlichen Beziehungen durch Offenheit verstärke.
Es bleibt der Vorzug, daß ich hier wirkliche Liebe finden
kann und auf irgendwelche Phantasieliebe zurückgreifen muß.
Schließlich bleibt noch der Punkt der Verantwortung zu
erwähnen. Verantwortung ist etwas Schwieriges, was ich als
Mensch gerne von mir weise. Insbesondere wenn ich für Sachen
die Verantwortung übernehmen soll, vor denen ich (weil es
leichter war) die Augen zugemacht habe. Also Gott, der für
mich die Verantwortung übernahm, wegnehmen, heißt
selbst diese Verantwortung zu übernehmen. An dieser Stelle
spielt die kapitalistische Gesellschaft nicht mit (wenn ich
wirklich verantwortungsbewußt handeln würde). Ich kann
im Moment nur mitspielen, oder nicht mitspielen, also zuschauen.
Ich glaube, gerade hier kommt es ganz besonders auf einen dritten
Weg an, auf einen neuen Lebenssinn, ein neues Ziel.
III.
Wofür steht/stand Gott nach dem Leben?
Leider sind
die meisten menschlichen Gehirne unfähig sich ein Nichts
vorzustellen. Aber ein Nichts braucht es nicht zu geben, wenn es
Gott gibt. Gott also als Retter vor dem Nichts. Soweit die
Vorstellung vom Tod. Nun gibt es aber eine menschliche Phase
kurz vor dem Tod. Ich nenne sie die
"Das-kann-doch-nicht-alles-gewesen-sein"-Phase. Die
Hoffnung auf all das, was ich im Leben nicht erreicht habe oder
nicht erreichen konnte. Hier spielen materielle sowie
immaterielle Träume eine Rolle, das auf Erden Mögliche
sowie das Erden Unmögliche. Jedenfalls spiegelt sich hier
ganz deutlich die menschliche Unzufriedenheit mit dem verlebten
Leben und der Wunsch, nochmal die Chance zum Leben zu haben.
Natürlich in einer viel, viel besseren Welt, der
Traumwelt. Wenn ich an dieser Stelle etwas weiter weg von der
westlichen Welt blicke, dann bedeutet Gott nach dem Leben
hauptsächlich auch die Erlösung von den Lebensqualen
und die Hinführung zu einem besseren, neuen, schöneren
Leben. - Streiche ich Gott, was bleibt? Hier fällt mir
als erstes ein, die Auseinandersetzung mit meinem Leben im Leben.
Ich muß jetzt sofort die Verantwortung meines Lebens
übernehmen und darf nicht darauf warten, daß mir der
Weg von Gott gezeigt wird. Ich darf nicht mit der Hoffnung im
Gepäck mein ganzes Leben lang einen Weg gehen und auf einen
anderen warten. Sicherlich muß ich mich während der
Auseinandersetzung mit dem Leben auch mit dem Tod
auseinandersetzen. Allerdings bedeutet Tod NIX. Ich kann mir das
Nichts nicht vorstellen. Wie soll es aussehen? Das Zurück
zu einer Weltseele, wie Robert es nennt, also einfach wieder
Weltseele werden. Nun, die Weltseele ist Alles oder Nichts. Ich
nenne es lieber die Energie meines Ichs. Diese wird, werde ich
sterben, erneut freigesetzt und verwandelt sich in das, was sie
vorher war, nämlich Liebe. Mit dieser Hypothese erkläre
ich zwei für mich unvorstellbare Begebenheiten. Das eine ist
das Gesetz, daß sich Energie nicht in Nichts auflöst
kann. Sterbe ich, und es gibt neben meiner körperlichen
Energie noch eine außerkörperliche Energie (mein Ich),
dann muß die letztere irgendwohin verschwinden. Das andere
Unvorstellbare ist die Liebe zwischen Menschen, die mir mehr
Kraft gibt, ganz plötzlich und mich auf unerklärliche
Weise stärker macht. Warum sollte das nicht zusammenhängen?
Als letzter Punkt sei noch erwähnt, daß ich das Leben
lieben lernen muß, selbst wenn es mich Täler wirft und
traurig macht. Dazu fällt mir nur der folgende, schöne
Satz ein: Denn nur wenn ich weiß, was traurig sein ist,
kann ich auch verstehen, was glücklich sein heißt.
IV.
Ich möchte einmal das "Ohne Gott" in einer Version
zuende denken
Leben findet auf Erden statt! Folgt daraus
nicht, daß ich alles daran setzen muß, mich selbst zu
verwirklichen? Selbstverwirklichung würde dann aber auch
bedeuten, gegen sämtliche Regeln der Gesellschaft, die mir
nicht passen, anzugehen. Ich muß dann machen können,
was ich will. Das würde zu einer Anarchie führen, den
wer will es schon verbieten, kommt es doch ausschließlich
auf mich an und mein Leben! So habe ich auch schon eine
Rechtfertigung geliefert. Paßt diese Version nicht herrlich
zu unserem Egoismus? Stimmt sie nicht herrlich mit dem Satz
überein: Ich will alles und zwar sofort und hier auf Erden!
Nun dieses Ende gefällt mir schlecht. So geht dann
die Suche los, die Suche nach einem neuen Weg. Diese Suche nach
dem dritten Weg ist die Erfindung eines neuen Lebenssinns, um
nicht alles zu zerstören. (Zerstören erst einmal durch
die beschriebene Situation, dann aber auch durch ein
unbeschwertes Weiterleben in unserem Kapitalismus, der
kapitalistischen Gesellschaft. Frei nache dem Grundsatz: "Macht
Euch die Erde untertan".) Also, was wir brauchen ist eine
neue Moral. Wie kann sie entstehen? Durch Erziehung; für
mich ist es z.B. nicht vorstellbar, trotz der Erkenntnis - Leben
findet auf Erden statt - ohne Rücksicht auf Verluste zu
leben. Durch den Egoismus, das Überleben-wollen, das
heißt der Egoismus muß sich durch selbst
begrenzen. Und, um wunderschön rund abzuschließen,
durch Liebe, die vielleicht gerade ohne Gott unerklärlich
bleibt.
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