archiv mailingliste km 21.0

10. Oktober - 30. November 2001
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Betreff: [km 21.0:] Re: ad Gewaltlosigkeit
Von: Matthias Urbach <urbach@taz.de>
An: km21@c-base.org

Lieber Martin,

was soll Deine Mail? Du forderst Niveau statt "selbstgefälliger Positionen",
Schluss mit dem "intellektuellen Herumgewichse".
Machst uns neugierig auf den neuen uns allen die Augen öffnenden Beitrag

... und dann folgt NICHTS?

Ein Niveauwächter hat uns gerade noch gefehlt.

Wenn Du etwas zu sagen hast, dann sage es!
Wenn nicht, dann schweige - und erhebe Dich nicht über die Gemeinde der
Diskutierenden.

Matthias


"Martin J. m." schrieb:

> Liebe Leute!
>
> Das Thema verschwimmt, ich sehe in der letzten Zeit immer mehr
> "relativistische" Beitraege im Forum, von allen (beiden) Seiten den
> Versuch von Rechtfertigung (welcher Thematik auch immer). Deswegen
> jetzt mein vehementer Einstieg.
>
> M. E. erschoepft sich die hier (km21) gefuehrte Diskussion (incl.
> aller kritischen und Gegen-Beitraege) in dem Versuch, die eigene
> selbstgefaellige Position darzustellen. (!) Natuerlich ist es EIN
> erster Schritt, seine Meinung diskursiv zu verorten. Natuerlich ist es
> NOETIG eine Diskussionsgrundlage zu gewinnen. All diese Versuche sollten
> aber nicht dazu fuehren, 1) das Grundsaetzliche im "Kleinkram" zu
> vergessen und, b) den "Kleinkram" zum Grundsaetzlichen zu erheben.
>
> Ist es denn (gerade jetzt) nicht notwendig, erst einmal seine eigene
> Position ERNSTHAFT zu reflektieren, und sich selbst einmal zu fragen, ob
> diese eigene Position haltbar (oder ueberhaupt noetig) ist: ist meine
> eigene Lebensweise doch nicht eine, die mich ueberhaupt nur aus der
> "priviligierten" Position heraus argumentieren laesst. Welchen
> parasitaeren Nutzen habe ich aus "Afghanistan Bombing"? Usw. Eine
> grundsaetzliche Diskussion verliert hier ihre Berechtigung dann, wenn
> ihr Ergebniss (bestenfalls) eine gelungene Interpretation des Ist
> bleibt (was uebrigens so gut wie bei allen km21-Beitraege der Fall ist,
> ohne boese zu werden).
>
> Gehen diese Diskussionen ueberhaupt ans "Eingemachte", in dem Sinne,
> dass die Einsicht in die diskursiven Ergebnisse ueberhaupt eine
> Veraenderung im eigenen Handeln bewirkt/bewirken kann... Oder -
> entschuldigt meine Ausdrucksweise - bleib es beim intellektuellen
> Herumgewichse? Oder nicht (wieder leider nicht)?
>

--
-----------------------

Matthias Urbach
die tageszeitung
parlamentskorrespondent
schiffbauerdamm 40, Zi 1405, 10117 berlin, germany,
email urbach@taz.de,
telefon (+49 30) 226 20 - 523, fax -525



Betreff: [km 21.0:] ad Gewaltlosigkeit
Von: m.
An: km21@c-base.org <km21@c-base.org>

Liebe Leute!

Das Thema verschwimmt, ich sehe in der letzten Zeit immer mehr
"relativistische" Beitraege im Forum, von allen (beiden) Seiten den
Versuch von Rechtfertigung (welcher Thematik auch immer). Deswegen
jetzt mein vehementer Einstieg.

M. E. erschoepft sich die hier (km21) gefuehrte Diskussion (incl.
aller kritischen und Gegen-Beitraege) in dem Versuch, die eigene
selbstgefaellige Position darzustellen. (!) Natuerlich ist es EIN
erster Schritt, seine Meinung diskursiv zu verorten. Natuerlich ist es
NOETIG eine Diskussionsgrundlage zu gewinnen. All diese Versuche sollten
aber nicht dazu fuehren, 1) das Grundsaetzliche im "Kleinkram" zu
vergessen und, b) den "Kleinkram" zum Grundsaetzlichen zu erheben.

Ist es denn (gerade jetzt) nicht notwendig, erst einmal seine eigene
Position ERNSTHAFT zu reflektieren, und sich selbst einmal zu fragen, ob
diese eigene Position haltbar (oder ueberhaupt noetig) ist: ist meine
eigene Lebensweise doch nicht eine, die mich ueberhaupt nur aus der
"priviligierten" Position heraus argumentieren laesst. Welchen
parasitaeren Nutzen habe ich aus "Afghanistan Bombing"? Usw. Eine
grundsaetzliche Diskussion verliert hier ihre Berechtigung dann, wenn
ihr Ergebniss (bestenfalls) eine gelungene Interpretation des Ist
bleibt (was uebrigens so gut wie bei allen km21-Beitraege der Fall ist,
ohne boese zu werden).

Gehen diese Diskussionen ueberhaupt ans "Eingemachte", in dem Sinne,
dass die Einsicht in die diskursiven Ergebnisse ueberhaupt eine
Veraenderung im eigenen Handeln bewirkt/bewirken kann... Oder -
entschuldigt meine Ausdrucksweise - bleib es beim intellektuellen
Herumgewichse? Oder nicht (wieder leider nicht)?


Betreff: [km 21.0:] The Revolutionary Association of the Women of Afghanistan (RAWA)
Von: Hanssen, Peter <hanssen@bgs.ac.uk>
An: Km21 <km21@c-base.org>

Euer Link-Lieferant: http://www.rawa.org/

interessant...

PETE


Betreff: [km 21.0:] InValid Opening Saturday / Berlin
Von: Mike Riemel <info@border2000.org>
An: rohrpost@mikrolisten.de

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| InValid |
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stamps, shadows and miniatures
temp space | gallery | artshop

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|invalidenstrasse 1 | ecke brunnenstrasse|
|berlin mitte | open saturday and tuesday|
||||||||||||||15.00 - 22.00|||||||||||||||
|||||and on demand call 0172 900 8852|||||
||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||

>accompanying the german mark into its invalidity
open: for artists, shoppers, performers, filmers,
neighborhood, aliens, borderliners, mittis, etc..
_________________________________________________

-------> get a state of content passport <-------
-------> get your money stamped invalid <--------
-----------> drink tea and absynthe <------------
----> check the art, videos and other stuff <----
_________________________________________________

visuals by:
jan m. petersen | borderTV | thomas goldstrasz
flyer soziotope | juliane hundertmark | storno
_________________________________________________

>k. falkow | d. toellner | j. boerger | m. riemel
...bring your old tapes, stamps, currencies!


Betreff: [km 21.0:] Abgeworfene Hilfsmittel: Afghanen tödlich getroffen
(n-tv)
Von: J. LANGER <joachim.langer@gmx.net>
An: km21@c-base.org

Donnerstag, 29. November 2001
Abgeworfene Hilfsmittel
Afghanen tödlich getroffen

Tragisches Unglück in Afghanistan: Eine afghanische Frau und ein Kind sind nach Angaben des US-Verteidigungsministerims durch eine abgeworfene Ladung Hilfsmittel getötet worden. Die Container-Ladung sei bereits am Dienstag von einem US-Militärflugzeug an einem Fallschirm abgeworfen worden. Die Ladung habe ein Haus getroffen und Weizen, Decken und Ausrüstung für den Winter enthalten.
 
Die USA bedauerten unnötige Verluste von Leben zutiefst, hieß es in einer Erklärung der zentralen Kommandostelle des US-Militärs im US-Bundesstaat Florida. Die Auswahl der Abwurfstellen werde sehr sorgfältig ausgewählt. Wie es zu dem Unglück kommen konnte, soll nun untersucht werden.
 
Die US-Streitkräfte werfen seit Beginn des Krieges am 7. Oktober Lebensmittelrationen und Hilfsmittel über Afganistan ab.

Adresse:
http://www.n-tv.de/2840928.html
 
 
 
 
 

_____________________________________________________________________
 
 Jochen Langer | AIM Technical Support  | phone:   +49 381 6606130
 joachim.langer@gmx.net <mailto:joachim.langer@gmx.net>                 | gsm:     +49 179 4615613
 http://www.aimpress.org <http://www.aimpress.org>                | fax:     +49 179 334615613
 Lange Str 16  | D - 18055 Rostock      | austria: +43 4238 8705
_____________________________________________________________________

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Betreff: [km 21.0:] How To Build An Atom Bomb
Von: Hanssen, Peter <hanssen@bgs.ac.uk>
An: Km21 <km21@c-base.org>

Ich glaub, das dies der Artikel war, den ein
Reporter in Kabul gefunden hatte:
http://winn.com/bs/atombomb.html

sehr gefaehrlich!

PETE

P.S.: Achja, da wir grad schon grinsen, hier'n attachment.

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Betreff: Re: Antw: [km 21.0:] paradise...
Von: x x
An: km21@c-base.org

Gott sei Dank gibt es hier abundzu mails von Matthias Urbach.
-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: Matthias Urbach <urbach@taz.de>
An: <km21@c-base.org>
Gesendet: Dienstag, 27. November 2001 11:27
Betreff: Re: Antw: [km 21.0:] paradise...


"Hanssen, Peter" schrieb:

> > >Und eine Religion, die Menschen den Himmel und viele Frauen
> > verspricht,
> > >wenn sie sich in den heiligen Krieg stürzen, ist mir schon etwas
> > >suspekt. Ich halte so eine Ansicht einfach nicht für
> > sonderlich sozial
> > >verträglich. Leider ist sie aber im Islam auch jenseits des
> > Islamismus
> > >weit verbreitet.
> >
> > ich frage mich langsam, in welcher sure das eigentlich steht.
> > weiß das einer?
>
> http://www.flex.com/~jai/satyamevajayate/heaven.html

Wow, der link hat es in sich. Vielleicht ändere ich meine Meinung doch noch
... (-;
Matthias


Betreff: [km 21.0:] guideroni und physik
Von: Matthias Urbach <urbach@taz.de>
An: km21@c-base.org

> Ich schrieb: >Zudem kann ich ein paar der komischen islamisch-physikalischen Schlüsse

> >in Niels Text überhaupt nicht nachvollziehen:
> >
> >1. Wenn Guideroni glaubt, das Gott nicht aufhört, die Welt immer weiter
> >(und neu) zu erschaffen, kann er sich die ganze Physik sparen. Denn
> >morgen schon könnten ganz andere Naturgesetze gelten. In einer sich
> >apriori immer weiter in ihren Grundzügen verändernden Welt kannst Du Dir
> >die Wissenschaft gleich komplett schenken.
>
> Niels antwortete: das ist deine interpretation von physik. wenn man sich die diskussion um die bedeutung der quantenmechanik anschaut, sieht man, dass das physikalische gebäude nicht interpretationsfrei ist. guiderdoni fügt dem wohl eine weitere interpretation hinzu. völlig legitim.
>
> >Zum Glück widerspricht diese Annahme aller Erfahrung.
>
> alter empirist. wenn das so einfach wäre, sich auf die erfahrung zu verlassen...

Natürlich ist die Frage, ob sich morgen die Naturgesetze ändern könnten auch Gegenstand der Wissenschaftstheorie. Die Experten kommen für gewöhnlich zu dem Schluss, dass sich diese Frage a) nicht endgültig klären lässt und b) alles darauf hindeutet, dass in den vergangenen 4 oder 5 Milliarden Jahren (wie alt war unser Sonnensystem noch
gleich?) stets dieselben Gesetze galten. Deshalb gibt es wenig Grund an ihrem Fortbestand zu zweifeln. Letztlich ist das eine Frage der erkenntnistheoretischen Ökonomie.

"alter empirist" ist nett gesagt. Aber leider lässt sich auf der Suche nach Erkenntnis auf die Empirie nicht verzichten. Sie ist immer noch die Grundlage des Forschens. Das ist - nebenbei gesagt - DER zentrale Gedanke der Aufklärung.

> >2. Bei der Weltformel geht es nicht darum "die Existenz Gottes beweisen
> >zu können", wie der Mann behauptet. Es geht bloß um eine geschlossenere
> >(und ästhetischere) Formulierung der Physik, die neue Erkenntnisse zu
> >Tage fördern könnte.
>
> nicht um eine geschlossenere, sondern um eine abschließende. jedenfalls für einige physiker.

Wir sind uns wohl einig, dass das Hybris ist. Ein feuchter Traum alter Männer.

> >3. Es ist richtig, dass das Universum ganz anders aussähe, dass es
> >vielleicht weder Planeten noch Sterne gäbe, wenn die Naturkonstanten
> >andere Werte hätten. Nur was gibt es da hineinzugeheimnissen? Wenn es
> >anders wäre, gäbe es uns nicht. Wir können uns diese Frage nur stellen,
> >weil es uns gibt. Oder anders ausgedrückt: Es muss so sein, sonst könnte
> >niemand darüber nachdenken. Einen weiteren Grund braucht es
> >nicht.
>
> nein, braucht es nicht. das ist das anthropische prinzip,

danke für das Wort: Kam ich gestern nicht drauf.

> dass du anführst. scheint mir auch plausibel. ich glaube sogar, dass wir deswegen am ende nur die struktur - und die unzulänglichkeit unseres geistes entdecken und abbilden können.

Da bin ich wieder ein Verfechter des evolutionären Prinzips. Weil es uns gibt, weil wir die Erde beherrschen (als Art), spricht vieles dafür, dass wir ein recht zutreffendes Bild der Wirklichkeit haben. Jedenfalls zutreffender als unsere Konkurrenten ... (-;

>
>
> 1. wie gehen nicht-moslems künftig mit dem islam um?
> 2. was können wir legitimerweise von moslems fordern - im alltag in deutschland und in den islamischen ländern?
> 3. müssen alle mörderischen regime unter islamischer flagge gewaltsam gestürzt werden? wenn nein, bis zu welchem grade toleriert man sie?
>
> meine ersten antworten:
> 1. der islam ist mir egal. ich lebe in einem säkularen staat, und was mich interessiert, sind nur taten. sonst nichts. wenn einer seine frau verprügelt, kann man ihn anzeigen. so wie man das bei jedem anderen schläger tun könnte.
> 2. das grundgesetz einzuhalten. sonst nichts.
> 3. a) wenn das gegenwärtige afghanistan-programm konsequent sein soll, müssten sie alle gestürzt werden. ich bin zum beispiel sehr dafür, dass das saudische königshaus durch eine parlamentarische demokratie ersetzt wird. wie ich gehört habe, spielen die amis durchaus mit dem gedanken eines putsches in riad.
> b) in meiner ablehnung des afghanistan-programms bin ich dagegen, diese umstürze mit gewalt durchzuführen. das beste ist eine massive finanzielle unterstützung oppositioneller demokratischer gruppen und ein verzicht auf z.b. saudisches öl (würde ganz nebenbei der umwelt nutzen, wenn wir deswegen auf erneuerbare energien umsteigen müssen).
>
> niels
>


Betreff: Re: Antw: [km 21.0:] paradise...
Von: Matthias Urbach <urbach@taz.de>
An: km21@c-base.org

"Hanssen, Peter" schrieb:

> > >Und eine Religion, die Menschen den Himmel und viele Frauen
> > verspricht,
> > >wenn sie sich in den heiligen Krieg stürzen, ist mir schon etwas
> > >suspekt. Ich halte so eine Ansicht einfach nicht für
> > sonderlich sozial
> > >verträglich. Leider ist sie aber im Islam auch jenseits des
> > Islamismus
> > >weit verbreitet.
> >
> > ich frage mich langsam, in welcher sure das eigentlich steht.
> > weiß das einer?
>
> http://www.flex.com/~jai/satyamevajayate/heaven.html

Wow, der link hat es in sich. Vielleicht ändere ich meine Meinung doch noch
... (-;
Matthias


Betreff: Re: [km 21.0:] islam, sufismus undsoweiter
Von: J. LANGER <joachim.langer@gmx.net>
An: km21@c-base.org

kurze anmerkung zum opium:

> >Religion ist Opium fürs Volk.

ich weiss nicht, wie das wort "opium" im 19. jahrhundert belegt war.
die sprachforschen unter euch mögen es widerlegen, aber ich glaube
mich zu erinnern, dass der satz zu marx' zeiten belegt war im
folgenden sinn:

>>religion ist trost fürs volk.

was ja auch stimmt.


gute nacht,
jochen


Betreff: RE: Antw: [km 21.0:] paradise...
Von: Hanssen, Peter <hanssen@bgs.ac.uk>
An: 'km21@c-base.org' <km21@c-base.org>

> >Und eine Religion, die Menschen den Himmel und viele Frauen
> verspricht,
> >wenn sie sich in den heiligen Krieg stürzen, ist mir schon etwas
> >suspekt. Ich halte so eine Ansicht einfach nicht für
> sonderlich sozial
> >verträglich. Leider ist sie aber im Islam auch jenseits des
> Islamismus
> >weit verbreitet.
>
> ich frage mich langsam, in welcher sure das eigentlich steht.
> weiß das einer?

http://www.flex.com/~jai/satyamevajayate/heaven.html


Betreff: Antw: [km 21.0:] islam, sufismus undsoweiter
Von: Niels Boeing <niels.boeing@woche.de>
An: km21@c-base.org


>Ich finde es übrigens interessant, dass Ihr Euch die Finger wundtippt
>über die Frage, ober der Islam nun gut oder böse ist. Dagegen scheint es
>komplett ausgemacht, dass alle Christdemokraten oder Christsozialen
>(Merz, Stoiber, usw.) gemeine Schweine sind. Keine Beleidigung scheint
>schlimmer, als auf einer Linie mit Stoibers & Co zu sein.
>
>Was ist eigentlich am Islam so toll? Was ist überhaupt an Religionen so
>toll?

keine ahnung. niemand auf dieser liste hat den islam als "toll" gelobt. habe ich etwas übersehen?

eigentlich geht es uns allen nur darum, sich überhaupt mal mit dieser religion auseinanderzusetzen. die mir im übrigen bisher nicht sonderlich interessant erschien, ähnlich uninspirierend wie animismus, judentum, shintoismus, hinduismus...
und siehe da: es gibt doch einige interessante aspekte, wie eben den sufismus. das macht den islam noch nicht toll, aber öffnet ihn mir aber überhaupt ein wenig.

>Es ist an der Zeit, mal wieder den guten alten Kalle Marx auszubuddeln:
>Religion ist Opium fürs Volk.

Organisierte Religion ist Opium fürs Volk, müsste es meines erachtens heißen.
persönlicher glaube ist nur eine spielart von weltanschauung. daran habe ich nichts auszusetzen.

>(Dafür gibt es in meinen Augen kein besseres Beispiel als den Islam in
>großen Teilen der arabischen Welt.)
>
>Natürlich ist der Glaube an ein Leben nach dem Tod verständlich. Und
>natürlich kann niemand beweisen, dass es das nicht gibt.
>Es gibt aber auch keinen Hinweis, dass es ein Leben danach
>gibt.
>
>Und eine Religion, die Menschen den Himmel und viele Frauen verspricht,
>wenn sie sich in den heiligen Krieg stürzen, ist mir schon etwas
>suspekt. Ich halte so eine Ansicht einfach nicht für sonderlich sozial
>verträglich. Leider ist sie aber im Islam auch jenseits des Islamismus
>weit verbreitet.

ich frage mich langsam, in welcher sure das eigentlich steht. weiß das einer?

>Und dennoch bin ich heilfroh, dass ich in einem Land lebe, in dem die
>Religion in ihre Schranken gewiesen ist (abgesehen von der
>Kirchensteuer). Und in der die Dinge (in der Regel) nicht danach
>beurteilt werden, ob sie in Übereinstimmung mir veralteten Schriften zu
>bringen sind. Ich bin froh in der Tradition der Aufklärung zu
>leben.

ich auch.

>Im übrigen lebe ich lieber unter einer Regierung Stoiber als unter
>Arafat.

ich auch.

>Angesichts des jüngsten Islam-Scharmützels habe ich mir nun doch mal
>Niels Text über den "Galaxien-Sufismus" durchgelesen.
>Er hat mich ehrlich gesagt nicht motiviert, auch noch den
>Originalvortrag vom Guiderdoni durchzulesen.

never mind.

>Nur weil jemand Astrophysik studiert hat, muss er noch lange nicht
>rational handeln. Außerdem schreibt Niels ja selbst, dass die islamische
>Spielart des Sufismus nicht gerade die größte politische Bedeutung in
>der arabischen Welt hat.

richtig. nichtsdestotrotz ist auch das islam.

>Zudem kann ich ein paar der komischen islamisch-physikalischen Schlüsse
>in Niels Text überhaupt nicht nachvollziehen:
>
>1. Wenn Guideroni glaubt, das Gott nicht aufhört, die Welt immer weiter
>(und neu) zu erschaffen, kann er sich die ganze Physik sparen. Denn
>morgen schon könnten ganz andere Naturgesetze gelten. In einer sich
>apriori immer weiter in ihren Grundzügen verändernden Welt kannst Du Dir
>die Wissenschaft gleich komplett schenken.

das ist deine interpretation von physik. wenn man sich die diskussion um die bedeutung der quantenmechanik anschaut, sieht man, dass das physikalische gebäude nicht interpretationsfrei ist. guiderdoni fügt dem wohl eine weitere interpretation hinzu. völlig legitim.

>Zum Glück widerspricht diese Annahme aller Erfahrung.

alter empirist. wenn das so einfach wäre, sich auf die erfahrung zu verlassen...

>2. Bei der Weltformel geht es nicht darum "die Existenz Gottes beweisen
>zu können", wie der Mann behauptet. Es geht bloß um eine geschlossenere
>(und ästhetischere) Formulierung der Physik, die neue Erkenntnisse zu
>Tage fördern könnte.

nicht um eine geschlossenere, sondern um eine abschließende. jedenfalls für einige physiker.

>3. Es ist richtig, dass das Universum ganz anders aussähe, dass es
>vielleicht weder Planeten noch Sterne gäbe, wenn die Naturkonstanten
>andere Werte hätten. Nur was gibt es da hineinzugeheimnissen? Wenn es
>anders wäre, gäbe es uns nicht. Wir können uns diese Frage nur stellen,
>weil es uns gibt. Oder anders ausgedrückt: Es muss so sein, sonst könnte
>niemand darüber nachdenken. Einen weiteren Grund braucht es
>nicht.

nein, braucht es nicht. das ist das anthropische prinzip, dass du anführst. scheint mir auch plausibel. ich glaube sogar, dass wir deswegen am ende nur die struktur - und die unzulänglichkeit unseres geistes entdecken und abbilden können. trotzdem ist die frage im raum. "was wäre wenn"-fragen haben die menschen immer fasziniert.

zum beispiel frage ich mich immer noch, was wäre, wenn herauskäme, dass al quaida und bin laden gar nicht hinter den WTC-anschlägen stecken...

----

aber das hatten wir ja schon. ist auch nicht so ernst gemeint. wir kommen da nicht weiter, aber mir scheint, bei der islam-frage im moment auch nicht, wenn wir uns nur daran abarbeiten, ob hier irgendwer den islam "toll" findet. deswegen, in anknüpfung an christians anliegen, scheint es doch eher um folgendes zu gehen:

1. wie gehen nicht-moslems künftig mit dem islam um?
2. was können wir legitimerweise von moslems fordern - im alltag in deutschland und in den islamischen ländern?
3. müssen alle mörderischen regime unter islamischer flagge gewaltsam gestürzt werden? wenn nein, bis zu welchem grade toleriert man sie?

meine ersten antworten:
1. der islam ist mir egal. ich lebe in einem säkularen staat, und was mich interessiert, sind nur taten. sonst nichts. wenn einer seine frau verprügelt, kann man ihn anzeigen. so wie man das bei jedem anderen schläger tun könnte.
2. das grundgesetz einzuhalten. sonst nichts.
3. a) wenn das gegenwärtige afghanistan-programm konsequent sein soll, müssten sie alle gestürzt werden. ich bin zum beispiel sehr dafür, dass das saudische königshaus durch eine parlamentarische demokratie ersetzt wird. wie ich gehört habe, spielen die amis durchaus mit dem gedanken eines putsches in riad.
b) in meiner ablehnung des afghanistan-programms bin ich dagegen, diese umstürze mit gewalt durchzuführen. das beste ist eine massive finanzielle unterstützung oppositioneller demokratischer gruppen und ein verzicht auf z.b. saudisches öl (würde ganz nebenbei der umwelt nutzen, wenn wir deswegen auf erneuerbare energien umsteigen müssen).

niels



Betreff: [km 21.0:] islam, sufismus undsoweiter
Von: Matthias Urbach <urbach@taz.de>
An: km21@c-base.org

Mensch Jungs,
nun macht die Debatte ja endlich Spaß!

Ich finde es übrigens interessant, dass Ihr Euch die Finger wundtippt
über die Frage, ober der Islam nun gut oder böse ist. Dagegen scheint es
komplett ausgemacht, dass alle Christdemokraten oder Christsozialen
(Merz, Stoiber, usw.) gemeine Schweine sind. Keine Beleidigung scheint
schlimmer, als auf einer Linie mit Stoibers & Co zu sein.

Was ist eigentlich am Islam so toll? Was ist überhaupt an Religionen so
toll?

Es ist an der Zeit, mal wieder den guten alten Kalle Marx auszubuddeln:
Religion ist Opium fürs Volk.

(Dafür gibt es in meinen Augen kein besseres Beispiel als den Islam in
großen Teilen der arabischen Welt.)

Natürlich ist der Glaube an ein Leben nach dem Tod verständlich. Und
natürlich kann niemand beweisen, dass es das nicht gibt.
Es gibt aber auch keinen Hinweis, dass es ein Leben danach gibt.

Und eine Religion, die Menschen den Himmel und viele Frauen verspricht,
wenn sie sich in den heiligen Krieg stürzen, ist mir schon etwas
suspekt. Ich halte so eine Ansicht einfach nicht für sonderlich sozial
verträglich. Leider ist sie aber im Islam auch jenseits des Islamismus
weit verbreitet.

Es gibt auch positive Beispiele für Religiosität. Mir imponiert zum
Beispiel die Rolle der Kirche im Kampf gegen die Apartheid und in der
Wahrheitskommission in Südafrika.

Und dennoch bin ich heilfroh, dass ich in einem Land lebe, in dem die
Religion in ihre Schranken gewiesen ist (abgesehen von der
Kirchensteuer). Und in der die Dinge (in der Regel) nicht danach
beurteilt werden, ob sie in Übereinstimmung mir veralteten Schriften zu
bringen sind. Ich bin froh in der Tradition der Aufklärung zu leben.


Im übrigen lebe ich lieber unter einer Regierung Stoiber als unter
Arafat.

Grüße Matthias

PS:
Angesichts des jüngsten Islam-Scharmützels habe ich mir nun doch mal
Niels Text über den "Galaxien-Sufismus" durchgelesen.
Er hat mich ehrlich gesagt nicht motiviert, auch noch den
Originalvortrag vom Guiderdoni durchzulesen.

Nur weil jemand Astrophysik studiert hat, muss er noch lange nicht
rational handeln. Außerdem schreibt Niels ja selbst, dass die islamische
Spielart des Sufismus nicht gerade die größte politische Bedeutung in
der arabischen Welt hat.

Zudem kann ich ein paar der komischen islamisch-physikalischen Schlüsse
in Niels Text überhaupt nicht nachvollziehen:

1. Wenn Guideroni glaubt, das Gott nicht aufhört, die Welt immer weiter
(und neu) zu erschaffen, kann er sich die ganze Physik sparen. Denn
morgen schon könnten ganz andere Naturgesetze gelten. In einer sich
apriori immer weiter in ihren Grundzügen verändernden Welt kannst Du Dir
die Wissenschaft gleich komplett schenken.

Zum Glück widerspricht diese Annahme aller Erfahrung.

2. Bei der Weltformel geht es nicht darum "die Existenz Gottes beweisen
zu können", wie der Mann behauptet. Es geht bloß um eine geschlossenere
(und ästhetischere) Formulierung der Physik, die neue Erkenntnisse zu
Tage fördern könnte.

3. Es ist richtig, dass das Universum ganz anders aussähe, dass es
vielleicht weder Planeten noch Sterne gäbe, wenn die Naturkonstanten
andere Werte hätten. Nur was gibt es da hineinzugeheimnissen? Wenn es
anders wäre, gäbe es uns nicht. Wir können uns diese Frage nur stellen,
weil es uns gibt. Oder anders ausgedrückt: Es muss so sein, sonst könnte
niemand darüber nachdenken. Einen weiteren Grund braucht es nicht.


----------------------

Matthias Urbach
die tageszeitung
parlamentskorrespondent
kochstraße 18, 10969 berlin, germany,
email urbach@taz.de,
telefon (+49 30) 25 902-114, fax (+49 30) 251 60 62



Betreff: RE: [km 21.0:] die Religion
Von: Hanssen, Peter <hanssen@bgs.ac.uk>
An: 'km21@c-base.org' <km21@c-base.org>

> -----Original Message-----
> From: Christian Füller [mailto:cif@taz.de]
> Sent: 26 November 2001 11:03
> To: km21@c-base.org
> Subject: Re: [km 21.0:] "die" Religion
>
> ich habe eure mail nicht verstanden.

Ok, ich glaube hier sprechen wir alle ein wenig aneinander vorbei.
Die Hauptaussage meines letzten Postings ist " 'der' Islam ist nicht
die grundlegende Ursache". Das es Stroemungen innerhalb der islamischen
Gemeinschaft gibt, die faschistischen Terror ausueben, aendert 1. nichts
an der obigen Feststellung und 2. koennen wir dem wohl alle zustimmen.

> ihr braucht euch soch nicht mit
> niels solidarisch erklaeren, um mir zu antworten; das kann man direkt
> tun.

Naja, da wir ja hier in einer Gruppendiskussion sind, spreche ich eben
mehrere Leute in einem Reply an. Und oftmals Wiederspreche ich eben
Niels, so dass ich auch loswerden will, wann ich ihm zustimme.

> ich darf mal darauf hinweisen, pete, dasz ich eine gruendliche
> auseinandersetzung mit dem islam eingeklagt habe, und zwar
> mit blick vor
> allem auf die "massen", die hier und die dort. findest du etwa, dasz
> hier eine aufgeklaerte sichtwiese oder auch nur ansatzweises wissen
> ueber den islam vorhanden waere? wenn du meine mail aufmerksam lesen
> wuerdest, wuerdest du erkennen, dasz ich eigene unsicherheit
> konzediere
> und fuer eine differenzierten umgang plaediere. aber, das ist wichtig,
> fuer einen, der auch faehig ist, eine eigene position zu formulieren.

Das gleiche mache ich doch auch hier. Deshalb ist dies doch auch ein
Diskussinsforum und kein km21-Verlautbarungs-Rundbrief...
Das einige Nicht-Moslems nun mehr ueber 'den Islam' wissen als vorher,
denke ich schon. Das 'die Massen' ausreichend informiert sind, denke ich
nicht. Das jedoch beide 'Massen' eigendlich friedlich mit ihren Familien
leben wollen, hoffe ich doch.

> was ich nur quatsch finde, in einem moment absolut verheerender
> anschlaege, erstens, die allein-schuld bei den amerikanern abzuladen
> und, zweitens, den islamisten einen blankoscheck auszustellen, indem man
> so eine gutmenschen-haltung einnimmt marke: ali baba ist ein
> wunderbares maerchen und immer immer gut. manchmal habe ich diesen
eindruck,
> wenn ich km 21 lese.

Diesen Eindruck habe ich manchmal auch. Und deshalb poste ich auch oft
Wiedersprueche zu solchen Kommentaren. Ich habe jedoch nie den Islamisten
einen Blankoscheck ausgestellt. Die Taten der Terroristen sind in keinem
Fall zu rechtfertigen, zu entschuldigen oder zu ignorieren. Da hier in
diesem Forum jedoch keine Terrorristen oder Fundamentalisten (islamische ;)
'rumhaengen, kann ich darueber auch nicht dikutieren oder auf sie einwirken.
Deshalb ist es doch viel sinnvoller unseren, km21 und westlichen Standpunkt
und unser Verhaeltnis zu den Geschehnissen zu diskutieren und voneinander zu
lernen. Auch weil wir damit eventuell im Leben ausserhalb etwas erreichen
und veraendern koennen z.B. dies
http://www.alternet.org/story.html?StoryID=11938

> z.b. mal eine ganz konkrete frage: wie ist das mit den frauen
> im islam,
> wie er sich mir vorderhand und in vielen vielen debatten praesentiert?
> versteht ihr das intellektuell, akzeptiet ihr das,
> rechtfertigt ihr das?

Einer der schlimmsten Feinde der Demokratie ist der Fundamentalismus, auch
der
islamische. Solange jemand fuer sich frei entscheidet eine gewisse
Lebensweise
einzuschlagen, akzeptiere ich dies. Aber nur solange, wie er nicht versucht,
andere zu seinem Stil zu zwingen.

> sorry, ich fuehle mich in meiner haltung und praxis zum
> geschlechterverhaeltnis (ein beispiel: komme gerade von einem
> eineinhalbjaehrigen erziehungsurlaub zureuck) von vielen
> muslimen nicht besonders gut verstanden - um es freundlich zu sagen.
> wenn ich meinen
> muslimischen nachbarn und freund zum essen einladen will, das ich
> zubereite - wie das fuer mich selbstverstaendlich ist -, dann gibts da
> ein problem: seine frau kommt erstens nicht mit und unterhaelt sich
> zweitens nicht mit mir, sondern ueber bande, und ich muss mir dann
> drittens anhoeren, wieso ich denn koche und nicht meine frau
> und dass es
> im uebrigen unmoeglich sei, dass mein sohn den namen von ihr, meiner
> freundin, trage undundund.
> versteh mich nicht falsch: ich muss und will nicht in die ehe meines
> freundes intervenieren, um seine frau zu befreien oder zu
> emanzipieren.
> das ist ihr ding. aber ich nehme mir doch heraus, mit meinem freund
> darueber zu sprechen - NACH MEINER FASSON. ich verstehe
> vieles von dem,
> was er als begruendungen anfuehrt; aber ich akzeptiere es
> nicht und ich
> rechtfertige es schon gar nicht. und ich denke gar nicht daran, meine
> lebensweise, meine erziehungsmethoden nun zu islamisieren.
> das beispiel kann man gerne verallgemeinern auf den umgang
> mit dem islam
> in diesem land: gute freunde sind solche, die einem ein
> kritisches wort sagen koennen.

wuerd'ich doch genauso tun. Stell dir vor solche Freundschaften
wuerde es nicht geben oder wuerden sogar verboten... das ist doch
die Gefahr.

PETE
--
Peter_Hanssen@writeme.com http://i.am/pete
BGS, West Mains Road, Edinburgh, EH9 3LA, UK
w:+44-(0)131-6500338 f:+44-(0)131-6671877


Betreff: Re: [km 21.0:] die Religion
Von: Christian Füller <cif@taz.de>
An: km21@c-base.org

lieber pete, lieber moritz,

ich habe eure mail nicht verstanden. ihr braucht euch soch nicht mit
niels solidarisch erklaeren, um mir zu antworten; das kann man direkt
tun.

nochmal ganz kurz: ich finde es ziemlich unangebracht von niels, JETZT
UND IN DIESEM MOMENT den text ueber guideroni als zeugenschaft dafuer
aufzurufen, wie wahnsinnig modern doch der islam sein. das ist kein
guter zeitpunkt, und tut auch dem interessanten stueck nicht gut.
(sorry, wenn ihr spiri miszversteht, aber in die richtung gehts doch,
oder?)

ich darf mal darauf hinweisen, pete, dasz ich eine gruendliche
auseinandersetzung mit dem islam eingeklagt habe, und zwar mit blick vor
allem auf die "massen", die hier und die dort. findest du etwa, dasz
hier eine aufgeklaerte sichtwiese oder auch nur ansatzweises wissen
ueber den islam vorhanden waere? wenn du meine mail aufmerksam lesen
wuerdest, wuerdest du erkennen, dasz ich eigene unsicherheit konzediere
und fuer eine differenzierten umgang plaediere. aber, das ist wichtig,
fuer einen, der auch faehig ist, eine eigene position zu formulieren.

was ich nur quatsch finde, in einem moment absolut verheerender
anschlaege, erstens, die allein-schuld bei den amerikanern abzuladen
und, zweitens, den islamisten einen blankoscheck auszustellen, indem man
so eine gutmenschen-haltung einnimmt marke: ali baba ist ein wunderbares
maerchen und immer immer gut. manchmal habe ich diesen eindruck, wenn
ich km 21 lese.

z.b. mal eine ganz konkrete frage: wie ist das mit den frauen im islam,
wie er sich mir vorderhand und in vielen vielen debatten praesentiert?
versteht ihr das intellektuell, akzeptiet ihr das, rechtfertigt ihr das?

sorry, ich fuehle mich in meiner haltung und praxis zum
geschlechterverhaeltnis (ein beispiel: komme gerade von einem
eineinhalbjaehrigen erziehungsurlaub zureuck) von vielen muslimen nicht
besonders gut verstanden - um es freundlich zu sagen. wenn ich meinen
muslimischen nachbarn und freund zum essen einladen will, das ich
zubereite - wie das fuer mich selbstverstaendlich ist -, dann gibts da
ein problem: seine frau kommt erstens nicht mit und unterhaelt sich
zweitens nicht mit mir, sondern ueber bande, und ich muss mir dann
drittens anhoeren, wieso ich denn koche und nicht meine frau und dass es
im uebrigen unmoeglich sei, dass mein sohn den namen von ihr, meiner
freundin, trage undundund.

versteh mich nicht falsch: ich muss und will nicht in die ehe meines
freundes intervenieren, um seine frau zu befreien oder zu emanzipieren.
das ist ihr ding. aber ich nehme mir doch heraus, mit meinem freund
darueber zu sprechen - NACH MEINER FASSON. ich verstehe vieles von dem,
was er als begruendungen anfuehrt; aber ich akzeptiere es nicht und ich
rechtfertige es schon gar nicht. und ich denke gar nicht daran, meine
lebensweise, meine erziehungsmethoden nun zu islamisieren.

das beispiel kann man gerne verallgemeinern auf den umgang mit dem islam
in diesem land: gute freunde sind solche, die einem ein kritisches wort
sagen koennen.

und eine frage haette ich noch, moritz: was hat das mit stoiber zu tun?
was soll dieser vergleich? was ist das fuer ein stil?

grusz cif

Moritz schrieb:

> > erkläre mich an dieser Stelle und in der Sache (Nachhaltige
> > Auseinandersetzung mit dem Islam) solidarisch mit Niels
> > (kritisch natürlich ganz envogue) und seiner letzten Antwort
> > auf Deine Mail.

Mich würde auch sehr interessieren, wie Du zu solchen, in meinen Augen
> > weitesgehend platten und sehr abfälligen, Einschätzungen
> > /Bewertungen des Textes von Bruno Guiderdoni kommst (und Deinen ebenso
> > platten Verallgemeinerungen bezüglich des Islams).

Solche Gedankengänge wie von dir hätte ich ja eher bei Stoiber &
Co. vermutet.

======================


"Hanssen, Peter" schrieb:


> Kann mich dem nur anschliessen. Ein wenig oberflaechlich aber zumindest
die grundsaetzliche Einstellung treffend:


Und abgesehen davon, koennte man genausogut saemtliche Christen ueber
einen
Kamm ziehen, wenn ich da nur an Vatikan, Inquisition, Hexenverfolgung,
KKK
usw. denke.

Idioten gibt es ueberall und in allen Farben.


Betreff: RE: [km 21.0:] die Religion
Von: Hanssen, Peter <hanssen@bgs.ac.uk>
An: 'km21@c-base.org' <km21@c-base.org>

Hi Martin,

> Wenn wir schon dabei sind, "ueber einen Kamm zu ziehen".

Genau das, wollte ich zumindest NICHT vermitteln, wie auch aus
frueheren Beitraegen ersichtlich.

> Die Feststellung, es ist/war nicht "der" Islam und es ist/war nicht
> "das" Christentum, macht die Sache doch ein bisschen zu einfach.

Das hab'ich auch so erwaehnt...

> Wo sonst soll man primaere Ursachen suchen, als nicht im Umfeld der
> "Institution"?
> Da Islam als etwas einheitlich organisiertes nicht exisitiert [...]

Soso, wie nun?

Jedoch genau das ist doch falsch! Die 'primaeren Ursachen' sind eben
NICHT im Umfeld der "Institution" zu suchen!

Meiner Meinung nach, sind die Ursachen vielmehr in der Ausbeutung der
'einfachen' Leute zu suchen. Auf der einen Seite herrschen korrupte
Diktatoren und der Westen unterstuetzt sie, um 1. den westlichen Wohlstand
durch gesicherte Oel-Energie-Quellen zu mehren und 2. die bestohlene
Bevoelkerung dieser Gebiete still zu halten. Zudem, und als Folge der
obigen Punkte, ist es die direkte militaerische Einmischung in interne
Angelegenheiten (z.B. UdSSR->Afghanistan, US->Palestina), die dazu
beitragen den "Westen" - besser "Norden" - zu verfluchen. Der Islam
wird jedoch nur als Mittel zum Zweck benutzt und zwar von allen Seiten:
Den Diktatoren, den Terroristen und dem Norden.

> Ich versuche ihn aber trotzdem:
> Als Katholik setze ich mich (natuerlich) mit der Geschichte der Kirche
> auseinander und verfolge auch recht freudig den relativ aktuellen Prozess
> von Schuldeingestaendnis. (Das so etwas nichts entschuldigt wissen wir
> alle und ob es angebracht ist ist ein anderer Diskussionspunkt.) Fazit
> (fuer mich): Obwohl es nicht den XXX gibt und nicht alle dem XXX-ismus
> hinterherennen usw., es macht etwas aus, wie die "offizielle"
Stellungnahme
> einer Institution oder ihrer Vertreter aussieht.

Diese "offizielle" Stellungnahme wurde doch verlautbart... Abgesehen davon
ist das wirklich das wichtigste?
Zum Vatikan: Ich bin auf'm Papier auch noch RK aber fuer mich ist der Papst
in Kinder-Moerder. Ja grausam, wann wird sich denn die katholische Kirche
dafuer entschuldigen, dass tausende von Kindern in Afrika an Aids sterben?

> Mir fehlt in diesen Tagen diese kritische Selbstreflexion seitens einer
> breiten Mehrheit der "islamischen Institution". Was ist es, was dieses
> doch breite Schweigen, treibt?

siehe oben aber auch http://www.secularislam.org/articles/call.htm

PETE

---
ORIGINAL THREAD:

"Hanssen, Peter" wrote:
> erkläre mich an dieser Stelle und in der Sache (Nachhaltige
> Auseinandersetzung mit dem Islam) solidarisch mit Niels
> (kritisch natürlich ganz envogue) und seiner letzten Antwort
> auf Deine Mail.
Kann mich dem nur anschliessen. Ein wenig oberflaechlich aber zumindest
die grundsaetzliche Einstellung treffend:
http://www.usc.edu/dept/MSA/introduction/woi_modernera.html
> Mich würde auch sehr interessieren, wie Du zu solchen, in meinen Augen
> weitesgehend platten und sehr abfälligen, Einschätzungen
> /Bewertungen des Textes von Bruno Guiderdoni kommst (und Deinen ebenso
> platten Verallgemeinerungen bezüglich des Islams).
Naja, Niels hat ist eben'n Dipl.Astrophysik.... Man koennte natuerlich
auch das Lesen von Boeing-Handbuechern als Beleg nehmen... (... nehmt
das bloss nicht ernst).
Und abgesehen davon, koennte man genausogut saemtliche Christen ueber einen
Kamm ziehen, wenn ich da nur an Vatikan, Inquisition, Hexenverfolgung, KKK
usw. denke.

Idioten gibt es ueberall und in allen Farben.
PETE


Betreff: [km 21.0:] Zusatz zu P. Hanssen
Von: m.
An: km21@c-base.org

"Hanssen, Peter" wrote:
> erkläre mich an dieser Stelle und in der Sache (Nachhaltige
> Auseinandersetzung mit dem Islam) solidarisch mit Niels
> (kritisch natürlich ganz envogue) und seiner letzten Antwort
> auf Deine Mail.
Kann mich dem nur anschliessen. Ein wenig oberflaechlich aber zumindest
die grundsaetzliche Einstellung treffend:
http://www.usc.edu/dept/MSA/introduction/woi_modernera.html <http://www.usc.edu/dept/MSA/introduction/woi_modernera.html>
> Mich würde auch sehr interessieren, wie Du zu solchen, in meinen Augen
> weitesgehend platten und sehr abfälligen, Einschätzungen
> /Bewertungen des Textes von Bruno Guiderdoni kommst (und Deinen ebenso
> platten Verallgemeinerungen bezüglich des Islams).
Naja, Niels hat ist eben'n Dipl.Astrophysik.... Man koennte natuerlich
auch das Lesen von Boeing-Handbuechern als Beleg nehmen... (... nehmt
das bloss nicht ernst).
Und abgesehen davon, koennte man genausogut saemtliche Christen ueber einen
Kamm ziehen, wenn ich da nur an Vatikan, Inquisition, Hexenverfolgung, KKK
usw. denke.
 
Wenn wir schon dabei sind, "ueber einen Kamm zu ziehen". Die Feststellung, es ist/war nicht "der" Islam und es ist /war nicht "das" Christentum, macht die Sache doch ein bisschen zu einfach. Wo sonst soll man primaere Ursachen suchen, als nicht im Umfeld der "Institution"?
Da Islam als etwas einheitlich organisiertes nicht exisitiert (und ich mich zudem nur intermediate damit auskenne), trifft der folgende Vergleich weit weniger als 100prozentig zu. Ich versuche ihn aber trotzdem:  Als Katholik setze ich mich (natuerlich) mit der Geschichte der Kirche auseinander und verfolge auch recht freudig den relativ aktuellen Prozess von Schuldeingestaendnis. (Das so etwas nichts entschuldigt wissen wir alle und ob es angebracht ist ist ein anderer Diskussionspunkt.) Fazit (fuer mich): Obwohl es nicht den XXX gibt und nicht alle dem XXX-ismus hinterherennen usw., es macht etwas aus, wie  die "offizielle" Stellungnahme einer Institution oder ihrer Vertreter aussieht.
Mir fehlt in diesen Tagen diese kritische Selbstreflexion seitens einer breiten Mehrheit der "islamischen Institution". Was ist es, was dieses doch breite Schweigen, treibt? Gibt es da doch nicht etwas ideologie-immanantes, was diese Kritik unangepasst erscheinen laesst?
Und: Kann man das ueber einen Kamm ziehen?
Im Gedenken an alle Opfer des Krieges.
 
 
Idioten gibt es ueberall und in allen Farben.
PETE


Betreff: RE: [km 21.0:] Antwort auf Christian-Niels in Sachen Islam
Von: Hanssen, Peter <hanssen@bgs.ac.uk>
An: 'km21@c-base.org' <km21@c-base.org>

> erkläre mich an dieser Stelle und in der Sache (Nachhaltige
> Auseinandersetzung mit dem Islam) solidarisch mit Niels
> (kritisch natürlich ganz envogue) und seiner letzten Antwort
> auf Deine Mail.

Kann mich dem nur anschliessen. Ein wenig oberflaechlich aber zumindest
die grundsaetzliche Einstellung treffend:
http://www.usc.edu/dept/MSA/introduction/woi_modernera.html

> Mich würde auch sehr interessieren, wie Du zu solchen, in meinen Augen
> weitesgehend platten und sehr abfälligen, Einschätzungen
> /Bewertungen des Textes von Bruno Guiderdoni kommst (und Deinen ebenso
> platten Verallgemeinerungen bezüglich des Islams).

Naja, Niels hat ist eben'n Dipl.Astrophysik.... Man koennte natuerlich
auch das Lesen von Boeing-Handbuechern als Beleg nehmen... (... nehmt
das bloss nicht ernst).
Und abgesehen davon, koennte man genausogut saemtliche Christen ueber einen
Kamm ziehen, wenn ich da nur an Vatikan, Inquisition, Hexenverfolgung, KKK
usw. denke.

Idioten gibt es ueberall und in allen Farben.

PETE

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Peter_Hanssen@writeme.com http://i.am/pete
BGS, West Mains Road, Edinburgh, EH9 3LA, UK
w:+44-(0)131-6500338 f:+44-(0)131-6671877



Betreff: [km 21.0:] Antwort auf Christian-Niels in Sachen Islam
Von: km 21.0 <km21.0@excite.com>
An: km21@c-base.org, km21@c-base.org

Hallo Christian,

erkläre mich an dieser Stelle und in der Sache (Nachhaltige
Auseinandersetzung mit dem Islam) solidarisch mit Niels (kritisch natürlich
ganz envogue) und seiner letzten Antwort auf Deine Mail.

Mich würde auch sehr interessieren, wie Du zu solchen, in meinen Augen
weitesgehend platten und sehr abfälligen, Einschätzungen
/Bewertungen des Textes von Bruno Guiderdoni kommst (und Deinen ebenso
platten Verallgemeinerungen bezüglich des Islams). Hat der Schrecken über
die plötzlich erwachten "Schläfer" unter unseren, vor dem 11.9. ach so
interessiert zugeneigten, "multikulterellen" Brüdern und Schwestern
plötzlich zu dieser Überreaktion geführt? Hast Du schon mal den Koran
gelesen? Solche Gedankengänge wie von dir hätte ich ja eher bei Stoiber &
Co. vermutet.

Ansonsten schau´mer mal was Rostok bringt.

Schönes Wochenende wünscht

Moritz

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Betreff: Antw: [km 21.0:] neues auf www.km21.org
Von: Niels Boeing <niels.boeing@woche.de>
An: km21@c-base.org

meine güte, christian,

jetzt geht's hier aber zur sache. da ich dich ja ein wenig kenne, frage ich mich, ob du mich nur provozieren willst, oder ob du mich wirklich schon als ideologe, als halben bruder attas im geiste siehst. so viel prügel musste ich ja noch nie einstecken.

in der annahme, dass du alles - unglaublicherweise - ernst meinst, hier meine entgegnungen.

>kann es wirklich wahr sein, dass du uns diesen sufistischen spiri-text
>als beleg dafuer bringst, wie mo(r)dern der islam doch sei? das ist
>ideologie, richtig bloede verschleierungstaktik.

mir geht es darum, zu zeigen, dass der islam nicht a) PER SE gewalttätiger ist als alle anderen großen religionen, die auf dem globus eine rolle spielen, und b) nicht völlig inkompatibel mit der moderne, die wesentlich von der modernen naturwissenschaft geprägt ist. für mich war das ganz neu, was guiderdoni zu sagen hat, und es ist bestimmt kein "sufistischer spiri-text" (sehr abfällige ausdrucksweise), sondern eine von guiderdoni ernsthaft geführte philosophische auseinandersetzung.
was er sagt, ist wert, drüber nachzudenken. im übrigen gibt es genügend weitere moslemische naturwissenschaftler, z.b. den chemie-nobelpreisträger von 1999 ahmed zewail.

auch wenn ich es auf dieser liste schon ausdrücklich gesagt habe, wiederhole ich es: für leute wie atta (vorausgesetzt er war es) hege ich überhaupt keine sympathie. mir geht es darum, zu verhindern, ein umfassendes neues feindbild aufzubauen. differenzierung ist das gebot der stunde, und die vermisse ich in deinen ausführungen. was ich mir bei dir nicht recht erklären kann.

>sehr sehr ernst zu nehmende islamwissenschaftler und muslime erkennen
>an, dass es da ein problem gibt: dass eine saekularsierung und
>entzauberung des islam nicht so recht stattfinden will;

das problem bestreite ich überhaupt nicht. aber es hilft uns nichts, immer nur auf diesem problem rumzureiten und nicht die heterogenität der islamischen welt anzuerkennen.

>dass die
>politischen implikationen dieser nichtaufklaerung ziemlich problematisch
>sind (gibt es eine islamische form von demokratie?); dass besonders
>verheerend die auwirkungen dieser merkwuerdigen teile des koran auf die
>dumm gehaltenen massen sind.

wer weiß schon, was der koran WIRKLICH aussagt? wir haben in den letzten zwei monaten jedwede auslegung bestimmter passagen und ihre zurückweisung zu hören bekommen. der wichtigere teil deines satzes ist "die dumm gehaltenen massen". dieser befund leitet sich aber nicht aus anweisungen des koran, sondern aus der korruptheit und skrupellosigkeit der arabischen regime ab.

>ich finde, niels, dass du einen vollkommen verkehrten weg einschlaegst:
>mit der grundannahme, der koran sei ein so wunderbar komplexes werk,
>forderst du tieferes, spirituelles verstaendnis ein.

nein. wo habe ich behauptet, der koran sei ein wunderbares werk? christian, du steckst schon so voller vorverständnisse, dass du nicht mal mehr meinen text ruhig lesen kannst.

>du verweigerst
>dabei wichtige erste antworten. du verhinderst, auf augenhoehe ins
>gespraech zu kommen -

ins gespräch mit wem? wenn es schon um augenhöhe geht, dann wohl darum, dass wir mit moslems auf augenhöhe rede - und nicht von oben herab.

> und, das schlimmste, du schlieszt systematisch den
>groszteil jener menschen hier aus, die einfach auch angst haben - und
>gerade deswegen erklaerungen brauchen, die die angst in wissen
>aufzuloesen vermag.

da kann ich dir gar nicht mehr folgen. ehrlich. gerade weil einige leute angst vor "DEM" islam haben, den sie in atta und co erkannt zu haben glauben, ist es um so wichtiger, ihnen zu zeigen, dass atta und co nicht repräsentativ für den islam sind. sondern auch guiderdoni, zewail und andere... das heißt für mich angst in wissen aufzulösen.

>themenwechsel: hast du das eppler-stueck von montag (taz, debatte) mal
>gelesen? nicht, weil es in der taz stand, sondern weil eppler thesen und
>erklaerungen hat, um aus dieser idiotischen double bind-situation wegen
>des krieges heraus zu kommen: dass krieg scheisse ist und nichts loest,
>jedenfalls unabsehbares ausloest; dass man aber nicht einfach im herzen
>einer anderen zivilisation tausende menschen (und elementare
>lebensregeln gleich mit) ausloescht, ohne dass irgendetwas
>folgte.

ja, aber er bleibt jede antwort schuldig, wie das problem anders als pazifistisch oder mit dem jetzigen bombardement zu lösen wäre.

>eppler geht doch weit ueber diese platten afghanistan-losungen hinaus,
>die auch ueber km 21 durch den orbit gehen.
>ja, er erklaert uns, warum
>sie so platt sind; warum unser gefuehl uns nicht getrogen hat, dass
>dieses simple gruenen-bashen irgendwie scheisse ist.

eppler hat nur konstatiert, dass es im 21. jh. keine klassischen kriege im sinne eines staatlichen krieges mehr geben wird. das ist nicht neu, das hat nicht herr eppler entdeckt. um so unsinniger die antwort der amerikaner: mit dem kriegszug eines staatlichen apparats, der US army, zu antworten. wir werden ja in den nächsten wochen sehen, was dabei rauskommt.

>(nicht zuletzt,
>lieber niels, weil du dabei naemlich mit friedrich merz und anderen
>netten leuten auf einer barrikade stehst. viel spasz da, steck dich
>nicht an.)

sehr schöner ellbogencheck. aber ziemlich billig und ganz überflüssig. denn merz, schröder etc. sind schon vor langer zeit gestorben. wir reden über die grünen, weil sie mit als letzte einen anderen anspruch an politik hochgehalten haben. klar, dass sie da kritik der eigenen klientel einstecken müssen. warum soll ich merz bashen, wenn er für gar nichts steht?

>aber zu eppler sagst DU nichts. auch das niels, ist ideologisch von dir.
>weil wer die verblendung entspiegelt, wer licht in die schattigen ecken
>wirft, der wird eben nicht zur kenntnis genommen. schade,
>schade, niels.

christian, keep cool. zu eppler etwas zu sagen, dazu bin ich noch nicht gekommen. natürlich denke ich über ihn nach. er hat in vielem absolut recht. aber das, was er sagt, hilft nicht weiter.

fortsetzung folgt. es wird spannend.

last but not least würde ich nach so viel anklage deinerseits deinen standpunkt kennenlernen. den habe ich nämlich hinter deinem eloquenten angriff noch nicht richtig erkannt.

was ist deine - nicht-platte - losung für die krise seit dem 11. september?

fragt dein super-ideologe niels



Betreff: Re: [km 21.0:] neues auf www.km21.org
Von: Christian Füller <cif@taz.de>
An: km21@c-base.org, yassinchen@gmx.de

lieber niels,

kann es wirklich wahr sein, dass du uns diesen sufistischen spiri-text
als beleg dafuer bringst, wie mo(r)dern der islam doch sei? das ist
ideologie, richtig bloede verschleierungstaktik.

sehr sehr ernst zu nehmende islamwissenschaftler und muslime erkennen
an, dass es da ein problem gibt: dass eine saekularsierung und
entzauberung des islam nicht so recht stattfinden will; dass die
politischen implikationen dieser nichtaufklaerung ziemlich problematisch
sind (gibt es eine islamische form von demokratie?); dass besonders
verheerend die auwirkungen dieser merkwuerdigen teile des koran auf die
dumm gehaltenen massen sind.

uebrigens muss man kein islamologe sein, um da vorderhand ein problem zu
sehen: wenn sich leute bomben um den guertel schnallen, sich und andere
in die luft zu jagen, DAMIT SIE IN DEN HIMMEL KOMMEN, dann laeuft da was
falsch. oder? ich verschliesze mich ja nicht komplexen erklaerungen, ich
finde nur, dass man die am naechsten liegende feststellung zuerst
treffen musz: das geht nicht, das ist kein dialog, das ist ein absurde
art der selbstverstuemmelung und eine ignoranz des ersten und
wichtigsten menschenrechts ueberhaupt: der unverletztlichkeit der
person.

das schlimme ist, dasz kommilitone mohammed atta unter uns lebte, und
wir nicht gesehen haben, was mit ihm los ist. weil wir von seiner welt
nix kapieren. weil er von unserer nichts wissen will, wiewohl er als
unhoerbar tickende zeitbombe sich in ihr bewegte. ich schreibe das ja
selbst mit groszer unsicherheit, weil auch mein wissen darueber sehr
beschraenkt ist - trotz eines palaestinensischen freundes, eines
nigrischen kommilitonen und und und.

ich finde, niels, dass du einen vollkommen verkehrten weg einschlaegst:
mit der grundannahme, der koran sei ein so wunderbar komplexes werk,
forderst du tieferes, spirituelles verstaendnis ein. du verweigerst
dabei wichtige erste antworten. du verhinderst, auf augenhoehe ins
gespraech zu kommen - und, das schlimmste, du schlieszt systematisch den
groszteil jener menschen hier aus, die einfach auch angst haben - und
gerade deswegen erklaerungen brauchen, die die angst in wissen
aufzuloesen vermag.

themenwechsel: hast du das eppler-stueck von montag (taz, debatte) mal
gelesen? nicht, weil es in der taz stand, sondern weil eppler thesen und
erklaerungen hat, um aus dieser idiotischen double bind-situation wegen
des krieges heraus zu kommen: dass krieg scheisse ist und nichts loest,
jedenfalls unabsehbares ausloest; dass man aber nicht einfach im herzen
einer anderen zivilisation tausende menschen (und elementare
lebensregeln gleich mit) ausloescht, ohne dass irgendetwas folgte.

eppler geht doch weit ueber diese platten afghanistan-losungen hinaus,
die auch ueber km 21 durch den orbit gehen. ja, er erklaert uns, warum
sie so platt sind; warum unser gefuehl uns nicht getrogen hat, dass
dieses simple gruenen-bashen irgendwie scheisse ist. (nicht zuletzt,
lieber niels, weil du dabei naemlich mit friedrich merz und anderen
netten leuten auf einer barrikade stehst. viel spasz da, steck dich
nicht an.)

aber zu eppler sagst DU nichts. auch das niels, ist ideologisch von dir.
weil wer die verblendung entspiegelt, wer licht in die schattigen ecken
wirft, der wird eben nicht zur kenntnis genommen. schade, schade, niels.


liebe gruesze christian

Niels Boeing schrieb:
>
> hallo meine lieben,
>
> abseits der ja wirklich heftigen und spannenden debatte um kriegseinsatz und rot-grün habe ich ein paar neue texte auf die seite gestellt:
>
> 1. islam und moderne naturwissenschaft
>
> der französische astrophysiker bruno guiderdoni (43) ist mit 28 jahren zum islam übergetreten. er widerlegt eindrucksvoll das bild eines rückständigen islamischen weltbildes: im gegenteil, astrophysik/kosmologie und islam vertragen sich hervorragend, besser als etwa katholizismus und islam. eine einführung in seine gedanken und argumente findet ihr unter:
>
> http://www.km21.org/holzwege/guiderdoni_1001.htm
>
> für die physiker auf der liste habe ich ein paper von ihm hochgeladen. es ist ein vortrag, den er im oktober in boston gehalten hat (auf englisch):
>
> http://www.km21.org/holzwege/guiderdoni-paper_0901.htm
>
> 2. der krieg mit den molchen
>
> ich weiß nicht, wie viele von euch dieses buch von karel capek von 1936 kennen. capek war ein tschechischer schriftsteller, dem wir das wort "roboter" zu verdanken haben. "der krieg mit den molchen" war 1936 ein hellsichtige allegorie auf die kulturlosen nazis, deren drang nach neuem lebensraum durch kein abkommen zu besänftigen war.
> interessant ist aber, dass das buch im jahre 2001 angesichts der debatte um biotechnik und die kreation neuer lebewesen ganz neu gelesen werden kann.
> ein ausschnitt steht unter:
>
> http://www.km21.org/23rdcentury/krieg_der_molche.htm
>
> 3. zwei neue texte in bitland
>
> das world wide web consortium will mit einer tradition brechen, die den siegeszug des web in den 90ern erst möglich gemacht hat: dass die technischen standards des WWW öffentliches gut sind. stattdessen sollen sie künftig patentierbar sein. was das bedeutet, lest ihr in christian ahlerts text unter:
>
> http://www.km21.org/bitland/webstandards_1101.htm
>
> das netz ein hort der kriminellen und terroristen? der attas und bin ladens? mit solchen argumenten fordern strafverfolger ständig neue vollmachten für die schnüffelei im netz. eine studie der grünen belegt, dass das unsinn ist. mehr von stefan krempl unter:
>
> http://www.km21.org/bitland/cybercrime_0901.htm
>
> viel spaß beim lesen,
> ciao, niels
>


Betreff: [km 21.0:] TELEPOLIS: Kriegsberichterstattung oder Eingreiftru...
Von: joachim.langer@gmx.net
An: km21@c-base.org

ulenkrug@t-online.de
MIME-Version: 1.0
Content-Type: text/plain; charset=iso-8859-1
Content-Transfer-Encoding: 8bit

Dieser TELEPOLIS Artikel wurde Ihnen
von Jochen <joachim.langer@gmx.net> gesandt.

----------------------------------------------------------------------
Kriegsberichterstattung oder Eingreiftruppe?

Niels Werber   18.11.2001

Überlegungen zur Realität der Massenmedien und über die Umstände des
in Afghanistan getöteten deutschen Reporters Voker Handloik

"Was wir über unsere Gesellschaft, ja über die Welt, in der wir leben,
wissen, wissen wir durch die Massenmedien." Mit diesem Satz beginnt
Niklas Luhmanns Abhandlung über "Die Realität der Massenmedien", die
den Nachweis zu führen sucht, dass diese Realität, "unsere" Realität,
eine "Konstruktion" ist, deren Gestalt primär von den
Eigengesetzlichkeiten des Mediensystems abhängt und nicht von einer
objektiv "gegebenen" Realität, über die dann so oder so berichtet
würde. Diese Beobachtung Luhmanns gilt auch für die
Kriegsberichterstattung.

Am Beispiel des Ersten Weltkriegs hat bereits Karl Kraus vorgeführt,
nach welchen Vorgaben und Skripts die Kriegsberichterstattung dessen
Realität produziert und schließlich selbst zum integralen Teil eines
Krieges wird, der zu Hause genauso tobt (um die öffentliche Meinung)
wie an der Front. Dazu müsse man, so formuliert es ein zynischer
Reporter in Kraus' Die letzten Tage der Menschheit, nicht einmal selbst
an den Kampfhandlungen teilnehmen: "Gott beschütze! Sie haben recht -
wozu man selbst dabei sein muß, seh ich auch nicht ein, man verliert
nur Zeit, man soll drüber schreiben". Und wer doch an die Front fährt,
sieht nur dort das, was er zu sehen erwartet. In Kraus' Monumentaldrama
ist es die bekannte Journalistin Alice Schalek, die eine feuernde
Batterie als "Schauspiel" wahrnimmt:

"Jetzt beginnt ein Schauspiel - also jetzt sagen Sie mir Herr
Leutnant, ob eines Künstlers Kunst spannender, leidenschaftlicher
dieses Schauspiel gestalten könnte. Jene, die daheim bleiben, mögen
unentwegt den Krieg die Schmach des Jahrhunderts nennen, jene, die
dabei sind, werden aber vom Fieber des Erlebens gepackt. Nicht wahr
Herr Leutnant, Sie stehen doch mitten im Krieg, geben Sie zu, manch
einer von Ihnen will gar nicht, daß er ende!"

Gleichgültig gegen Reden und Sterben der Soldaten nimmt die
Journalistin die Front genau so wahr, wie die Leitartikel es vorgeben,
die sie ohnehin immer schon vorab zu schreiben pflegt. "Mir scheint,
die Vorstellung ist zu Ende. Wie schade! Es war erstklassig", bemerkt
die Schalek nach Ende des Gefechts, und der Offizier fragt, ob sie
zufrieden sei. "Wieso zufrieden?", entgegnet sie, "zufrieden ist gar
kein Wort!" Als Tote gemeldet werden, zeigt die Schalek sich wiederum
begeistert "vom Fieber des Erlebens gepackt". Alles an der Front ist
enorm "interessant", sobald es vom Zauberstab der Massenmedien berührt
worden ist.

Kraus' Figur des "Nörglers" vertritt die These, dass das Verhältnis
von Krieg und Kriegsberichterstattung sich unter der Notwendigkeit, die
Heimatfront propagandistisch bei Laune zu halten, umgekehrt habe:

"Alles was geschieht, geschieht nur für die, die es beschreiben."

Die Welt, in der wir leben, existiert für die Massenmedien. Um einen
heroischen Film über die Sommeschlacht abzudrehen, wird eine Abteilung
nach der anderen von den Filmschaffenden aus dem Graben hinaus zum
Sturmangriff in den Tod getrieben. Und als die Schalek für ihre Zeitung
einen Artillerieangriff benötigt, aber eine Batterie in Gefechtspause
antrifft, überredet sie nicht nur den widerstrebenden Offizier zu einem
Angriff, sondern eröffnet selbst das Feuer. "Die Schalek schießt, der
Feind erwidert. Offizier: Also da ham mrs! Schalek: Was wollen Sie
haben? Das ist doch interessant!" Die Kriegsberichterstattung übernimmt
die Kriegsführung. In seiner letzten Reportage berichtet der in
Afghanistan getötete Reporter Voker Handloik von seiner mexikanischen
Kollegin Adriana vom TC Azteca, die den "Krieg der Zivilisationen in
eine latein-amerikanische Soap-Opera" verwandelt habe. In der
vordersten Linie der Front, unter sporadischem Sniper-Beschuss durch
Taliban, gab sie ihr Mikro "mit buntem Pop-Schutz einem Kämpfer", "nahm
eine Kalaschnikow in die Hand", "deutete pathetisch" Richtung
feindliche Linien und "deklamierte in rasendem Spanisch". Handloik
bemerkt dazu nur: "Ich musste sie einfach lieben". Das muss wohl das
"Fieber des Erlebens" sein.

Das "Kriegstheater" (Clausewitz) ist keine Metapher mehr. Für die
Schalek war es tatsächlich ein Schauspiel, das ihrer eigenen Regie
folgte, in Afghanistan wird es zur "Soap-Opera". Auch hier gibt eine
Journalistin die Bühnenanweisungen:

"Sie sprang herum und verteilte die übermüdeten Mudschahedin in den
Schützengräben, damit sie einen besseren Shot bekam."

Getroffen hat dann nicht nur die Kamera. Volker Handloik beschreibt
sich selbst in seinem letzten Artikel als "verwandelt".

"Ich trug das Nationalkostüm der Afghanen, knielanges Hemd und
Puffhose, und darüber einen bunten usbekischen Kaftan, drunter meine
schwarze Fotoweste, die wahrscheinlich wie ein Armee-Survival-Kit
aussah."

In diesem Aufzug, der ihn aus der Sicht der Taliban, die er als "der
Feind" bezeichnet, selbst in einen Gegner verwandeln musste, wurde er
von einem vorrückenden Schützenpanzer heruntergeschossen. Von einem
Hinterhalt ist die Rede. Handloik liefert in seiner letzten Reportage
ein mögliches Motiv:

"CNN verbreitete (allen Ernstes) das Gerücht, an der Nordfront
würde es einen blonden Mudschahedin geben, der offensichtlich großen
Einfluss habe."

Ist es möglich, dass dieses CNN-Gerücht, das er mit einem gewissen
Stolz auf seine Bedeutung zu erwähnen scheint, dass ihn diese Mär von
"blonden Mudschahedin" getötet hat, nachdem er mit anderen Journalisten
an exponiertem Ort mit Waffen posierte, um dann gemeinsam mit
Kampftruppen weiter vorzurücken? Ist es denkbar, dass hier einige
Reporter, genau wie die Journalisten in den Letzten Tage der
Menschheit, alle Distanz zu ihrem Gegenstand verloren haben, um selbst
als Kombattanten aufzutreten?

Links

Artikel-URL: http://www.telepolis.de/deutsch/special/auf/11123/1.html


Betreff: Re: [km 21.0:] aufregung
Von: J. LANGER <joachim.langer@gmx.net>
An: Niels Boeing <niels.boeing@woche.de>


...ich bin zum einhüten meines patenkindes in hh ab 2.12. dienstag wäre super, da hab ich evtl. "frei".
 
april: da werde ich wohl für ein jahr in rumänien sein. studieren im weiteren sinne, ein film zusammen mit zoran solomun, jüngster empfänger des arte-tv-preises, aber noch nicht klar. hoffentlich die möglichkeit zu schreiben.
 
thema siebenbürgenfilm: schau dirs mal an >>> http://www.jakota.de/apostroph/romania/index.html <http://www.jakota.de/apostroph/romania/index.html>
 
liebe grüsse,
jochen
 
 
 
 

_____________________________________________________________________
 
 Jochen Langer | AIM Technical Support  | phone:   +49 381 6606130
 joachim.langer@gmx.net <mailto:joachim.langer@gmx.net>                 | gsm:     +49 179 4615613
 http://www.aimpress.org <http://www.aimpress.org>                | fax:     +49 179 334615613
 Lange Str 16  | D - 18055 Rostock      | austria: +43 4238 8705
_____________________________________________________________________
 
----- Original Message -----
From: "Niels Boeing" <niels.boeing@woche.de <mailto:niels.boeing@woche.de>>
To: "J. LANGER" <joachim.langer@gmx.net <mailto:joachim.langer@gmx.net>>
Sent: Tuesday, November 20, 2001 3:46 PM
Subject: Antw: [km 21.0:] aufregung

ja, fahre dann am 8. dezember für 3 1/2 wochen weg. nach kambodscha, zum zweiten mal. das hat mich vor zwei jahren so beeindruckt, dass ich noch mal hin muss. meinen kopf lüften. mich fragen, was ich 2002 tun will. nur weiter schuften, so wie in den letzten monaten, so dass meine arbeit für km 21.0 abends stattfindet? als journalist, wenn man nicht gerade reporter ist, wird man echt zum sesselpuper. oder irgendwie dem impuls folgen, der sich seit dem sommer, von genua über den anfang des bombardements bis jetzt zum vergangenen freitag, immer größer aufbaut?

wir wollen übrigens im april ein treffen in rheinsberg machen, zum thema kapitalismus und globalisierung. vielleicht bist du ja im lande und mit von der partie.

in der ersten dezemberwoche wäre es am besten, wir würden uns dienstag oder mittwoch sehen, weil ich ahne, dass sich gegen ende der woche ein berg restarbeit auftürmt.

hier sind noch mal meine telefonnummern:

040-31792747 (zuhause mit AB)
040-30181-375(büro)


Betreff: [km 21.0:] neues auf www.km21.org
Von: Niels Boeing <niels.boeing@woche.de>
An: km21.0-liste <km21@c-base.org>

hallo meine lieben,

abseits der ja wirklich heftigen und spannenden debatte um kriegseinsatz und rot-grün habe ich ein paar neue texte auf die seite gestellt:

1. islam und moderne naturwissenschaft

der französische astrophysiker bruno guiderdoni (43) ist mit 28 jahren zum islam übergetreten. er widerlegt eindrucksvoll das bild eines rückständigen islamischen weltbildes: im gegenteil, astrophysik/kosmologie und islam vertragen sich hervorragend, besser als etwa katholizismus und islam. eine einführung in seine gedanken und argumente findet ihr unter:

http://www.km21.org/holzwege/guiderdoni_1001.htm

für die physiker auf der liste habe ich ein paper von ihm hochgeladen. es ist ein vortrag, den er im oktober in boston gehalten hat (auf englisch):

http://www.km21.org/holzwege/guiderdoni-paper_0901.htm

2. der krieg mit den molchen

ich weiß nicht, wie viele von euch dieses buch von karel capek von 1936 kennen. capek war ein tschechischer schriftsteller, dem wir das wort "roboter" zu verdanken haben. "der krieg mit den molchen" war 1936 ein hellsichtige allegorie auf die kulturlosen nazis, deren drang nach neuem lebensraum durch kein abkommen zu besänftigen war.
interessant ist aber, dass das buch im jahre 2001 angesichts der debatte um biotechnik und die kreation neuer lebewesen ganz neu gelesen werden kann.
ein ausschnitt steht unter:

http://www.km21.org/23rdcentury/krieg_der_molche.htm

3. zwei neue texte in bitland

das world wide web consortium will mit einer tradition brechen, die den siegeszug des web in den 90ern erst möglich gemacht hat: dass die technischen standards des WWW öffentliches gut sind. stattdessen sollen sie künftig patentierbar sein. was das bedeutet, lest ihr in christian ahlerts text unter:

http://www.km21.org/bitland/webstandards_1101.htm

das netz ein hort der kriminellen und terroristen? der attas und bin ladens? mit solchen argumenten fordern strafverfolger ständig neue vollmachten für die schnüffelei im netz. eine studie der grünen belegt, dass das unsinn ist. mehr von stefan krempl unter:

http://www.km21.org/bitland/cybercrime_0901.htm

viel spaß beim lesen,
ciao, niels



Betreff: [km 21.0:] aufregung
Von: J. LANGER <joachim.langer@gmx.net>
An: km21@c-base.org


...lieber niels + alle andern, selten hab ich mich dermassen echauffiert wie anlässlich der abstimmung. nicht, dass es die erts entscheidung im post-89er-bundestag war, d'land kriegstauglich werden zu lassen und eine entsprechend sterbefreudige nationalmoral neu entstehen zu lassen.
 
ich halt mich schon lang an keine dieser dusseligen parteien, komme aber immer wieder in bedrängnis ob eben doch vorhandener ideeller verwandtschaften. so hat mich gerade das verhalten von abgeordeten, die im vergangenen jahr noch voll herzblut die sache der serbischen deserteure von "seobe 99" in budapest unterstützen (u.a. lippelt und lucyga), tief enttäuscht. lippelt ist dabei als furztrockener machtpolitiker krepiert, lucyga wird sich mit kalten mienen in ihrem rostocker unterstützermilieu (bis freitag 11.45 haben wir sie bearbeitet) konfrontiert sehen; sie war, allen informationen zufolge, schlichtweg zu schwach, dem druck zu widerstehen.
 
ich fiebere dem parteitag entgegen und dem von mir -- doch endlich nun einmal bitte eintreten mögenden -- lautstarken aufbegehren wenigstens einer minderheit.
 
apropos: ich werd für einige europäische freie radios da sein. wer kommt noch aus dieser liste? ich bin bereits wieder in town und gebe gerne örtliche und sonstige orientierungshilfen. anrufe jederzeit möglich.
 
ciao, jochen


Betreff: RE: [km 21.0:] USA und Deutschland
Von: Hanssen, Peter <hanssen@bgs.ac.uk>
An: 'km21@c-base.org' <km21@c-base.org>

> -----Original Message-----
> From: Sturm und Drang [mailto:sturmudrang@gmx.net]
> Sent: 20 November 2001 01:11
>
> Selbst die etwas schlaueren Amis hier wundern sich über die Ja-Sager
> Mentalität einer sozialdemokratisch-grünen Bundesregierung und
> National Public Radio versucht das noch auf Dank für die Hilfe der
> Amerikaner im 2. Weltkrieg zurückzuführen, kann sich aber auch nicht
> erklären, was die Bewunderung der Bush Administration von deutscher
> Seite soll.

Das zeigt, dass sie eben noch nicht schlau genug sind... ;)
Erstens hat dies ueberhaupt, rein garnichts mit WKII zu tun und
Bushs Administration wird hier wohl von keinem einzigen als gut
bezeichnet, geschweige denn bewundert!

Im Gegensatz zum Irak-Krieg, sehe ich sogar in einigen Punkten ein
kritischeres Verhaeltnis zum US-Vorgehen. Selbst Grossbritannien
als 51th State hat semi-oeffentlich andere Vorstellungen als Bush.

Mir kommt es eher so vor, dass die Europaer die Bush-Regierung in
die gemaessigtere Richtung biegen...

> Nebenbei eine kleine Info zum Cyclonen-Ministerrat der
> Vereinigten Staaten:
> Entscheidend ist hierbei nicht, wie reich die Herren nun
> wirklich sind,
> sondern dass alle mit Ausnahme Powell (Militär),
> Interessenvertreter der
> Industrie sind und der eine sogar 80 Mill DM bekommen hat,
> damit er den
> Chefsessel der Firma vorzeitig verlässt !!!! und in wieder in
> die Politik geht!
> Dass nur nebenbei zu persönlichen Motivationen der Herren,
> Kriege zu führen
> und welche Interessen sie vertreten!

Der Zusammenhang Oel-SaudiArabien-BinLaden-UniCol ist klar. Bei den
Anderen musst du mir das mal erklaeren:

1) Spielen die Texas-Rangers demnaechst gegen Kabul-Rebels?
2) Stellt "Rumsfeld's Biotech-Konzern" Impfstoffe gegen
biologische Kampfstoffe her???
3) Es gibt kein Bauxite in Afghanistan!
4) Und Powel will nur Krieg damit er demnaechst mehr
Reden halten kann?

Schiesst du da nicht ein wenig ueber die Oel-Conection hinaus?

PETE

> Gasförderung. Ohne Erfolg. Zu Reichtum brachte es Bush junior
> erst, als er
> Anteilseigner und Manager der Baseball-Mannschaft Texas-Rangers wurde.
>
> Präsidenten Henry Ford Verteidigungsminister. Viel Geld hat
> Rumsfeld als
> Chef des amerikanischen Biotech-Konzerns Gilead Sciences
> (1985 bis 2000) verdient.
>
> aus (angeblich 440 Millionen Mark). Kein Wunder: O'Neill war
> vor seinem Amtsantritt als Finanzminister Chef des weltgrößten
> Aluminiumkonzerns Alcoa.
>
> Pro Rede verlangte Powell 133.000 Mark. So soll er allein im
> vergangenen
> Jahr rund 33 Millionen Mark verdient haben. Powell war vor allem wegen
> erfolgreicher Arbeit während des Golfkrieges ein gefragter Mann.


Betreff: [km 21.0:] USA und Deutschland
Von: Sturm und Drang <sturmudrang@gmx.net>
An: km21@c-base.org

Selbst die etwas schlaueren Amis hier wundern sich über die Ja-Sager
Mentalität einer sozialdemokratisch-grünen Bundesregierung und National
Public Radio versucht das noch auf Dank für die Hilfe der Amerikaner im 2.
Weltkrieg zurückzuführen, kann sich aber auch nicht erklären, was die
Bewunderung der Bush Administration von deutscher Seite soll.

Nebenbei eine kleine Info zum Cyclonen-Ministerrat der Vereinigten Staaten:
Entscheidend ist hierbei nicht, wie reich die Herren nun wirklich sind,
sondern dass alle mit Ausnahme Powell (Militär), Interessenvertreter der
Industrie sind und der eine sogar 80 Mill DM bekommen hat, damit er den
Chefsessel der Firma vorzeitig verlässt !!!! und in wieder in die Politik
geht!
Dass nur nebenbei zu persönlichen Motivationen der Herren, Kriege zu führen
und welche Interessen sie vertreten!

Justin

Präsident George W. Bush ist nicht nur Sohn reicher und berühmter Eltern,
er selbst gilt auch als wohlhabend. Sein privates Vermögen wird auf immerhin
rund 31 Millionen Mark geschätzt.
In den 70-er Jahren gründete Bush in Texas eine Gesellschaft zur Erdöl- und
Gasförderung. Ohne Erfolg. Zu Reichtum brachte es Bush junior erst, als er
Anteilseigner und Manager der Baseball-Mannschaft Texas-Rangers wurde.


Verteidigungsminister Donald Rumsfeld ist einer der reichsten Männer im
Kabinett Bush. Offiziell besitzt er 135 Millionen Mark. Allerdings soll er
noch viel reicher sein, als er zugibt. Die Schätzungen reichen bis zu 442
Millionen Mark.
"Haudegen" Rumsfeld war bereits vor 25 Jahren unter dem damaligen
Präsidenten Henry Ford Verteidigungsminister. Viel Geld hat Rumsfeld als
Chef des amerikanischen Biotech-Konzerns Gilead Sciences (1985 bis 2000)
verdient.

Als George W. Bush senior 1992 abgewählt wurde, war Richard Cheney seinen
Verteidigungsminister-Job los. Kein Problem. Als Manager einer Ölfirma in
Texas scheffelte der heutige Vizepräsident Millionen.
Mit dem Einzug von George W. Bush junior ins Weiße Haus kehrte Cheney in die
Politik zurück. Seine Öl-Firma versüßte ihm den Abschied mit einer
Rekordabfindung von fast 80 Millionen Mark - dagegen ist sein jetziges
Gehalt ein Hungerlohn.

Locker auf sein Gehalt verzichten könnte Finanzminister Paul O'Neill. Sein
Vermögen ist ungefähr genauso hoch wie das von Pentagon-Chef Donald
Rumsfeld. Eingestanden hat O'Neill, etwa 140 Millionen Mark zu besitzen.
Auch bei O'Neill gehen Insider allerdings von einem weitaus höheren Vermögen
aus (angeblich 440 Millionen Mark). Kein Wunder: O'Neill war vor seinem
Amtsantritt als Finanzminister Chef des weltgrößten Aluminiumkonzerns Alcoa.

Ex-General und Golfkriegs-Veteran Colin Powell ist der reichste
Außenminister der Welt. Sein Vermögen summiert sich auf mindestens 41
Millionen Mark. Vor allem als Redner hat sich Powell eine goldene Nase
verdient.
Pro Rede verlangte Powell 133.000 Mark. So soll er allein im vergangenen
Jahr rund 33 Millionen Mark verdient haben. Powell war vor allem wegen
erfolgreicher Arbeit während des Golfkrieges ein gefragter Mann.

-----Original Message-----
From: owner-km21@c-base.org [mailto:owner-km21@c-base.org]On Behalf Of Niels
Boeing
Sent: Monday, November 19, 2001 2:29 AM
To: km21@c-base.org
Subject: [km 21.0:] Antw: [km 21.0:] Re: [km 21.0:] Grüner Machterhalt

Am Montag, 19. November 2001 schrieb christian fueller <cif@taz.de>:
>niels, bitte,
>
>keine kuenstliche aufregung. du pumpst dich hier seit tagen auf wie ein
>hb-maennchen. dass im bundestag ganz allgemein der begriff des vetrauens
>miszbraucht wurde, ist nicht schoen, aber es ist so. wieso regst du dich
>eigentlich nciht ueber die unionisten auf, die die ganze zeit sagen:
kanzler,
>wie vertrauen deinen kriegsvorbereitungen - und wenn er sie in die
>vertrauensfrage zwingt, dann splitten sie ihre stimmen. und die woche (und
die
>taz) schreiben´s nicht.

hb-männchen, sehr schön. aufpumpen. oho. warum ich mich über die union und
die fdp nicht aufrege, liegt nur daran, dass ich von denen ohnehin nichts
mehr erwarte.

es ist ja schon hochinteressant, dass der ärger über das ganze procedere als
lächerlich empfunden wird. es lebe die realpolitik. wahrscheinlich bin ich
immer noch einer von diesen schwachsinnigen idealisten, auch gerne
gutmenschen genannt.

im ernst: ich rege mich wirklich auf. warum ist das so schwer zu verstehen?
durch patriks kommentar in der taz von heute fühle ich mich immerhin ein
wenig bestätigt. offensichtlich ist die taz noch nicht komplett von der
realpolitik ergriffen.

hier sind ja noch ein paar mehr leute auf der liste: was meint ihr denn
dazu? regt sich außer mir und justin tatsächlich keiner auf?

würde mich interessieren.

ciao, euer niels


Betreff: [km 21.0:] Gruener Machterhalt
Von: Knut Stahrenberg <knut@gift.physik.TU-Berlin.DE>
An: km21@c-base.org

Hallo,

ich rege mich auf, klar.
Die Verknuepfung der Frage zum Bundeswehr-Einsatz mit der
Vertrauenensfrage halte ich fuer eine Erpressung die weit ueber die
uebliche Fraktionsdisziplin hinausgeht.
Auf der anderen Seite hat Matthi unbedingt recht wenn er meint Politik sei
Kunst des Kompromisses. Aber, tut mir leid, ich erkenne die gruene
Handschrift in der Regierungspolitik nicht so schnell. Das angesprochene
Naturschutzgesetz, ok. Bin mir nicht sicher, ob soetwas nicht auch unter
der Union gelingen koennte. Was gibt es noch? Atomausstieg in 10 Jahren,
Schlily Sicherheitspaket I (Gott oder sonstwer moege uns vor seinem Teil
II behueten) oder so schoene Sachen, wie der Reduzierung der
Schwankungsreserve der Rentenversicherung, um diese zu entlasten.
Letzteres erinnert doch schon an die vielzitierten Tricksereinen a la
Waigel.

Habe mich gerade durch einige Bytes km21 gewuehlt und einiges nur
quergelesen:
Die Taliban und Stoiber sind keine Faschisten und die PDS ist nicht
waehlbar.

Knut


Betreff: [km 21.0:] Re: [km 21.0:] Antw: [km 21.0:] Re: [km 21.0:]
Grüner Machterhalt
Von: Christian Wolf <christianwolf@wtal.de>
An: km21@c-base.org

Niels Boeing schrieb:
> es ist ja schon hochinteressant, dass der ärger über das ganze procedere
als lächerlich empfunden wird. es lebe die realpolitik. wahrscheinlich bin
ich immer noch einer von diesen schwachsinnigen idealisten, auch gerne
gutmenschen genannt.

in diesem sinne möchte ich mich dann auch als "schwachsinnigen idealisten"
outen.

> im ernst: ich rege mich wirklich auf. warum ist das so schwer zu
verstehen? durch patriks kommentar in der taz von heute fühle ich mich
immerhin ein wenig bestätigt. offensichtlich ist die taz noch nicht komplett
von der realpolitik ergriffen.
>
> hier sind ja noch ein paar mehr leute auf der liste: was meint ihr denn
dazu? regt sich außer mir und justin tatsächlich keiner auf?
>

mit der politik ist es wohl wie mit beziehung. je länger man in ihr steckt,
desto desillusionierter und pragmatischer wird man. WENN MAN ES ZU LÄSST!
denn dann hat man aufgehört, ideale anzustreben. aus reiner bequemlichkeit.
aber das ist wohl auch gesellschaftstrend.
warum soll ich mich nicht aufregen? warum soll ich mich mit realpolitik
anfreunden? warum soll ich mich überhaupt mit irgendwas abfinden? entweder
ich bin dafür oder dagegen. beteiligung am krieg ist keine frage von
pragmatismus, sondern fundamentale einstellungssache. die grauzone ist
bequeme aufgabe. aber wer hat heute schon noch eine klare meinung samt
begründung; eine "echte einstellung", für die man einsteht, mit allen
konsequenzen.
ich kann das verhalten der einzelnen grünen nicht verurteilen, denn ich
kenne ihre perönlichen motive nicht. aber auf theoretischer ebene kann ich
ein urteil über das politikgeschehen insgesamt fällen, und das lautet:
mit demokratie und parlamentarismus hat das kaum mehr zu tun.
diese begriffe stehen für idealbilder! nicht für einen in der realität
praktizierten zustand.
mein vertrauen in diese institutionen schwindet und mir ist angst und bange
beim gedanken daran, wo das hinführen kann.

gruß, christian


Betreff: [km 21.0:] Grüner Machterhalt
Von: Matthias Urbach <urbach@taz.de>
An: km21@c-base.org

Niels Boeing schrieb:

> sehr interessant (siehe unten). gelost wurde also nicht. wie sie das unter sich aufgeteilt haben, sagt lemke aber nicht. ist auch egal, es ist ein kuhhandel mit der macht.
>
> dann nehme ich meine hochachtung vor den vier grünen nein-stimmern gerne zurück. damit habe ich kein problem. hoffen wir, dass die grüne basis noch etwas druck macht... wohl vergeblich.
>
> ciao, nbo

Lieber Niels,

Du verkennst die politische Lage total. Es ist komplett egal, wie acht Grüne zum Afghanistan-Einsatz abstimmen. Der hat mindestens eine dreiviertel Mehrheit im Bundestag.

Bleibt die Frage, ob es sich lohnt, für einen rein symbolischen Akt eine Koalition aufzugeben, die deutlich mehr als nur symbolische Änderungen für das Land gebracht hat.

Sylvia Voß, eine der "Abweichlerinnen", hat zum Beispiel am Donnerstag das novellierte Bundesnaturschutz-Gesetz durchgebracht. Dafür hat sie zwei Jahre gekämpft. Da überlegt man sich schon
mal, ob man das für einen symbolischen Akt des Protestes wieder aufgeben will. (Denn um die Novelle endgültig durchzubringen wird aufgrund der zu erwartenden Ablehnung des Bundesrates eine
weitere Abstimmung im Bundestag nötig sein.)
Auch die Atomnovelle ist nicht durch. Das Zuwanderungsgesetz ebenfalls nicht. Und so hat fast jeder Grüne einen Punkt, der ihm sehr wichtig ist - und den er noch umgesetzt sehen möchte.

Das gehört auch in eine Gewissensentscheidung.

Politik ist die Kunst des Kompromisses - nicht des Rechthabens.

Zudem herrscht bei den Grünen die Meinung vor, dass sie Neuwahlen derzeit nicht durchstehen würden.
Das wäre ja auch kein Wunder: Schließlich geht es hier nur um eine kleine Minderheit der Bundestagsfraktion, die gegen diesen Einsatz ist.

Jene Minderheit war widerum so solidarisch mit ihren Fraktionskollegen sowie der Partei, dass ihr klar war, dass sie moralisch kein Recht hatte, die Koalition unter den oben beschriebenen
Umständen an dieser Frage platzen zu lassen.

Grüße
Matthias

PS Der "Kuhhandel der Macht", wie Du ihn beschreibst, war eine Abwägung unter den acht Beteiligten, wer sich am weitesten aus dem Fenster gehängt, bzw. wer am wenigsten in der Lage war,
zuzustimmen.
Es ist ja selten so, dass jemand in so einer Frage 100prozentig entschieden wäre (das geht nur aus der Distanz!). Also haben diejenigen, die am stärksten am Nein zweifelten, sich auf das
Ja festlegen lassen.
Leider waren es dann immer noch fünf, die partout mit "Nein" stimmen wollten. Steffi Lemke ließ sich als letzte umstimmen. Die Entscheidung viel eineinhalb Stunden vor der
Bundestagsdebatte am Freitag morgen.

-----------------------------------
Matthias Urbach
Parlamentskorrespondent
taz, die tageszeitung
Schiffbauerdamm 40, Zi. 1405, 10117 Berlin
tel: +49 30 226 20 -523, fax: -525
email: urbach@taz.de



Betreff: [km 21.0:] RE: [km 21.0:] Antw: [km 21.0:
] Re: [km 21.0:] Grüner Machterhalt
Von: Hanssen, Peter <hanssen@bgs.ac.uk>
An: 'km21@c-base.org' <km21@c-base.org>

> hier sind ja noch ein paar mehr leute auf der liste: was
> meint ihr denn dazu? regt sich außer mir und justin
> tatsächlich keiner auf?

Moin, moin,

die Tatsache der - mmm... wie heisst das nochmal auf Deutsch... -
Vertrauens-Erpressung & Fraktions-Disziplin ist'n alter Hut, der
erstens mich nicht mehr aufregt und zweitens sogar von Waehlern
einer der Gruende ist, eine bestimmte Partei zu waehlen... ja so
weit ist es gekommen.

Was mich eher beunruhigt, ist die Verknuepfung dieser Zwangsmassname
mit einer militaerischen Entscheidung. Bislang wurde doch in solchen
Faellen immer die Fraktionsdisziplin aufgehoben und eine persoenliche
Entscheidung der Abgeordneten 'zugelassen'.

Waere diese Vertrauens-Erpressung im Zusammenhang z.B. der Etatentscheidung
gefallen, haette sich niemand darueber aufgeregt.

Nunmal zurueck, worum es ueberhaupt geht...

Ist es nicht hoechste Zeit, dass sich die UNO trifft und ueber die
Zukunft Afghanistans diskutiert! Warum passiert hier nichts? Brauchen
wir unabhaengige Polizisten/Soldaten in Afghanistan? Wie sieht's mit
Frauenrechten nach den Taliban aus? Soll D'Land mit den Entscheidungen
Mitziehen? Sollen wir deutsche Truppen ausserhalb Europas zulassen oder
ist das nach dem Balkan-Fall sowieso laengst ueberholt?

PETE
--
Peter_Hanssen@writeme.com http://i.am/pete
BGS, West Mains Road, Edinburgh, EH9 3LA, UK
w:+44-(0)131-6500338 f:+44-(0)131-6671877


Betreff: Re: [km 21.0:] Antw: [km 21.0:] Re: [km 21.0:] Grüner Machterhalt
Von: fcbui@snafu.de
An: km21@c-base.org

Hi,

es ist mitnichten so, daß sich nur Niels und Justin aufregen. Für mich ist das
Ganze auch noch sehr bitter, da ich den Grünen, auch was Gremienarbeit
zum Beispiel anging, mitunter sehr nahe stand und ihnen noch lange die Stange
gehalten habe, trotz der wirklich beschissenen Regierungsarbeit, die sie immer
wieder hingelegt haben.
Mattis Info waren mir in dieser Deutlichkeit auch nicht bekannt, welchen Wert
dieses Vorgehen jedoch wirklich hat, muß sich erst weisen. Ich habe gehörige
Zweifel, daß in Rostock die Partei die Chance ergreift und aus der Regierung
aussteigt. Nicht nur realpolitische Erwägungen werden sie davon abhalten,
sondern auch machtpolitische. Ich zitiere bloß "Jetzt werden wir auch mehr
Gelder für grüne Projekte kriegen" (sic!). Außerdem war es zuletzt, zumindest
in der öffentlichen Darstellung so, daß auch bei den Grünen die Basis sich
einer übergeordneten Parteiräson fügen mußte. Und warum sollte es in dieser
Partei nicht die gleiche Klüngelei geben wie andernorts auch.
Wenn die Grünen nicht bald auf den Trichter kommen, daß sie auch in der
Opposition (und vielleicht gerade da) vernünftige Politik machen können, und
nicht aus dieser Regierung aussteigen, sind sie für mich auf lange Sicht nicht
mehr wählbar. Zumindest Niels wird einschätzen könne, was das für mich
bedeutet.
Was die CDU und die FDP angeht, da fällt mir nix mehr zu ein, nicht nur, weil
ich bei denen nichts anderes erwarte.

Gruß

Franz
> Am Montag, 19. November 2001 schrieb christian fueller <cif@taz.de>:
> >niels, bitte,
> >
> >keine kuenstliche aufregung. du pumpst dich hier seit tagen auf wie ein
> >hb-maennchen. dass im bundestag ganz allgemein der begriff des vetrauens
> >miszbraucht wurde, ist nicht schoen, aber es ist so. wieso regst du dich
> >eigentlich nciht ueber die unionisten auf, die die ganze zeit sagen:
kan> zler,
> >wie vertrauen deinen kriegsvorbereitungen - und wenn er sie in die
> >vertrauensfrage zwingt, dann splitten sie ihre stimmen. und die woche
(u> nd die
> >taz) schreiben´s nicht.
>
> hb-männchen, sehr schön. aufpumpen. oho. warum ich mich über die
un> ion und die fdp nicht aufrege, liegt nur daran, dass ich von denen
ohnehi> n nichts mehr erwarte.
>
> es ist ja schon hochinteressant, dass der ärger über das ganze
proced> ere als lächerlich empfunden wird. es lebe die realpolitik.
wahrscheinl> ich bin ich immer noch einer von diesen schwachsinnigen
idealisten, auch
> gerne gutmenschen genannt.
>
> im ernst: ich rege mich wirklich auf. warum ist das so schwer zu
verstehe> n? durch patriks kommentar in der taz von heute fühle ich mich
immerhin> ein wenig bestätigt. offensichtlich ist die taz noch nicht komplett
vo> n der realpolitik ergriffen.
>
> hier sind ja noch ein paar mehr leute auf der liste: was meint ihr denn
d> azu? regt sich außer mir und justin tatsächlich keiner auf?
>
> würde mich interessieren.
>
> ciao, euer niels


Betreff: [km 21.0:] Antw: [km 21.0:] Re: [km 21.0:] Grüner Machterhalt
Von: Niels Boeing <niels.boeing@woche.de>
An: km21@c-base.org

Am Montag, 19. November 2001 schrieb christian fueller <cif@taz.de>:
>niels, bitte,
>
>keine kuenstliche aufregung. du pumpst dich hier seit tagen auf wie ein
>hb-maennchen. dass im bundestag ganz allgemein der begriff des vetrauens
>miszbraucht wurde, ist nicht schoen, aber es ist so. wieso regst du dich
>eigentlich nciht ueber die unionisten auf, die die ganze zeit sagen: kanzler,
>wie vertrauen deinen kriegsvorbereitungen - und wenn er sie in die
>vertrauensfrage zwingt, dann splitten sie ihre stimmen. und die woche (und die
>taz) schreiben´s nicht.

hb-männchen, sehr schön. aufpumpen. oho. warum ich mich über die union und die fdp nicht aufrege, liegt nur daran, dass ich von denen ohnehin nichts mehr erwarte.

es ist ja schon hochinteressant, dass der ärger über das ganze procedere als lächerlich empfunden wird. es lebe die realpolitik. wahrscheinlich bin ich immer noch einer von diesen schwachsinnigen idealisten, auch gerne gutmenschen genannt.

im ernst: ich rege mich wirklich auf. warum ist das so schwer zu verstehen? durch patriks kommentar in der taz von heute fühle ich mich immerhin ein wenig bestätigt. offensichtlich ist die taz noch nicht komplett von der realpolitik ergriffen.

hier sind ja noch ein paar mehr leute auf der liste: was meint ihr denn dazu? regt sich außer mir und justin tatsächlich keiner auf?

würde mich interessieren.

ciao, euer niels



Betreff: [km 21.0:] Antw: [km 21.0:] Re: Grüner Machterhalt
Von: Niels Boeing <niels.boeing@woche.de>
An: km21@c-base.org

sehr interessant (siehe unten). gelost wurde also nicht. wie sie das unter sich aufgeteilt haben, sagt lemke aber nicht. ist auch egal, es ist ein kuhhandel mit der macht.

dann nehme ich meine hochachtung vor den vier grünen nein-stimmern gerne zurück. damit habe ich kein problem. hoffen wir, dass die grüne basis noch etwas druck macht... wohl vergeblich.

ciao, nbo

wer keine lust hat, den sermon komplett zu lesen, hier ist die passage aus der rede von steffi lemke, die matthias meint:

> Die
>acht Unterzeichner des Positi-onspapiers
> zu dem Krieg in Afghanistan, das vergangenen Sonntag in der
>"FAZ" veröffentlicht wurde, haben
> gemeinsam eine Entscheidung getroffen, wie sie mit der
>Machtfrage, der Vertrauensfrage, die heute im
> Parlament gestellt wird, umgehen. Wir haben entschieden, bei
>der heutigen Abstim-mung eine zahlenmäßige
> Halbierung der Stimmenanzahl vorzunehmen, um die Vertrauensfrage des Bundeskanzlers mit Ja
> beantworten zu können.
> Wir beantworten eine Machtfrage strategisch, indem wir Ja zum
>Fortbestand der Koalition und Nein zur
> Legitimation des Bundeswehrmandats sagen.
> Die Beurteilung des Krieges in Afghanistan bleibt davon unberührt.
> Das bisher zur Abstimmung stehende Bundeswehrmandat ist
>vermutlich von seinem ur-sprünglichen Ziel her
> überholt. Es spräche deshalb manches dafür, es als humani-täres, quasi-polizeiliches Mandat
> umzuformulieren. Wir gehen davon aus, dass dieses Mandat nicht
>militärisch, sondern zivil gedeutet wird.
> Das entspricht dem Willen nicht nur vieler Abgeordneter,
>sondern auch der großen Mehrheit der
> Bevölkerung.
> Nun komme ich zu zwei Fragen, die im Parlament gestellt worden
>sind: Erstens wurde gefragt, ob die grünen
> Abgeordneten für dieses Abstimmungsverhal-ten eine
>Losentscheidung getroffen haben. Ich sage Ihnen,
> dass ich mit mei-nem Mandat so verantwortlich, dass ein
>solches Verfahren nicht gewählt worden ist. Es ist
> eine strategische Entscheidung, die wir gemeinsam, ohne ein
>solches Verfahren, getroffen haben.



Betreff: Re: [km 21.0:] Re: [km 21.0:] Grüner Machterhalt
Von: christian fueller <cif@taz.de>
An: km21@c-base.org

niels, bitte,

keine kuenstliche aufregung. du pumpst dich hier seit tagen auf wie ein
hb-maennchen. dass im bundestag ganz allgemein der begriff des vetrauens
miszbraucht wurde, ist nicht schoen, aber es ist so. wieso regst du dich
eigentlich nciht ueber die unionisten auf, die die ganze zeit sagen: kanzler,
wie vertrauen deinen kriegsvorbereitungen - und wenn er sie in die
vertrauensfrage zwingt, dann splitten sie ihre stimmen. und die woche (und die
taz) schreiben´s nicht.

und zur sache: lies doch heute mal olle erhard eppler. vielleicht kann dir diese
lektuere bisschen coolness zurueckgeben.

ciaociao

cif

"km 21.0" wrote:

> Matthias schrieb:
>
> Sylvia Voß, Irmingard Schewe-Gerigk, Monika Knoche und Steffi Lemke
> haben die undankbare Rolle übernommen, mit ihrem Ja die Koalition zu
> sichern. Und die anderen vier die Aufgabe, das (nur noch)
> symbolische Nein auszudrücken.
>
> In diesem Sinne verdienen die vier erwähnten Grünen Deine
> Hochachtung überhaupt nicht.
>
> da bin ich wohl verarscht worden. interessant. da müsste man ströbele und co
> ja gleich mal fragen, ob sie das auch öffentlich bestätigen. nach deinen
> worten ist also alles die gleiche parteiräson, das nein der einen vier und
> das ja der anderen vier. das macht alles noch schlimmer. grün wählen ist für
> mich damit gestorben. scheisse, das alles.
>
> nbo


Betreff: [km 21.0:] Re: Grüner Machterhalt
Von: Matthias Urbach <urbach@taz.de>
An: km21@c-base.org

"km 21.0" schrieb:
  Matthias schrieb:
  Sylvia Voß, Irmingard Schewe-Gerigk, Monika Knoche und Steffi Lemke
  haben die undankbare Rolle übernommen, mit ihrem Ja die Koalition zu
  sichern. Und die anderen vier die Aufgabe, das (nur noch)
  symbolische Nein auszudrücken.
  In diesem Sinne verdienen die vier erwähnten Grünen Deine
  Hochachtung überhaupt nicht.
da bin ich wohl verarscht worden. interessant. da müsste man ströbele und co
ja gleich mal fragen, ob sie das auch öffentlich bestätigen. nach deinen
worten ist also alles die gleiche parteiräson, das nein der einen vier und
das ja der anderen vier. das macht alles noch schlimmer. grün wählen ist für
mich damit gestorben. scheisse, das alles.
 
Natürlich ist das öffentlich - Steffi Lemke hat das in ihrer Rede auch gesagt. Hier der Wortlaut:
 
Redebeitrag der Bundestagsabgeordneten Steffi Lemke am 16.11.2001 zum Antrag der
Bundesregierung zum Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte zur Unterstützung der
gemeinsamen Reaktion auf terroristische Angriffe gegen die USA in Verbindung mit der
Vertrauensfrage nach Artikel 68 GG:
"Werte Kolleginnen und Kollegen! Zwei sehr grundsätzliche und
 weit reichende Fragen stehen heute im Deutschen Bundestag zur Entscheidung an. Es geht um den
 Fortbestand einer Regierungskoalition und um die Entsendung der Bundeswehr - out of area - zur
 Beteiligung am Krieg gegen Terrorismus. Ich halte die Verknüpfung dieser beiden Fragen zwar für zulässig, sie
 ist aber aus meiner Sicht nicht zielführend.
 Sie erzwingt die Zustimmung von Abgeordneten, die Einwände in der Sachfrage haben, und nimmt dem
 Parlament die Freiheit, unabhängig von der Sache über das Mandat zu entscheiden. Eine getrennte
 Abstimmung hätte die positive Beantwortung der Vertrauensfrage und somit die Aussprache des Vertrauens
 durch alle 47 Abgeordneten der grünen Bundestagsfraktion - also einstimmig - ermöglicht.
 Für eine Gruppe von Abgeordneten in meiner Fraktion stelle ich fest, dass der Dissens in der Sache
 bestehen bleibt.
 Der Krieg in Afghanistan dient unserer Ansicht nach nicht der zielgerichteten Bekämpfung der Terroristen
 des 11. Septembers. Dem internationalen Terro-rismus kann nicht mit Streubomben unter Inkaufnahme von
 toten Zivilisten und der Zerstörung von Einrichtungen des Internationalen Roten Kreuzes begegnet werden.
 Ich gehe davon aus, dass alle Abgeordneten dieses Hauses den von mir eben geschilderten Faktoren kritisch
 gegenüberstehen.
 Der Krieg in Afghanistan mag manche der militärischen Ziele erreicht haben. Durch die Siege der Nordallianz
 ist er politisch aber nicht sinnvoller geworden. Noch immer fehlt dem Krieg ein realistisches Konzept und es
 fehlt eine trag-fähige politische Lösung für die Zeit nach den Taliban. Es gilt, erst mühsam die
 Voraussetzungen dafür zu schaffen. Genau das konnte und kann der Krieg nicht. Er droht, die ethnische
 Spaltung des Landes noch zu vertiefen.
 Wir lehnen diesen Krieg und die Beteiligung der Bundeswehr nicht allein deshalb ab, weil er aus unserer Sicht
 falsch ist, sondern auch, weil er einen weiteren entscheidenden Schritt zur Enttabuisierung militärischer
 Mittel darstellt.
 Sicherlich freuen sich alle Abgeordneten dieses Hauses über die Bilder aus Afghanistan, die uns in den letzten
 Tagen erreicht haben, über die Frauen und Männer, die ihrer Befreiung entgegensehen und sich einem
 anderen Leben zuwenden können. Ich beharre aber darauf: Gerade wenn nach dem 11. September eine
 veränderte Situation in der weltpolitischen Sicherheitslage eingetreten ist - dies ist hier überein-stimmend
 festgestellt worden -, muss Klarheit über die Art und Weise der Kriegsführung sowie über strategische und
 politische Ziele der Kriegsführung bestehen. Dies ist davon zu trennen, dass in Afghanistan seit Jahren ein
 grausames Regime herrscht.
 Wir sehen die Aufgabe Europas in diesem Prozess darin, gemeinsam mit den Vereinigten Staaten von
 Amerika eine zielgerichtete Antwort bei der Bekämpfung des internationalen Terrorismus zu finden, die wir
 bisher bei dem Krieg in Afghanistan nicht erkennen können. Die acht Unterzeichner des Positi-onspapiers
 zu dem Krieg in Afghanistan, das vergangenen Sonntag in der "FAZ" veröffentlicht wurde, haben
 gemeinsam eine Entscheidung getroffen, wie sie mit der Machtfrage, der Vertrauensfrage, die heute im
 Parlament gestellt wird, umgehen. Wir haben entschieden, bei der heutigen Abstim-mung eine zahlenmäßige
 Halbierung der Stimmenanzahl vorzunehmen, um die Vertrauensfrage des Bundeskanzlers mit Ja
 beantworten zu können.
 Wir beantworten eine Machtfrage strategisch, indem wir Ja zum Fortbestand der Koalition und Nein zur
 Legitimation des Bundeswehrmandats sagen.
 Die Beurteilung des Krieges in Afghanistan bleibt davon unberührt.
 Das bisher zur Abstimmung stehende Bundeswehrmandat ist vermutlich von seinem ur-sprünglichen Ziel her
 überholt. Es spräche deshalb manches dafür, es als humani-täres, quasi-polizeiliches Mandat
 umzuformulieren. Wir gehen davon aus, dass dieses Mandat nicht militärisch, sondern zivil gedeutet wird.
 Das entspricht dem Willen nicht nur vieler Abgeordneter, sondern auch der großen Mehrheit der
 Bevölkerung.
 Nun komme ich zu zwei Fragen, die im Parlament gestellt worden sind: Erstens wurde gefragt, ob die grünen
 Abgeordneten für dieses Abstimmungsverhal-ten eine Losentscheidung getroffen haben. Ich sage Ihnen,
 dass ich mit mei-nem Mandat so verantwortlich, dass ein solches Verfahren nicht gewählt worden ist. Es ist
 eine strategische Entscheidung, die wir gemeinsam, ohne ein solches Verfahren, getroffen haben.
 Ich komme zu der zweiten Frage: Ich wende mich in diesem Zusammenhang an die Kollegen Gysi und Claus;
 vielleicht kann man das auch gemeinsam mit Herrn Merz und Herrn Glos besprechen, die heute ähnlich
 er-bärmliche Vorstellungen über die Frage, wie man mit der Bevölkerung über die Situation diskutieren sollte,
 abgeliefert haben. Sie haben die Frage nach dem Rückgrat gestellt. Ich muss Ihnen sagen, Herr Gysi und
 Herr Claus, über die Rückgratfrage diskutiere ich nicht mit Leuten wie Ihnen. Sie sind dafür verant-wortlich,
 dass ich als junger Mensch in der Schule nicht darüber diskutieren konnte, was im Krieg zwischen der
 Sowjetunion und Afghanistan passiert.
 Die rot-grüne Bundesregierung ist dafür verantwortlich, der Bevölkerung und dem Parlament eine
 Diskussion über diese Fragen ermöglicht zu haben. Das unterscheidet uns grundlegend von Ihnen.
 An die andere Seite der Opposition gewandt, die in der Sachfrage eigentlich zustimmen möchte, aber
 offen-sichtlich strategisch entschieden hat, in der Machtfrage mit Nein zu stimmen, sage ich: Ich finde es
 verantwortungslos, wie Sie mit der Frage, was in Afghanis-tan passiert und wie und mit welchen Zielen dort
 Krieg geführt wird, umgehen. Sie haben hier bedingungslosen Gehorsam signalisiert.
 Ich sage Ihnen, dass Bündnissolidarität gegenüber den Vereinigten Staaten keinen bedingungslosen
 Gehorsam beinhalten kann, sondern einen verantwortlichen Umgang mit der Frage erfordert, was zu einer
 zielgerichteten Bekämpfung des internationalen Terrorismus notwendig ist und was nicht.
 Ich danke Ihnen. "
 

Matthias Urbach
Parlamentskorrespondent
taz, die tageszeitung
Schiffbauerdamm 40, Zi. 1405, 10117 Berlin
tel: +49 30 226 20 -523, fax: -525
email: urbach@taz.de
 


Betreff: [km 21.0:] Grüner Machterhalt
Von: Matthias Urbach <urbach@taz.de>
An: km21@c-base.org

Niels Boeing schrieb:
>
> es ist unglaublich:
> da wird einer der wichtigsten politischen entscheidungen der nachkriegszeit einfach die machtfrage übergestülpt, und die grünen verweigern sich dieser erpressung nicht - aus purer machterhaltung.
>

Man kann von der grünen Fraktion halten, was man will. Aber es war nicht
so lieber Niels, wie Du es siehst.

Ich war die Tage im Reichstag (bei allen Fraktionssitzungen), habe mit
den meisten Beteiligten gesprochen und kann Dir sagen:

Die meisten grünen Fraktionäre haben es nicht als Erpressung gesehen.
Die klare Mehrheit der Grünen war und ist FÜR diesen Einsatz - aus
Überzeugung.

Nur acht waren definitv dagegen und weitere sechs bis sieben am
Schwanken. Und mit den Präzisierungen schließlich auch dafür. (Bis auf
Gerald Haefner, der in einer persönlichen Erklärung die Ablehnung des
Einsatzes zum Ausdruck brachte, wie 15 weitere Abgeordnete der SPD.)

Den acht, die sich als Gruppe verstanden und weiter dagegen waren, war
klar, dass es zu dem Einsatz kommen würde - egal wie sie abstimmen. Denn
eine über achtzigprozentige Mehrheit im Bundestag war eh dafür.

Nun ging es um die Frage, ob es sich lohnt, die Koalition platzen zu
lassen, um am Ende die Soldaten doch loszuschicken. In einer weiteren
Abstimmung.
Die Antwort lautete für die Gruppe: Nein.

Die Acht hatten weiter das Gefühl, dass sie nicht das recht hätten,
wegen ihrer Ablehnung in dieser Frage gleich die ganze Koaltion platzen
zu lassen. Dazu wäre ihrer Meinung nach das Votum eines Parteitages der
Grünen nötig. (Diese Frage wird kommendes Wochenende in Rostock den
Grünen Parteitag den auch beschäftigen. Es sieht nicht nach einem Ende
der Koalition aus, weil sich fast alle Landesverbände in der vergangenen
Woche dafür aussprachen, die Koalition fortzuführen.)

Deshalb haben sich die Acht entschieden, dass nur die Hälfte von ihnen
mit Nein stimmt.

Sylvia Voß, Irmingard Schewe-Gerigk, Monika Knoche und Steffi Lemke
haben die undankbare Rolle übernommen, mit ihrem Ja die Koalition zu
sichern. Und die anderen vier die Aufgabe, das (nur noch) symbolische
Nein auszudrücken.

>
> aber hochachtung vor christa lörcher, die aus der spd-fraktion austrat und lieber ihre polit-laufbahn ruinierte, als da mitzumachen, und vor hans-christian ströbele, winfried hermann, christian simmert und annelie buntenbach von den grünen.
>

In diesem Sinne verdienen die vier erwähnten Grünen Deine Hochachtung
überhaupt nicht.

Mit besten Grüßen
Matthias


Betreff: RE: [km 21.0:] schwarzer tag des parlamentarismus
Von: Sturm und Drang <sturmudrang@gmx.net>
An: km21@c-base.org

Ist christa lörcher wirklich die einzige?

Justin (aus Amiland)

-----Original Message-----
From: owner-km21@c-base.org [mailto:owner-km21@c-base.org]On Behalf Of Niels
Boeing
Sent: Friday, November 16, 2001 10:32 AM
To: km21@c-base.org
Subject: [km 21.0:] schwarzer tag des parlamentarismus

es ist unglaublich:
da wird einer der wichtigsten politischen entscheidungen der nachkriegszeit
einfach die machtfrage übergestülpt, und die grünen verweigern sich dieser
erpressung nicht - aus purer machterhaltung.

das muss man sich mal klarmachen, was heute stattgefunden hat. eine
"friedenspartei" segnet einen kriegseinsatz irgendwo auf dem globus ab, der
nicht von der verfassung gedeckt ist, da kein (blauhelm-)UN-einsatz, nur um
an der regierung bleiben zu können.
dieser schwarze tag des deutschen parlamentarismus wird nur noch übertroffen
durch das einknicken der spd 1914 bei der bewilligung der kriegskredite und
das ermächtigungsgesetz von 1933.

herr im himmel, wirf eine partei herab - oder was soll ich jetzt wählen?
protest, gar nicht, doch endlich pds, attac? ich bin fassungslos.

aber hochachtung vor christa lörcher, die aus der spd-fraktion austrat und
lieber ihre polit-laufbahn ruinierte, als da mitzumachen, und vor
hans-christian ströbele, winfried hermann, christian simmert und annelie
buntenbach von den grünen.

euer niels


Betreff: [km 21.0:] Ihr Austritt
Von: Justin Leonard Stauber <justin@sturmunddrang.net>
An: christa.loercher@wk.bundestag.de
Kopie: km21@c-base.org

Liebe Christa Lörcher,

bestürzt verfolgen wir die Ereignisse. Es ist eine unfassbare
Ungeheuerlichkeit, zu welchen Schritten die Bundesregierung und
Regierungsparteien sich veranlasst sehen. Die Bundesrepublik Deutschland
heizt mit ihrer Entscheidung unreflektiert die Spirale der Gewalt an, bei
der vor allem Unschuldige ihr Leben lassen. Dabei lässt sich der Eindruck
nicht vermeiden, dass andere Erwägungen als der Schutz von Menschenleben und
der Schutz der eigenen Bevölkerung in der Bundesrepublik in den Vordergrund
rücken.

Ich danke Ihnen für Ihre Entscheidung und klaren Worte - in der Hoffnung
doch noch Bewusstsein in Deutschland und der Welt zu schaffen, was in
Deutschland in den letzten 50 Jahren selbstverständlich war.

Justin Leonard Stauber
Regisseur (z.Zt. USA)


info@sturmunddrang.net


Betreff: [km 21.0:] Christa Lörcher, MdB
Von: J. LANGER <joachim.langer@gmx.net>
An: km21@c-base.org
Kopie: peter.koeppen@gmx.de


erklärung von christa lörcher zum austritt aus der spd-fraktion.


Betreff: [km 21.0:] RE: [km 21.0:] rot-grün am ende?
Von: Hanssen, Peter <hanssen@bgs.ac.uk>
An: 'km21@c-base.org' <km21@c-base.org>

> -----Original Message-----
> From: Joachim Langer [mailto:Joachim.Langer@gmx.net]
> beste grüsse aus haiderland kärnten übrigens,

erstmal beileid.

zurueck: Ist nicht demokratie erstmal die wahl des kleineren uebels?
Anstelle das kleinere uebel zu stuerzen und ein groesseres indirekt
zu stuetzen, sollte man nicht daran arbeiten das kleinere zu verbessern?
Dies wird nie ganz gelingen, doch ist das nicht die toleranz die eine
demokratie erst ermoeglicht?

? PETE


Betreff: [km 21.0:] pete -- jochen
Von: Joachim Langer <Joachim.Langer@gmx.net>
An: km21@c-base.org

> erstmal beileid.

danke - das kann mensch hier brauchen ;-)

> zurueck: Ist nicht demokratie erstmal die wahl des kleineren uebels?
> Anstelle das kleinere uebel zu stuerzen und ein groesseres indirekt
> zu stuetzen, sollte man nicht daran arbeiten das kleinere zu verbessern?
> Dies wird nie ganz gelingen, doch ist das nicht die toleranz die eine
> demokratie erst ermoeglicht?

leider kennen wir uns ja nicht direkt, ich hoffe daher du nimmst mir
folgendes nicht allzu übel. ist das mit dem "kleineren übel" nicht gerade der
tragische immer wieder unangebrachte typ von pragmatismus der jetzt dazu führt,
dass sich leute, die gerade noch ihr gewissen entscheiden lassen wollten, nun im
verordneten einheitsfrontwahn für die militätrische beteiligung stimmen. ist
es nicht schon so oft gerade die entscheidung für das kleinere übel gewesen,
weshalb man sich dann doch mit auf den höllenzug gesetzt hat? ist es nicht
immer wieder dieses verruchte kleinere übel, das den weg für das
nächstgrössere kleine übel freimacht?

das "kleinere übel" ist eben der opportunismus, der schön beständig alles
ermöglicht. nein pete - das kleinere übel und die toleranz sind nun wirklich
nicht die zwei paar schuhe, die für die derzeitigen schritte benötogt werden.

herzlich,
jochen


Betreff: [km 21.0:] rot-grün am ende?
Von: Joachim Langer <Joachim.Langer@gmx.net>
An: km21@c-base.org

> Ersteinmal kannste'ne bundesweite PDS-Regierung abhaken, da
> sowieso weniger als 10% PDS waehlen. Zweitens werden die
> Gruenen sich damit ihr eigenes Grab schaufeln. Folge:
> ENDLOESUNG STOIBER !

ich dachte mal, dass die ddr das ende der geschichte wäre. dann kam kanther,
dann schily. es stoibert also eh schon lange. der absicherungswahn der
kaufdirwas-gesellschaft kann sowieso nur solche vollstrecker gebären.

zum andern haben die grünen sich schon lange ihr grab geschaufelt. was wir
da in der person von rezzo schlauch & co. wahrnehmen, ist nur das noch nicht
im orkus verschwundene alter ego.

> Und das eine rechte Regierung mit der jetzigen gleichzusetzen
> ist, wirst wohl auch du, dann am eigenen Leib erfahren. Mein
> Gott, muss wieder wegen unterschiedlicher linker Stroemungen
> ein bayrischer Faschist an die Macht?

pardon, aber bitteschön: wo läuft denn noch was an "rechter" bzw. "linker"
regierung? was werden wir erfahren, respektive: erfahren wir (siehe
reiseverbote für nicht-vorbestrafte nach göteborg, genua etc. und anderes) bereits
unter der aktuellen, offenbar vermeintlich
"linken" regierung? und warum sich immer mit den kopien herumschlagen, die
teils mit dem kolorit der eigenen überzeugung die kritiker verstummen lassen?

pds: ich glaub ja nicht, dass die pds eine friedenspartei ist, sie ernährt
sich aus dem (mir) wohlvertrauten ostalgischem jammerlager, diese lega ost.
bis vor wenigen monaten habe ich leuten die leviten gelesen, wenn sie von der
pds schwärmten - aber der rot-grüne scherbenhaufen ist für mich keine
alternative zum "bayrischen faschisten".

zum ruhig bleiben sehe ich keinen anlass.

beste grüsse aus haiderland kärnten übrigens,
jochen


Betreff: [km 21.0:] Afghanistan
Von: Hanssen, Peter <hanssen@bgs.ac.uk>
An: Km21 <km21@c-base.org>

Nun hat die Nord-Allianz anscheinend selbst Kandahar
eingenommen... http://rhein-zeitung.de/tick/km/2b6e75a3.html

Wo bleibt eine UN-Entscheidung?

Und wo ist eigentlich Bin Laden... ;)

? PETE

--
Peter_Hanssen@writeme.com http://i.am/pete
BGS, West Mains Road, Edinburgh, EH9 3LA, UK
w:+44-(0)131-6500338 f:+44-(0)131-6671877


Betreff: [km 21.0:] RE: [km 21.0:] Re: [km 21.0:]
rot-grün am ende?
Von: Hanssen, Peter <hanssen@bgs.ac.uk>
An: 'km21@c-base.org' <km21@c-base.org>

Cool bleiben, Joachim.

Ersteinmal kannste'ne bundesweite PDS-Regierung abhaken, da
sowieso weniger als 10% PDS waehlen. Zweitens werden die
Gruenen sich damit ihr eigenes Grab schaufeln. Folge:
ENDLOESUNG STOIBER !

Und das eine rechte Regierung mit der jetzigen gleichzusetzen
ist, wirst wohl auch du, dann am eigenen Leib erfahren. Mein
Gott, muss wieder wegen unterschiedlicher linker Stroemungen
ein bayrischer Faschist an die Macht?

Die Vertrauensfrage ist trotzdem ein mieser Schachzug Schroeders.
Denn man haette die BW-Entscheidung auch einfach mit'ner Gewissens-
entscheidung einzelner Palamentarier 'durchdruecken' koennen. Mir
scheint so, dass Schroeder die Streitigkeiten/Diskussionen innerhalb
seines Koalitions-Partners leid hat und nun mit der FDP anzubaendeln
versucht...

PETE


Betreff: [km 21.0:] n-tv: "Nicht mit meinem Verständnis von parlamentarischer Demokratie vereinbar."
Von: Joachim Langer <Joachim.Langer@gmx.net>
An: km21@c-base.org

es geht doch...

source: http://www.n-tv.de/2786375.html

Mittwoch, 14. November 2001
Die Grünen und die Vertrauensfrage
"Nicht mit meinem Verständnis von parlamentarischer Demokratie vereinbar."


Während einige Grünen-Politiker in der Verbindung von Sach- und
Vertrauensfrage neue Aspekte entdecken und ihrer Haltung zum Bundeswehreinsatz noch
einmal überdenken wollen, steht bei Winfried Hermann das Gewissen weiterhin im
Vordergrund. n-tv sprach mit ihm über die Politik von Kanzler Schröder, die
Regierungsfähigkeit der Grünen und die Zukunft seiner Partei.

n-tv: Kann man das Verhalten von Bundeskanzler Schröder als Erpressung
bezeichnen?

Hermann: Ich empfinde das schon so, weil wir sehr früh signalisiert haben,
das wir in dieser Frage, aus grundsätzlichen Erwägungen, anderer Meinung sind
und das wir gern wollen, das dabei auch das Mandat im Sinne gewissensfreier
Entscheidung respektiert wird. Der Kanzler hat, aus meiner Sicht, ohne Not
diese Frage mit der Vertrauensfrage verbunden und zwingt uns damit in eine
Entscheidung, die wirklich einer Erpressung gleich kommt: Stimmst du mir nicht zu,
dann ist die Regierung gescheitert oder Du gibst Deine Meinung auf, dann
bist Du gescheitert. So interpretiere ich das; und deswegen finde ich diesen
Druck inakzeptabel und auch nicht mit meinem Verständnis von parlamentarischer
Demokratie vereinbar.

n-tv: Aber müssen Sie bei ihrer Entscheidung nicht sehr vorsichtig sein?
Nehmen wir einmal an, die Regierung platzt und es kommt zu Neuwahlen: Wie sieht
es dann mit der politischen Zukunft der Grünen aus?

Hermann: Die hängt wesentlich davon ab, wie wir uns in der Regierung
verhalten und welche Verantwortung wir übernehmen. Ich vertrete eine
antimilitaristische Position, die kritisch ist gegenüber Krieg im Kampf gegen Terrorismus,
kritisch gegenüber der Lösung, wie sie jetzt in Afghanistan mit kriegerischen
Mitteln herbeigeführt wird – und ich stehe da nicht alleine. Das ist die
überwiegende Mehrheit unserer Mitglieder, unserer Wähler und auch ein großer Teil
der Bevölkerung denkt so. So bin ich gewählt worden, das war meine Position
mit der mich die Menschen in den Bundestag hineingetragen haben und die soll
ich jetzt einfach aufgeben aus koalitionstaktischen Gründen? Das würden
unsere Wählerinnen und Wähler keinesfalls gut finden.

n-tv: Aber riskieren Sie damit nicht möglicherweise ihr politisches
Knock-Out in der Zukunft? Wenn es Neuwahlen gibt und die SPD diese wieder gewinnen
würde, würde Gerhard Schröder dann nicht viel eher mit den Liberalen koalieren,
anstatt mit Ihnen. Was passiert dann mit ihnen, dann sind sie doch politisch
tot?

Hermann: Ich gebe zu, dass Risiko ist hoch. Aber das Risiko zu bleiben ist
genauso hoch, denn unsere Wähler würden das nicht goutieren. Außerdem käme es
einem öffentlichen Kreuzbruch gleich, wenn Abgeordnete, die klar begründet
haben, warum sie dagegen sind, unter diesem Kanzlerdruck umfallen, und so alle
Grünen jetzt auf eine Linie einschwenken, die der Mehrheit der Partei und
auch unserer Wähler nicht entspricht. Und dann ist auch die Frage, wo wir dann
im Parteienspektrum stehen. Wir haben eine bestimmte Mission, das ist die
Anti-Militaristische. Dafür stehe ich und für die kämpfe ich. Die Grünen müssen
deutlich machen, dass sie ein eigenes Profil haben in dieser rot-grünen
Regierung.

n-tv: Sie müssen sich mit dieser Einstellung aber eine Grundsatzfrage
stellen: Wenn ich grundsätzlich gegen alles Militärische bin, auch vor dem
Hintergrund, dass Deutschland sich solchen Herausforderungen stellen muss und
wahrscheinlich auch stellen wird, sind Sie dann eigentlich mittel- und langfristig
noch regierungsfähig.

Hermann: Es gibt sicherlich einen grundlegenden Konflikt, allerdings lege
ich großen Wert darauf, dass das nicht in allen Fragen so ist. In vielen Fragen
der Außerpolitik stimmen wir ja Joschka Fischer zu, unterstützen auch die
zivilorientierten und präventiven Ansätze – wir sind ja keine
Fundamentalopposition. Aber man muss auch in bestimmten sehr grundsätzlichen Fragen Nein sagen
können und das müsste ein Kanzler respektieren, zumal er weiß, wer ihn
gewählt hat. Ich habe keine Hehl aus meiner Position gemacht, übrigens auch die
Mitglieder seiner Fraktion, die aus der Friedensbewegung kommen, nicht. Es ist
der Punkt, dass man auch mal in einzelnen Fragen anderer Meinung sein kann,
ohne gleich die Frage nach der Koalitionsmehrheit zu stellen. Ich will
allerdings auch deutlich machen, dass es hier um eine Neuorientierung der deutschen
Außenpolitik geht, nämlich um die Frage, ob Militär zukünftig regelmäßig eine
Rolle spielen wird. Insofern sehe ich das nicht nur als eine
Einzelentscheidung, sondern als eine dauerhaft grundlegende Entscheidung in der deutschen
Außerpolitik. - und da muss ich zu meinen Überzeugungen stehen.

Das Gespräche führte Uwe Wegner



Betreff: [km 21.0:] Re: [km 21.0:] rot-grün am ende?
Von: Joachim Langer <Joachim.Langer@gmx.net>
An: km21@c-base.org

die entwicklung ist doch tragisch. gar nicht so sehr, wegen eines erneuten
angestrebten militäreinsatzes, sondern wegen der parteisoldaterie in d-land.

die rostocker spd-mdb, christine lucyga, schiebt z.b. erst die dringend
notwendigen gegenpositionen an und wird in folge - wie die anderen
spd-"abweichler" - tagelang in die mangel genommen, um dann ihrem rostocker hinterland
mitzuteilen, sie wolle nun doch zustimmen - "wir können doch keine regierung
stürzen."

JA - ZUM TEUFEL ODER WAS AUCH IMMER - WARUM DENN NICHT???????

die nach dem 11.9. entstandene stimmung stinkt doch nach der ddr-nationalen
einheitsfront. oder 1914.

und die grünen?

ich bin der meinung, die abweichler sollten standhaft bleiben, rot-grün
abtreten. das lager rechts von der mitte wird zwar schlussendlich die gleiche
politik machen - aber dies von vornherein auch so sagen. opportunismus und
polithurerei der spd und bü-grüs sind doch schlicht unerträglich!

thema pds: ich rate zur wahl der pds. dann dürfen wir eventuell zwei
perioden mal wieder beruhigt einen outlaw wählen, der frischen wind reinbringt,
gegensteuert wenigstens. wenn die pds dann in der bundesregierung oder an sonstwo
wichtigen ebenen mitmischt, wird auch sie so steril wie das restliche pack
geworden sein.

aber das sind 8 jahre und womöglich gibts dann endlich eine richtige
alternative.

findet jochen


Betreff: [km 21.0:] RE: [km 21.0:] rot-grün am ende?
Von: Hanssen, Peter <hanssen@bgs.ac.uk>
An: 'km21@c-base.org' <km21@c-base.org>

> From: Niels Boeing [mailto:niels.boeing@woche.de]
> Subject: [km 21.0:] rot-grün am ende?
>
> es scheint, als ob schröder den bruch der koalition mit der
> vertrauensfrage ganz geschickt eingefädelt hat. dann gäbe es
> schnell neuwahlen, er könnte sich als kriegskanzler breiter
> unterstützung sicher sein und mit der fdp koalieren.

Zumindest hat er wohl die FDP in der Hinterhand.

> für die grünen ist das ohnehin besser. wenn sie jetzt
> umfallen, wofür soll man sie dann noch wählen? da kann man
> gleich die pds wählen.

So wie's nun aussieht, wird die Bundeswehr wohl eher als Polizei-Einheit
eingesetzt (bei so vielen Gelaendegewinnen). Eventuell auch unter UN
Komando/Beschluss... ? Also weniger als Frontline Kaempfer fuer die USA.
Vielleicht ueberzeugt das doch noch einige 'Abweichler', wenn die BW
z.B. Massaker der Nord-Allianz verhindern kann. Das ist zwar alles bei dem
Chaos in Afghanistan nicht vorherzusagen, aber ich glaube das die
Regierungskoalition bis Freitag 'ne eigene Mehrheit zusammenbringt.

PETE


Betreff: [km 21.0:] rot-grün am ende?
Von: Niels Boeing <niels.boeing@woche.de>
An: km21.0-liste <km21@c-base.org>

noch zwei tage bis zum show-down in berlin.

es scheint, als ob schröder den bruch der koalition mit der vertrauensfrage ganz geschickt eingefädelt hat. dann gäbe es schnell neuwahlen, er könnte sich als kriegskanzler breiter unterstützung sicher sein und mit der fdp koalieren.

für die grünen ist das ohnehin besser. wenn sie jetzt umfallen, wofür soll man sie dann noch wählen? da kann man gleich die pds wählen.

was meint ihr?

fragt nbo


Betreff: [km 21.0:] Mike Ruppert - www.copvcia.com
Von: Hanssen, Peter <hanssen@bgs.ac.uk>
An: Km21 <km21@c-base.org>

recht gute Zusammenstellung der Indizien
vor dem 11.Sep.

http://www.copvcia.com/stories/nov_2001/lucy.html

PETE
<<Mike Ruppert - www.copvcia.com.url>>


Betreff: [km 21.0:]
Von: Joachim Langer <Joachim.Langer@gmx.net>
An: km21@c-base.org

Endspurt in Rostock

Am 20. November beginnt vor dem Schweriner Landgericht der Prozess gegen
vier Rechtsextreme, die an den Rostocker Pogromen beteiligt waren. von heike
kleffner
Das Verfahren mit dem Aktenzeichen 33Kls 27/95 beim Schweriner Landgericht
birgt Sprengstoff in sich. Denn jahrelang wurde das Verfahren gegen vier
Neonazis, die im August 1992 an den mehrere Tage andauernden Pogromen gegen
Flüchtlinge und vietnamesische Vertragsarbeiter in Rostock-Lichtenhagen beteiligt
waren, verschleppt.

Drei Jahre hatte die Staatsanwaltschaft gebraucht, um gegen die vier Männer
Anklage zu erheben. Das war 1995. Sechs weitere Jahre benötigte das Gericht,
um das Verfahren zu eröffnen. Neun Jahre nach den schwersten rassistischen
Ausschreitungen im wiedervereinigten Deutschland soll nun ein »juristischer
Schlusspunkt« gesetzt werden. Am 20. November beginnt der Prozess.

Einem der vier mutmaßlichen Angreifer wird schwerer Landfriedensbruch
vorgeworfen, die anderen müssen sich wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit
versuchter schwerer Brandstiftung sowie schweren Landfriedensbruchs und Verstoßes
gegen das Waffengesetz verantworten. Als Tatmotiv wird »Ausländerhass«
genannt.

Dass jene drei Angeklagten, denen »versuchter Mord« vorgeworfen wird,
jahrelang unbehelligt blieben, wird rein formal begründet. Die Jugendkammer habe
eben sehr viele Verfahren verhandeln müssen, bei denen die Verdächtigen in
Untersuchungshaft saßen, sagte Katja Surminski, eine Sprecherin des Landgerichts.
Diese Verfahren seien vorgegangen. Da die vier nicht in U-Haft gesessen
hätten, habe ihr Fall keine »hohe Priorität« gehabt.

Dass es angemessen gewesen wäre, diesem Fall etwas mehr Priorität
einzuräumen, haben drei der Angeklagten seit 1992 hinreichend bewiesen. Da ist Ronny
S., 26, der derzeit unter anderem eine Haftstrafe wegen fahrlässiger
Körperverletzung absitzt. Im Sommer 2000 wurde er zudem wegen eines rechtsextremen
Propagandadelikts verurteilt. Auch sein Mitangeklagter, der 27jährige Andre B.,
ist vorbestraft. Er wurde 1996 ebenfalls wegen Propagandadelikten verurteilt.
Enrico P., 28 Jahre, ist ebenfalls vorbestraft, der gleichaltrige Sven M. ist
der einzige unter ihnen, der seither zumindest offiziell nicht straffällig
geworden ist.

Laut Anklage sollen Ronny S., Andre B. und Enrico P. am Abend des 24. August
1992 zunächst in die unteren Stockwerke des so genannten Sonnenblumenhauses
in Rostock-Lichtenhagen eingedrungen sein. Als sie dort nicht weiterkamen,
sollen sie den Plattenbau wieder verlassen und auf der Wiese davor Brandsätze
gebaut haben, die sie anschließend auf das Haus geworfen haben sollen. In
diesem hielten sich zu diesem Zeitpunkt über 100 vietnamesische Vertragsarbeiter
auf. Später sollen die drei gemeinsam mit Sven M. das Heim mit Steinen
angegriffen haben.

Sollten sich die Anklagepunkte bestätigen, drohen ihnen vermutlich
allenfalls Bewährungsstrafen. Immerhin liegen die Ereignisse über neun Jahre zurück,
sodass es schwer fallen dürfte, die Vorwürfe bis ins Detail nachzuweisen. Als
Zeugen der Anklage präsentiert die Staatsanwaltschaft zudem hauptsächlich
Schweriner Rechte, die wegen der Rostocker Brandnächte schon rechtskräftig
verurteilt sind.

Auch der Blick zurück offenbart eine Reihe unfassbarer Pannen und
Versäumnisse - sowohl während des Geschehens als auch in der politischen und
juristischen Nachbereitung.

Als sich am 22. August 1992 Hunderte rechte Jugendliche und Anwohner vor dem
Heim versammelten und rassistische Parolen riefen, reagierten die Polizei
und die Landesregierung Mecklenburg-Vorpommerns nicht. Dadurch offenbar
ermuntert, tobte sich der rassistische Mob, angeheizt durch organisierte Neonazis
und militante Skinheads, zwei Tage lang ungestört aus - bis zur Nacht des 24.
August, als das Haus unter den Augen der Polizei schließlich in Brand gesetzt
wurde.

Dem vom Schweriner Landtag eingesetzten Untersuchungsausschuss gelang es
nie, Licht in die Ereignisse jener Nacht zu bringen. Ähnlich nebulös verlief
auch das juristische Nachspiel unter Anleitung von Alexander Prechtel, damals
Generalstaatsanwalt von Mecklenburg-Vorpommern und heute
CDU-Oberbürgermeisterkandidat von Rostock. Von den rund 400 Ermittlungsverfahren, die eingeleitet
wurden, waren über 100 gegen Antifas gerichtet, die versucht hatten, gegen die
Rechten vorzugehen. Von über 80 Haftbefehlen mündeten bis Ende 1992 dreißig
in Urteile. Meistens blieb es bei kurzen Jugendstrafen. Erst Ende 1992 und
Anfang 1993 wurden gegen mehrere Rechte Haftstrafen von zweieinhalb Jahren und
mehr verhängt. Die Mehrzahl der Ermittlungsverfahren verlief jedoch im Sande
und wurde eingestellt.

Die Rostocker Pogrome waren - mehr noch als das Pogrom in Hoyerswerda im
Jahr zuvor - der Anfang für eine beispiellose rassistische und rechtsextreme
Mobilisierung. Ganze Landstriche sind seitdem zu No-go-Areas für Flüchtlinge,
Migranten, Obdachlose und linke Jugendliche geworden. Die Pogrome dienten 1993
als politische Begründung dafür, das Asylrecht de facto auszuhebeln. Und sie
gehören zu den schwärzesten Kapiteln der unabhängigen Linken und der
Antifabewegung.

Denn die knapp 300 Antifas, die sich am 23. August, also einen Tag vor der
eigentlichen Brandnacht, in Rostock eingefunden hatten, wagten es nicht, dem
rassistischen Mob vor dem Heim entgegenzutreten, und entschieden sich
stattdessen für eine Demonstration in sicherer Entfernung.

1997, zum fünften Jahrestag des Pogroms, schrieb das Antifaschistische
Infoblatt: »Seit Jahren hatte man mit moralischen Argumenten Zivilcourage
eingefordert«, doch »den moralischen Ansprüchen entsprach kein Bewusstsein darüber,
wie man sich in der konkreten Situation selbst zu verhalten habe. (...) Ich
bin nach wie vor der Überzeugung, dass wir echte Chancen hatten, den Mob zu
verscheuchen. Wenn Gefahr drohte, dann sicher - wie der weitere Verlauf des
Abends zeigte - durch die Polizei, die offenbar den Auftrag hatte, das Pogrom in
jedem Falle stattfinden zu lassen.«


--------------------------------------------------------------------------------

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--


Betreff: Re: [km 21.0:] frontiers of war
Von: Christian.Ahlert@sowi.uni-giessen.de
An: km21@c-base.org


Hier auch noch was aus der NYT.

Selten so gelacht und danach gedacht: Ist ja eigentlich gar nicht
lustig!

http://www.nytimes.com/2001/10/26/opinion/26FRIE.html

Friedmann kann man in vielen Punkten sicherlich nicht zustimmen,
aber er zeigt klar und deutlich was man von der weltweiten "Terror-
Allianz" halten sollte.

Best,
Ch


Betreff: [km 21.0:] frontiers of war
Von: Niels Boeing <niels.boeing@woche.de>
An: km21.0-liste <km21@c-base.org>

ein wirklich herausragendes photo-feature aus pakistan bietet die new york times im netz an:

http://www.nytimes.com/2001/10/19/international/index_JOURNAL01.html?rd=hcmcp?p=041MwC041MwH43oB6012000mpo5jpo8y

einfach toll, ein phototagebuch mit ton, übersichtlich in einem extrafenster, so dass nicht ständig alles neu geladen wird. und dazu brillante bilder. wirklich online-journalismus at its best. nbo



Betreff: [km 21.0:] [km 21.0:] Was ändert sich für mich derzeit in Deu
tschland?
Von: Thomas Karcher <t_karcher@gmx.de>
An: km21@c-base.org

Auch wenn mein Leben immer noch genauso verläuft, wie es vor 2 Monaten
verlaufen ist: Meine innere Einstellung zur sogenannten zivilisierten Welt
im Allgemeinen und zu Deutschland im speziellen hat sich mittlerweile in
einer Weise verändert, die ich selbst nicht für möglich gehalten hätte:

Alles, was ich in den letzten Wochen befürchtet habe, ist eingetreten - und
noch einiges mehr (Ja, ich war optimistisch...). Unsere eigene Regierung
nimmt uns ein Recht nach dem anderen, und jetzt wird sich Deutschland aller
Voraussicht nach auch noch mit eigenen Soldaten an diesem sinnlosen Krieg
beteiligen. Dieses Land wird mir von Tag zu Tag fremder, und der letzte Rest
"Wir"-Gefühl wird mir spätestens dann verloren gehen, wenn die zweite Stufe
des Sicherheitspakets abgesegnet wird - was momentan nur eine Frage der Zeit
zu sein scheint.

So langsam frage ich mich, ob ich nicht lieber meinen Pass abgebe, statt ihn
gegen eine mit biometrischen Daten aufgerüstete Version einzutauschen. Aber
was sind die Alternativen? Die anderen westlichen Regierungen scheinen
Deutschland in Sachen Sicherheitswahn und Kriegsbefürwortung in nichts
nachzustehen. Und in einem muslimischen Land würde ich mich in der
derzeitigen Lage wahrscheinlich auch nicht besonders wohl fühlen. Gibt es
denn kein Land mehr auf dieser Welt, welches die Idee einer offenen
Gesellschaft noch nicht aufgegeben hat?!?

Fragt sich... Thomas


Betreff: [km 21.0:] Der Krieg
Von: Matthias Urbach <urbach@taz.de>
An: km21.0-liste <km21@c-base.org>

Tja, dem Artikel aus der taz von heute ist nicht viel hinzuzufügen ...
Vielleicht war Clinton am Ende doch besonnener, der einfach ein paar Cruise Missles auf ein afghanisches Zeltlager feuerte - und dann Ruhe gab.
Matthias
 
 
                               Tägliche Farce an der Heimatfront
                               Wie geht es weiter? Und warum? Bush, seine Minister und ein Dutzend
                                TV-Experten versuchen angestrengt, Sinn und Logik des Krieges zu erklären
                                                aus New York ANDREA BÖHM
                                Wir führen zwei Kriege und müssen geduldig sein, hat der Präsident
                                gesagt, der zwar nicht meiner ist, und womöglich nie wirklich gewählt
                                wurde, aber das lassen wir jetzt beiseite. Einen fechten wir also an
                                der Heimatfront: gegen Anthraxbriefe und den nächsten großen
                                Anschlag. Den anderen kämpfen wir weltweit - derzeit vor allem in
                                Afghanistan.
                                Dort beherrschen US-Bomber die Lüfte, meldet täglich stolz das
                                Pentagon, bloß klatscht inzwischen keiner mehr. Denn während die
                                Supermacht den Himmel kontrolliert, sind die Taliban am Boden
                                offensichtlich bei guter Stimmung. Einen der Oppositionsführer haben
                                sie exekutiert, einen zweiten vermutlich schon in ihrer Gewalt. In
                                Pakistan melden sich tausende Freiwillige für den Kampf gegen
                                Amerika, dessen Verteidigungsminister eben erklärte, man werde
                                Ussama Bin Laden vielleicht nie fassen. Das sagte Donald Rumsfeld
                                so nonchalant, dass man meinte, sich verhört zu haben.
                                Wie darf man das verstehen? Als beiläufige Bankrotterklärung oder
                                als opportune Modifizierung der Parole "Wanted: Dead or Alive"?
                                Weil das Pentagon den Medien so wenig Aufschlussreiches über
                                Krieg und Kriegsziele mitteilen mag, hat die Washington Post in der
                                Vergangenheit herumgestöbert, und herausgefunden, dass
                                Washington noch bis kurz vor dem 11. September mit den Taliban
                               über eine Auslieferung Ussama Bin Ladens verhandelt hat. Nicht,
                                dass die Taliban für irgendetwas Bonuspunkte verdient hätten, aber
                                offensichtlich wollten sie ihren saudi-arabischen Gast durchaus
                                loswerden. Es gab nur kulturelle und sprachliche
                                Verständigungsschwierigkeiten: Holt ihn euch, sollen die Taliban
                                signalisiert haben, aber lasst uns dabei nicht wie Verräter aussehen.
                                "Wir haben die Signale bloß nicht verstanden", sagt jetzt der ehemals
                                zuständige CIA-Mann.
                                Solche Einsichten helfen uns heute leider nicht, da die USA nun, wie
                                es Arundhati Roy formuliert, "die Stecknadel suchen, indem sie den
                                Heuhaufen anzünden". Aber nicht doch, würde George W. Bush
                                sagen: "Wir führen keinen Krieg gegen das afghanische Volk." Das
                                Problem ist: Gezielte Militäreinsätze gegen al-Qaida sind ein
                                legitimes Mittel nach deren Kriegserklärung, und die Entmachtung der
                                Taliban wäre schon vor dem 11. September eine ehrenwerte Aufgabe
                                gewesen. Ein dreiwöchiges Bombardement aus strategischer
                                Ratlosigkeit aber ist ein Krieg gegen das afghanische Volk.
                                Bei der allabendlichen Kriegsberichterstattung mache ich nun
                                Bekanntschaft mit dutzenden pensionierter Generäle, die sich
                                freiwillig vom Golfplatz an die Fernsehfront gemeldet haben, um als
                                Taliban-und-Terror-Experten die Zuschauer zur Geduld zu
                                ermahnen. Echte Gotteskrieger seien eben zäher als die leicht zu
                                erschütternde Soldateska eines Saddam Hussein. Die nahe liegende
                                Zwischenfrage, was in dieser Zeit mit den Flüchtlingen geschehen
                                soll, stellt keiner der Moderatoren. Ich kann durch 62 Kanäle
                                schalten: Die afghanische Flüchtlingskatastrophe findet im
                                US-Fernsehen nicht statt. Im kollektiven Kurzzeitgedächtnis der
                                Fernsehredakteure sitzt der Afghane auf einem Fels und nestelt selig
                                an der Erdnussbuttertube aus dem Fresspaket made in USA.
                                Und George W. Bush fragt sich, ehrlich erschüttert, warum in Kairo,
                                Amman oder Peshawar niemand "USA, USA" skandiert. Eine
                                PR-Firma, lese ich in Newsday, soll der US-Regierung jetzt ein
                                besseres Image in islamischen Ländern verschaffen. Das ist nicht
                                einfach. Denn Brandreden gegen Amerika und Israel und die
                                "jüdisch-amerikanische Weltlobby" gehören zu den wenigen
                                Freiheiten, die so US-freundliche Regime wie Ägypten oder
                                Saudi-Arabien in ihren Medien und Moscheen erlauben - so viel
                                zur Dialektik der Anti-Terror-Koalition.
                                Aber wenn man aus PR-Gründen Cruise Missiles mit Bohnen
                                kombiniert, muss man sich am Selbstbildnis des bombenden
                                Samariters schon arg besoffen haben, um Dankbarkeit und Beifall zu
                                erwarten. Da hilft es dann auch nicht, für Colin Powell Sendezeit auf
                                al-Dschasira zu kaufen.
                                Wie geht es jetzt weiter? Fragen wir den britischen Generalstabschef
                                Admiral Sir Michael Boyce: "Der Druck" - er meint das
                                Bombardement - "hält so lange an, bis die Bevölkerung erkennt,
                                dass sich ihre Führerschaft ändern muss." Das ist also die Botschaft:
                                "Stürzt die Taliban, liebe Afghanen, dann hören wir auf mit Bomben
                                und Embargo." Letzten Freitag endete der Oppositionsführer Abdul
                                Haq, der vor den kontraproduktiven Folgen eines Bombardements
                                gewarnt hatte, am Galgen der Taliban. Schon allein deswegen sollte
                                man Sir Boyce für seinen Satz tadeln.
                                Das würde aber am düsteren Ausblick nichts ändern. Die USA haben
                                sich auf Kosten der afghanischen Zivilbevölkerung in eine
                                Sackgasse gebombt: Jetzt die Kampfhandlungen einzustellen, hieße,
                                die Taliban mächtiger und Ussama Bin Laden populärer zu machen,
                                als sie vorher waren. Zu einem massiven Einsatz von Bodentruppen
                                aber ist das Pentagon vorerst nicht bereit - und nach alternativen
                                Kampfkonzepten muss es erst noch suchen. Inzwischen hat das
                                US-Verteidigungsministerium sogar einen Ideenwettbewerb "zur
                                Bekämpfung des Terrorismus" ausgeschrieben. Teilnehmen kann
                                jeder. Der Einsendeschluss ist der 23. Dezember. Die Vorschläge
                                sollten im ersten Entwurf eine Seite nicht überschreiten und möglichst
                                in 18 Monaten umgesetzt werden können.
                                Nein, das ist kein Witz. Das ist die tägliche Farce im ersten Krieg des
                                21. Jahrhunderts.
                                Wers nicht glaubt (oder wer mitmachen will), findet Näheres unter
                                www.defenselink.mil oder www.bids.tswg.gov.
                                So viel zum Krieg in Afghanistan, nun zu den Meldungen von der
                                Homefront. Mein ganz privater Orden für den "All American Hero"
                                geht diese Woche an Senator Russ Feingold aus Wisconsin, sowie
                                66 Abgeordnete im Repräsentantenhaus, die gegen das neue
                                Anti-Terror-Gesetz gestimmt haben. Den Namen für dieses
                                Paragrafenwerk auszutüfteln, muss mehr Zeit gekostet haben, als
                                dessen Inhalt zu debattieren: Am 1. November tritt nun also der
                                "Uniting And Strengthening America by Providing Appropriate Tools
                                Required to Intercept and Obstruct Terrorism Act" in Kraft. Dieser
                                pathetische Schwachsinn darf in der Presse jetzt als
                                USA-PATRIOT-Gesetz verkauft werden, und wer wie Mister
                                Feingold dagegen stimmt, gerät in den Ruch fehlender
                                Vaterlandsliebe.
                                Was steht drin in diesem Paket?
                                Die Polizei darf künftig bei jedem Verdacht einer Straftat Wohnungen
                                durchsuchen, ohne dass der Betroffene anwesend ist oder davon
                                erfährt. Die CIA, die mit der Auslandspionage schon überfordert ist,
                                darf (wieder) Bürger im eigenen Land bespitzeln. Wer sich in Zukunft
                                bei Demonstrationen gegen den IWF mit der Polizei prügelt, kann
                                wegen Terrorismus vor Gericht kommen. Ausländern ohne gültiges
                                Visum, die nicht abgeschoben werden können, riskieren unbegrenzte
                                Vorbeugehaft, wenn der Justizminister sie als Terrorismusverdächtige
                                einstuft. Um auf amerikanisches Niveau zu kommen, hat Otto Schily
                                also noch zu tun.
                                Nicht, dass mir die innere Sicherheit egal wäre. Ich finde es
                                beruhigend, dass al-Qaida-Angehörige auf einer Liste des FBI
                                landen wie im Fall von zwei Hijackern des 11. September. Mir wäre
                                noch wohler, wenn das FBI deren Namen vor dem 11. September der
                                amerikanischen Flugbehörde weitergegeben hätte, die sie vielleicht
                                in die Computer der Fluggesellschaften eingespeist hätte, was,
                                vielleicht, die Entführung wenigstens einer Passagiermaschine
                                verhindert hätte. Wie man solche Pannen in Zukunft vermeidet, steht
                                im USA-PATRIOT-Gesetz nicht. Dafür teilen redselige FBI-Agenten
                                den Pressekollegen von der konservativen National Review mit, dass
                                man inhaftierte Terrorismusverdächtige gerne in ägyptische oder
                                marokkanische Gefängnisse auslagern möchte. Dort dürfe man
                                "kraftvoller" verhören als in den USA, wo das Folterverbot gilt, was ja
                                Bestandteil der Zivilisation ist, die momentan über Afghanistan
                                verteidigt wird.
                                Die Post hat mir heute Tipps zum Umgang mit potenziellen
                                Anthraxbriefen geschickt: "Verdächtige Briefe nicht schütteln, nicht
                                fallen lassen, nicht daran riechen. Gründlich die Hände waschen.
                                Polizei rufen." Die Ermittler vermuten hinter den Bioterroristen nun
                                doch nicht al-Qaida-Mitglieder, da diese sich mit solch kleinen
                                Aktionen nicht abgebe. Al-Qaidas zweite Anschlagswelle komme erst
                                noch. Jetzt durchkämmt man "hausgemachte" rechtsextremistische
                                und islamistische Gruppen in den USA, und im Fernsehen mahnen
                                pensionierte FBI-Agenten zur Geduld.
                                Aber bei allem Patriotismus hören die Bürger das nicht mehr so gern.
                                Die Postangestellten sind wütend, weil man sie bei den Anthraxtests
                                tagelang schlicht übersehen hatte; die Gewerkschaften sind wütend,
                                weil Washington den Binnenmarkt für Billigprodukte aus Pakistan
                               öffnen will; die Kommunen murren, weil ihnen der Bund keine
                                Finanzhilfe für die Sicherheitskosten geben will. Und die Presse wird
                                langsam, ganz langsam ärgerlich, weil Bush und seine Republikaner
                                - das US-Fähnchen im Revers und "God Bless America" auf den
                                Lippen - schon wieder die Kasse plündern. Denn neben dem Krieg
                                gegen den Terror gibt es jetzt den "Kampf gegen die Rezession", für
                                den das nächste Steuergeschenk an "Big Business" gepackt wird: 1.4
                                Milliarden für IBM, 800 Millionen für General Motors, 670 Millionen
                                für General Electric, 600 Millionen für Chevron Texaco. Alle werden
                                sich im nächsten, wie schon im letzten Wahlkampf erkenntlich zeigen.
                                Das muss George W. Bush wohl gemeint haben, als er nach dem 11.
                                September vor dem Kongress die Rückkehr zur Normalität forderte.
                                Business as usual.
                                taz Nr. 6588 vom 31.10.2001, Seite 5, 317 Zeilen (TAZ-Bericht),
                                ANDREA BÖHM
-- 
Matthias Urbach
Parlamentskorrespondent
taz, die tageszeitung
Schiffbauerdamm 40, Zi. 1405, 10117 Berlin
tel: +49 30 226 20 -523, fax: -525
email: urbach@taz.d


Betreff: Re: [km 21.0:] BMI Artikel Empfehlung
Von: Thomas Karcher <t_karcher@gmx.de>
An: km21@c-base.org

=== Aus besagtem Artikel ===
"Die notwendigen Änderungen im Ausländergesetz sehen vor, dass Personen
keine Visa oder Aufenthaltsgenehmigungen erhalten und einem Einreise- und
Aufenthaltsverbot in Deutschland unterliegen, die ... sich bei der
Verfolgung politischer Ziele an Gewalttätigkeiten beteiligen..."
=====================

Hm... je nach Auslegung dieses Absatzes müssten wir momentan wohl
konsequenterweise auch den Amerikanern die Einreise nach Deutschland
verweigern, oder?

Fragt sich... Thomas

----- Original Message -----
From: "BMI Artikel Empfehlung" <niels.boeing@woche.de>
To: <km21@c-base.org>
Sent: Monday, October 29, 2001 10:58 AM
Subject: [km 21.0:] BMI Artikel Empfehlung


BMI Artikel Empfehlung

Jemand möchte Ihnen einen Artikel der Website des Bundesministeriums des
Innern (www.bmi.bund.de) empfehlen.
Dieser Artikel wird Ihnen von niels.boeing@woche.de empfohlen.

Titel: Eckpunkte des Terrorismusbekämpfungsgesetzes

Kommentar: zur info für alle, die genauer wissen wollen, was die
bundesregierung jetzt konkret an sicherheitsmaßnahmen beschlossen hat. (text
stammt von der BMI-website)

Den Artikel können Sie mit folgender Adresse abrufen:
http://www.bmi.bund.de/frame/dokumente/Artikel/ix_61128.htm

---
Hinweis:
Dieser Artikel und ggf. der anliegende Kommentar wurde Ihnen über die
Website d. Bundesministeriums des Innern zugeschickt. Das Bundesministerium
des Innern kann keine Verantwortung für den Inhalt d. Kommentars übernehmen
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Betreff: [km 21.0:] BMI Artikel Empfehlung
Von: BMI Artikel Empfehlung <niels.boeing@woche.de>
An: km21@c-base.org

BMI Artikel Empfehlung

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Dieser Artikel wird Ihnen von niels.boeing@woche.de empfohlen.

Titel: Eckpunkte des Terrorismusbekämpfungsgesetzes

Kommentar: zur info für alle, die genauer wissen wollen, was die bundesregierung jetzt konkret an sicherheitsmaßnahmen beschlossen hat. (text stammt von der BMI-website)

Den Artikel können Sie mit folgender Adresse abrufen:
http://www.bmi.bund.de/frame/dokumente/Artikel/ix_61128.htm

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Betreff: [km 21.0:] Der Krieg
Von: Matthias Urbach <urbach@taz.de>
An: km21.0-liste <km21@c-base.org>

Hallo km21,
lieber Niels, Moritz, Knut, x, Silvia und Milos,
etwas verspätet möchte ich auch noch mal auf Niels erste Frage eingehen:
Der nach der Normalität im Krieg und der fehlenden Empörung.
Ich habe nicht den Eindruck, dass alles so weiter läuft wie bisher. Man muss sich nur meine Zeitung anschauen, die taz. Da gibt es täglich zwischen drei und zehn Sonderseiten zum Krieg. In meinem Freundeskreis ist es das große Thema - auch wenn sich langsam eine Ermüdung einstellt.
Aber es geht mir auch nicht so, dass ich grundsätzlich gegen diesen Krieg bin.
Ich denke, die Terrororganisation Bin Ladens hat ihn gegen die USA erklärt. Ich glaube, dass der Anschlag auf World Trade Center, Pentagon und vier Zivilmaschinen tatsächlich den Bündnisfall nach sich ziehen musste. Das hätten wir Deutschen im umgekehrten Fall auch erwartet.
Wozu ist die Nato den (im besten Sinne) da? So wollen wir sie doch haben: als Verteidigungsbündnis haben, nicht als Weltpolizei.
Ich würde einen Krieg nicht als eine Aktion, die auf die "Vernichtung des Gegners" zielt, bezeichnen, wie x das tut. Das ist zum Glück die krasse Ausnahme. Nicht einmal Bin Laden zielt meines Erachtens auf die Vernichtung des Gegners. Wenn man seine Aktion mal aus seiner Sicht betrachtet (ohne dieses ganzen "Terrorist"- und "das Böse"-Schnellurteile), handelt er recht rational.
Ich bin kein Experte, aber nach allem, was ich gelesen habe, scheint mir folgendes Kalkül Bin Ladens wahrscheinlich:
Er will die tatsächlich korrupten und autokratischen Regime der arabischen Welt stürzen, allen voran das in Saudi Arabien (dem Land der heiligen Städten). Bester Ausgangspunkt für so ein Ansinnen sind bereits destabiliserte Länder wie Afghanistan. Eine der Vorstellungen des "Heiligen Krieges" ist es zunächst die Scharia und eine islamische Herrschaft in den eigenem Land herzustellen. Um im zweiten Schritt zum Angriff auf andere Länder vorzugehen. Der erste Schritt ist in Afghanistan vollzogen gewesen, wobei ich nicht glaube, dass sich die islamistische Organisation Al Kaida an postkolonialen Landesgrenzen orientiert. Ein mögliches nächstes Ziel wäre Pakistan. Das ist nebenbei auch deshalb interessant, weil es über die Atombombe verfügt.
Ehrlich gesagt glaube ich gar nicht, dass Bin Laden wirklich jemals die USA oder Europa direkt angreifen würde. Wohl aber Israel. Hier wäre tatsächlich ein Vernichtungskrieg zu befürchten (wenn die radikalen Araber denn könnten, ich erinnere nur an die Arabisch-israelischen Kriege).
Die Terroranschlage in den USA und die Kriegserklärung haben eher das Ziel, die islamistische Bewegung zu verbreitern, die Araber mit Hilfe eines gemeinsamen (vermeintlichen) Feindes zu einen - und so die islamische Revolution zu erreichen.
Trotzdem sind sie ein Akt des Krieges gegen unseren Bündnispartner - und damit nach dem Nato-Vertrag juristisch auch ein Angriff gegen uns. Ich persönlich empfinde das auch so.
Das Problem mit dem Krieg ist nun nicht, dass wir Krieg führen. Ich wünsche mir keinen Krieg - er kann aber das letzte Mittel sein. (Ich glaube im übrigen nicht an die Möglichkeit, "das Zeitalter des Krieges" ohne weiteres zu überwinden - und schon gar nicht durch Verweigerung, wie Milos das empfiehlt. Ich erinnere nur an die Vergrößerung des Problems durch falsche Friedfertigkeit der Westmächte mit ihrer Appeasement-Politik 1938 oder das Fallenlassen der Republikaner im spanischen Bürgerkrieg.)
Man muss aber die Frage stellen, ob Krieg hier das Richtige ist. Ob er das Problem löst. Ob er wirklich kaum zivile Opfer fordert. Und wenn doch, ob das zu verantworten ist.
Ich fürchte: Diese Frage können wir nicht beantworten. Es fehlen alle Fakten darüber, ob er diese Kritierien erfüllen kann.
Und da gibt es natürlich ein Menge Punkte, die mich sehr stören. Etwa dass die Beweise gegen Bin Laden nicht öffentlich vorgelegt werden. Dass die Ziele des Bombardements in Afghanistan nicht offen gelegt werden. Dass es keine nachvollziehbare Abbruchbedingung gibt. Dass kaum Journalisten zugelassen werden. (Auch nicht von den Taliban.)
Doch ich erinnere daran: Al Kaida hat den Krieg mit Terror begonnen und wird gedeckt von den Taliban. Und ich finde, dass kann man Ihnen nicht durchgehen lassen. Auch hätte eine Ausbreitung des Islamismus a la Taliban sicher verheerende Folgen für die Weltlage. Um so wichtiger ist es, überlegt vorzugehen. Die Amerikaner haben immerhin ein großes Bündnis geschmiedet. Es ist klar, dass auch die meisten arabischen Regierungen ein Interesse haben, die Al Kaida unschädlich zu machen. Allerdings sehens das die Regierten dort nicht immer genauso.
Das Risiko ist groß - und auch ich habe meine Zweifel an der Besonnenheit der USA, die die militärische Planung diesmal komplett an sich gezogen haben. Dass die USA kein Ende in Afghanistan finden könnte, dass Länder wie Pakistan kippen könnten: Das macht mir auch Angst.
Noch ein Wort zu Schilys Sicherheits-Paket: Vieles darin scheint mir auch verrückt zu sein. Aber machen wir uns nichts vor: Wir haben es nun mit Terroristen zu tun, die sich nicht scheuen ihr eigenes Leben für einen Anschlag zu opfern: Das erfordert eine neue Sicherheitsdiskussion. Es ist sehr rational unsere Gesetze deshalb noch einmal zu überprüfen. Ich sehe auch nicht, dass hier Argumente unterdrückt würden, auch wenn es von bestimmter Seite eine üble Meinungsmacher gibt gegen Kritiker. Aber das sind doch die üblichen Verdächtigen, die keinen Widerspruch dulden wollen.
Abschließend ein Satz zu Milos Text, "der Islam ist unschuldig". Natürlich geht es nicht um einen Krieg der Kulturen. Aber es gibt doch wohl Unterschiede, auf die man verweisen muss. So gibt es kein arabisches Land, dass demokratisch regiert wäre.
Und ich weigere mich, einfach so in einem Atemzug von "gierigen, korrupten und machtbesessenen Eliten" hier wie dort zu sprechen. Das ist einfach falsch.
Liebe Grüße
und dank an diejenige(n), die bis hier durchgehalten haben
(sollte eigentlich nicht so lang werden, aber wenn man schon mal keine Zeilenbegrenzung hat (-;  )
Matthias
 

Matthias Urbach
Parlamentskorrespondent
taz, die tageszeitung
Schiffbauerdamm 40, Zi. 1405, 10117 Berlin
tel: +49 30 226 20 -523, fax: -525
email: urbach@taz.d


Betreff: [km 21.0:] der islam ist unschuldig
Von: milos_b@nirvanet.net
An: km21@c-base.org

Der Islam ist unschuldig.

Es gibt auch keinen Kampf der Kulturen.

Nur einen Kampf gieriger, korrupter, machtbesessener Eliten, den ihre
Schergen austragen. Diese Eliten sitzen in Riad und Kairo ebenso wie in
LA, New York, Tokio, Peking, Berlin...

Nicht "ja", nicht "ja, aber", sondern "nein" zu diesem Krieg. Zu jedem
Krieg. Der Krieg dient nur den Eliten. Nichts und niemandem sonst,
schon gar nicht unserer Sicherheit.

Wir verweigern uns.

Und wenn der Krieg zu uns kommt und uns trifft? Dann verweigern wir
uns trotzdem. Und lächeln.

Es geht nicht anders. Natürlich ist das unglaublich. Was ist, wenn sich
die Nazis wiederholen? Irgendetwas Vergleichbares? Sollen wir dann
auch nichts tun?

Wir können uns verteidigen, sicher. Aber nicht mit einem Krieg.

Durch Krieg werden wir das Zeitalter des Krieges nicht beenden.

Eine Welt ohne Krieg ist eine der gewaltigsten Utopien überhaupt. Eine,
die jeder Mensch auf der Welt versteht. Und fast alle im Grunde ihres
Herzens herbeisehnen.

Glauben wir niemandem, der sagt, Krieg sei unvermeidlich. Er wurde
noch nie vom Volk begonnen, sondern von einem durch Eliten
aufgehetzten Mob.

Der Islam ist an den Ereignissen des 11. September 2001 und seinen
Folgen nicht schuld. Schuld ist eine weitere Spielart des Faschismus, die
sich Taliban nennt und einem Teil der arabischen und zentralasiatischen
Welt den Kopf verdreht hat. Wie der Faschismus des frühen 20.
Jahrhunderts baut er auf Verlierern und Ängstlichen auf. Und auf Leuten,
die an einen fairen Wettbewerb nicht länger glauben.

Der ökonomische Wettbewerb der Staaten im Weltwirtschaftssystem ist
nicht fair. Das ist die große Lüge des Globalisierungsprozesses. Und
während die meisten Kritiker mit Demonstrationen und Pamphleten auf
die Lüge verweisen, greifen einige zu Terror, weil sie keine
demokratische Auseinandersetzung kennengelernt haben.

Sie sind Faschisten geworden. Wie die Taliban, die Al Qaida, die ETA...

Die Globalisierung findet statt. Daran ist nichts zu ändern. Doch sie hat
dieselbe Dialektik wie die Aufklärung. Auf der einen Seite das langsame
Kennenlernen der Kulturen, eine Begeisterung für neue, fremde Ideen,
die unglaubliche Kreativität hervorbringt.

Auf der anderen Seite jene Gewalt, die ,in gesichtslosen ökonomischen
Strukturen jeder Verantwortlichkeit entzogen, sich ereignet und weitere
Gewalt gebiert.

Die Taliban sind nicht das "Böse", das über die Welt hereinbricht. Sie
sind Ausdruck der Dialektik der Globalisierung.

Indem unsere Eliten auf deren Gewalt mit Desinformation, Abschottung
und Beschneidung der Bürgerrechte antworten, zerstören sie die Chance
der Globalisierung: die Befriedung des Globus als notwendige
Folgeepoche der Aufklärung.

Unsere Aufgabe ist es, dieser Befriedung zum Durchbruch zu verhelfen.
Durch eine endgültige Verweigerung von Krieg, Terror, Gewalt - und
Rache.

Milos Boniek, Oktober 2001


Betreff: [km 21.0:] microsoft/wayback machine
Von: Niels Boeing <niels.boeing@woche.de>
An: km21.0-liste <km21@c-base.org>

hey, zwei infos:

1. "das imperium schlägt zurück.NET"

seit heute gibt es windows XP. schon wieder ein windows, werdet ihr sagen? nein. es ist der erste schritt von microsofts internet-strategie, gegen die sich das windows-monopol und der browserkrieg gegen netscape - der immerhin beinahe zur aufspaltung des konzerns geführt hätte - lächerlich ausnehmen.
definitiv: microsoft is back on the scene. plus ein rückblick auf 20 jahre windows und MS-dos - wie konnte das passieren;-)?

schaut mal rein:
http://www.km21.org/bitland/MS_schlaegt_zurueck_1001.htm
http://www.km21.org/bitland/MS-stammbaum_1001.htm

2. wayback machine

eine klasse neue suchmaschine des internet archives, das von brester kahle gegründet wurde. endlich! kann man sich alte sites anschauen, z.b. wie die taliban-seite 1998 aussah, oder im sommer, bevor sie gehackt wurde (www.taleban.com)...

http://web.archive.org


ciao, niels


Betreff: [km 21.0:] Antw: [km 21.0:] Was ändert sich für mich derzeit in Deutschland?
Von: Niels Boeing <niels.boeing@woche.de>
An: km21@c-base.org

>Niels hat als Zukunftsszenario Brazil genannt. Aus meiner Arbeit als
>Zukunftsfoscher/-berater weiss ich, es ist immer klüger mehrere Szenarien
>durchzuspielen.

damit hast du natürlich recht.

>Warum ich so deutlich gegen die Mail von Thomas angeschrieben habe, ist, daß
>ich diesem Denken ohne Alternativen widerspreche. so kommt es bei mir an
>(auch das, was Du bisweilen schreibst Niels).

eine situation ohne alternativen kann ich mir gar nicht vorstellen. mir geht es eher darum, unter mehreren parallelen trends den unangenehmsten zu entdecken. nicht aus lust am untergang, sondern weil es der ist, der einen mobilisieren muss, damit er nicht übermächtig wird.
die positiven trends bestärken mich schließlich nur in dem, was ich ohnehin tue.

dies impliziert, das ich die trends bewerte. ich betrachte sie nicht alle als gleichwertig. d.h. ich arbeite mich gleich an der am wenigsten wünschbaren perspektive ab. ich muss ja auch keine wissenschaftliche analyse aller möglich szenarien vornehmen. insofern habe ich wohl eine andere herangehensweise als du moritz, aber nicht viel (habe mich ja auch ein bisschen mit der zukunftsforscherei beschäftigt).

um es einmal konstruktiv zu wenden: einer meiner schlüsse aus den offensichtlichen und den weniger offensichtlichen ereignissen zur zeit ist, dass wir - z.b. wir als km 21.0 - uns in irgendeiner form stärker für ein neues anti-militaristisches europa einsetzen müssen. dass die EU jetzt über ängste und sicherheitspolitik stärker zusammenwächst ist doch unglaublich.

was wir brauchen, ist eine europäische friedensbewegung. und zwar eine, die frieden weiter fasst als die abwesenheit von militärischen konflikten. insofern könnte z.b. attac eine viel größere rolle spielen als sich nur laut für eine tobin-steuer einzusetzen. vielleicht kann sie den kristallisationspunkt bilden für eine bewegung bilden, die europa ganz anders als ökonomisch begreift.

ciao, niels


Betreff: [km 21.0:] Was ändert sich für mich derzeit in Deutschland?
Von: km 21.0 <km21.0@excite.com>
An: km21@c-base.org, km21@c-base.org

Hallo Niels, hallo Km21,

konkrete Frage von Niels, was ändert sich für mich -> erste Antwort:

Ich beobachte erstmal ganz naiv, was ich für mich in meinem Leben an
Veränderungen wahrnehme. Vorläufige Erkenntnis: Für mich individuell hat
sich bisher nicht verändet, ganz banal. Aber ich sehe die Anzeichen eines
Wandels um mich herum.

Beispiele: Mich erschrecken die Kommentare in der BILD, dieser
Blanko-Zuspruch, gegen ein mehr an staatlicher Überwachung ist doch nix
einzuwenden, hauptsache wir können wieder ruhig schlafen. Allein diese
Metapher, als ob es vorher nicht genug Gründe gab unruhig zu schlafen.
Ich höre was mir mein persischer Mitbewohner erzählt, was sein Vater an
neuen Ärgernissen im Alltag erlebt. Sein Vater besitzt ein unbefristete
Aufenthaltsberechtigung, was in der Bürokratie-Hierachie nur eins direkt
unter Staatsbürgerschaft ist. Trotzdem wird ihm die einreise nach England
verweigert. Oder erkriegt mit, das er nun wieder regelmäßig beobachtet wird,
wenn er iranische Geschäftspartner empfängt.
Ich verfolge die Versuche von Schily, noch härtere Gesetzte durchzudrücken
und sehe zugleich mit Erleichterung die Reaktionen in seiner eigenen Partei,
die deutlichen Einsprüche aus dem Justizministerium.

Niels hat als Zukunftsszenario Brazil genannt. Aus meiner Arbeit als
Zukunftsfoscher/-berater weiss ich, es ist immer klüger mehrere Szenarien
durchzuspielen. Im Moment kommt mir dasjenige zu kurz, was sagt, im Ringen
der demokratischen Kräfte in Deutschland kommt am Ende ein Kompromiss heraus
, mit dem die meisten Leben (und hoffentlich gut schlafen) können. Ich
favorisiere derzeit dieses Szenario, habe die anderen aber durchaus vor
Augen.

Warum ich so deutlich gegen die Mail von Thomas angeschrieben habe, ist, daß
ich diesem Denken ohne Alternativen widerspreche. so kommt es bei mir an
(auch das, was Du bisweilen schreibst Niels). Solche eher düsteren Szenarien
sind sehr anziehend, weil sie klar gezeichnet sind und die Komplexität der
Realität wunderbar reduzieren. Aber bei mir erwckt es den Eindruck, der
Author läßt keinen Raum mehr in seinem dunklen Farben für andere Gedanken.
Zur Zeit ist es schlicht weg genauso plausibel, daß sich in einem halben
Jahr die Aufregung beruhigt hat, es schärfere Gesetze gibt, die aber für die
Mehrheit der Menschen hier in Deutschland keine wirkliche gravierende
Auswirkung auf ihre Privatsphere haben.
Vorausgesetzt natürlich, es gibt kein zweites Attentat von der Größenordnung
11. September. Derzeit arbeite ich hier mit meinen Kollegen an verschiedenen
Szenarien, wie sich die Lage entwickeln könnte. Für Afghanistan sehe ich
derzeit noch völlig unklar, welche Entwicklungen es in der zukunft geben
könnte. Mir ist die Logik dieses Feldzuges auch inzwischen verloren
gegangen, bezweifle, ob un das die Amis irgendeine klare Strategie haben,
wie sie den Krieg gewinnen können (auch wenn sie derzeit Sieger auf dem
Schlachtfeld sind). Aber das war letztlich in Vietnam nicht anders.

So long von hier,

Gruß Moritz


Betreff: [km 21.0:] 11.9.: balkan-nachlese
Von: J. LANGER <joachim.langer@gmx.net>
An: km21@c-base.org

hallo -

wen's interessiert: hier eine zusammenfassung zu den reaktionen und
kosequenzen des 11.9. ín südosteuropa.

ciao,
jochen

*********************************
Joachim Langer, AIM Technical Support
http://www.aimpress.org/index.htm
email: joachim.langer@gmx.net
phone: +49 . 381 . 660 61 30
gsm: +49 . 179 . 461 56 13
*********************************


Betreff: [km 21.0:] Bellum iustum?
Von: x x
An: km21@c-base.org


Ein paar Gedanken zu den letzten zwei drei...
 
"Krieg und Feindseligkeiten" - auch wenn ich verstehe, was gemeint ist, Krieg ist eben nicht gleich Krieg nicht gleich Feindseligkeit. Auch wenn die Grenzen verschwimmen...  zumindest läßt sich ja unterscheiden zwischen einem kriegführenden Staat, der gezielt im großen Stil operiert oder z.B. einem -sogenannten -"bewaffneten Konflikt". Die Wortwahl soll das eine nicht schlimmer oder weniger wichtig erscheinen lassen. Aber wenn ein Staat gegen einen anderen Krieg führt, passiert das ja (meist) in anderer Größenordnung. Und dann stellen sich andere Fragen bzw. diese in anderer Dimension. - Ob es sich da um eine "legetime", "angemessene" Reaktion handelt, z.B., und wie "international" das dann ausgetragen werden muß. - Wichtiger als die "Kriegsdefinition" an sich, wie ich finde. Ich habe mir Clausewitz bis jetzt nicht angeguckt, aber denke, Krieg bleibt Krieg. Es geht um die "Vernichtung des Gegners", (das, in größerer Dimension, heißt für mich Krieg). Das "Friedensvölkerrecht" wird mit einer Kriegserklärung außer Kraft gesetzt. Also braucht es einen Grund, der- am besten übergreifend- zu rechtfertigen ist (und das ist ja so) damit die Demonstration von "Recht" entsprechend ausfallen kann.
Was mich neben dem Krieg als solchem bedrückt, ist genau das. Auch aus diesem Krieg wird sowas wie ein "gerechter" gemacht, zumindest ein "nötiger". Ja oder Nein? - Daß die USA bzw. die sog."westliche Welt" im Großen und Ganzen Einhelligkeit proklamieren, da können die Opferzahlen getrost steigen. Ich war wie Knut kaum schockiert, als die Bombardements losgingen, viel unruhiger in der Zeit davor, weil ich dachte, wer weiß, was kommt... Dann schien das fast "konventionell". Jetzt, nach mehreren Tagen, stellt sich der Schock ein, wie lange soll das weitergehen? Ich assoziiere mit diesem Krieg keinen überschaubaren Zeitraum.
So "heilig", wie der Krieg für die Moslems ist, so gerechtfertigt... richtig und wichtig ist er. Das eine hat mit dem anderen viel zu tun, darum wird das dauern,
denkt
 
x


Betreff: RE: Antw: [km 21.0:] zu Bin Laden = Hitler etc.
Von: Hanssen, Peter <hanssen@bgs.ac.uk>
An: 'km21@c-base.org' <km21@c-base.org>

Moin, moin,

erstmal Danke fuer deine ausfuehrliche Email Niels.

Den Begriff Krieg werden wir wohl doch weiterfassen muessen:
Die Ereignisse des 11.9. sind fuer mich eine Kriegserklaerung
einer Ideologie gegenueber einer anderen. Da muss noch nicht
einmal ein 'Heiliger Krieg' ausgesprochen werden oder sich
ueberhaupt jemand dazu bekennen... Auch die Eingrenzung in
'Staaten-Krieg' oder Buerger-Krieg scheint zumindest nach den
Gewalttaetigkeiten auf dem Balkan zu verschwimmen. Muessen
ueberhaupt Menschen dabei umkommen und wenn, wie viele, um
zwischen Krieg und Feindseligkeit zu unterscheiden? Da hier
niemand eine eindeutige und einvernehmliche Grenzlinie ziehen
kann, wird das Wort Krieg subjektiv beladen und kann nur im
Zusammenhang mit der Deutung der jeweiligen Person gesehen
werden (Was ist nur Cyber-War?). Gewalttaetigkeiten gegen eine
politische Ueberzeugung, eine Religion, eine Rasse, Volksgruppe
oder sonstige andersartige Merkmale koennen fuer mich als Krieg
definiert werden. Ein Wort, nur ein Wort, das ohne dazugehoerige
Fakten, nutzlos geworden ist.

> deswegen meine zweite frage: ändert sich in D gerade NICHTS
> für euch, für dich moritz? falls nicht, bitte ich um eine begründung.

Tja, fuer mich aendert sich doch einiges hier in Schottland. Nicht
nur das ich nun erstmal vor verschlossener Tuer stehe, wenn ich
zu meinem Arbeitsplatz moechte. Auch das Konferenzen abgesagt
werden, zum einen weil sie in islamischen Laendern stattfinden
sollten, oder das Fluglinien ihre Routen dorthin gekappt haben,
oder einfach weil der Arbeitgeber bestimmte Auslandsreisen nicht
mehr genehmigt. Fieldtrips, zum Beispiel zur hydro-geologischen
Untersuchung in ariden Gebieten Nordafrikas, werden verschoben oder
abgesagt. Wir nun aufpassen mussen, wenn wir unseren Kaffee
suessen, nicht Zucker zu verstreuen... Nee, aber das Post nun
erstmal 'gescreened' wird. Wichtige andere Themen in den Nachrichten
untergehen oder gar nicht mehr gemeldet werden. Dies sind nur ein
paar Dinge, die mich nun direkt beruehren. Andere grundlegendere
Auswirkungen werden wir wohl noch spaeter erkennen...

PETE

--
Peter_Hanssen@writeme.com http://i.am/pete
BGS, West Mains Road, Edinburgh, EH9 3LA, UK
w:+44-(0)131-6500338 f:+44-(0)131-6671877


Betreff: Antw: [km 21.0:] zu Bin Laden = Hitler etc.
Von: Niels Boeing <niels.boeing@woche.de>
An: km21@c-base.org

hallo martin, moritz, knut, silvia...

nach euren beiträgen nehme ich mal den ball auf.

1. zur wortwahl "krieg":

was in afghanistan selbst passiert, ist krieg. es ist nicht nur ein feldzug, ein strike, oder wie das sonst noch genannt wird. ich weiß gar nicht, worin das problem besteht, einen krieg krieg zu nennen. wohl doch nicht im fehlen einer völkerrechtlich gültigen kriegserklärung. wann hat's die zuletzt gegeben? in korea?

natürlich ist hier in D gerade nicht krieg. (selbst ein zustand wie der ETA-terror im baskenland ist noch kein krieg, weil dort nicht zwei parteien kämpfen, anders als in isreal/palästina, wo meines erachtens bürgerkrieg ist. aber vielleicht kommt das einigen jetzt akademisch vor)

weshalb uns das zumindest betrifft, moritz, ist dass der neue afghanistan-krieg auch in unserem namen geführt wird. wahrscheinlich merkt man das erst, was das bedeutet, wenn man irgendwo im urlaub aufgemischt wird, so wie zwei deutsche jetzt auf lombok.

deine deutung, knut, dass der begriff krieg uns in sicherheit wiegen soll, weil damit ein überschaubarer zeitraum assoziiert werde, verstehe ich nicht. krieg ist keine frage der dauer.

also noch mal meine frage: was ist für euch krieg? oder schaffen wir das wort jetzt ab, weil nur der clausewitzsche krieg per definitionem einer ist, der aber (siehe theo sommer) nicht mehr vorkommt im 21. jh.???

2. da ich die frage bin laden = hitler aufgeworfen hatte, hier eine klärung:

zuerst ging mir die frage vor dem fernseher einfach durch den kopf, als ich für einen augenblick versuchte, mir die historische bedeutung der ereignisse auszumalen. es war eher eine art gedankenexperiment.

nüchtern betrachtet sehe ich eine parallele nicht in einem dämonisch bösen, dass von beiden figuren ausgeht. das finde ich schon bei hitler quatsch (ich finde da nichts dämonisches, wohl aber sehr viel skurriles, das ich im realen leben erst mal nicht ernst nehmen würde).

mir geht es um eine strukturelle ähnlichkeit (die auf saddam so nicht zutraf): bin laden ist eine führerfigur, die große massen mit messianischen botschaften mobilisiert, dabei eine faschistische ideologie vertritt und jede menge kohle hat. um islam geht es bei dem ganzen doch nur am rande. auch die taliban sind nichts als faschisten in einem religiösen mäntelchen, die den koran ähnlich pervertieren wie es die katholische inquisition mit dem evangelium trat.

3. das mit 1984 meine ich dagegen ernst.

wobei ich eher für die brazil-variante plädiere: in dem film ging es auch nicht mehr um eine konkrete ideologie, sondern nur um einen staat, der von sicherheitswahn, terrorismus und aggressiver bürokratie geprägt ist. um sonst nichts.

man muss sich bei der 1984-idee auch einmal von der konkreten vorlage lösen. ich meine, es passieren derzeit einige abgefahrene sachen, die vorher undenkbar waren (schröder spricht davon, die unschuld der deutschen sei vorüber, schily schnürt ein antiterrorpaket, dass es in sich hat, rassismus wird über angst wieder in die gesellschaft eingeführt). klar moritz, kann man das mit einer polemik abtun. aber wenn wir solche szenarien und vermutungen nicht ernsthaft erörtern, können wir die liste auch gleich schließen und uns mit der täglichen berichterstattung begnügen (in der nicht geraunt, aber um so mehr verschwiegen wird).

deswegen meine zweite frage: ändert sich in D gerade NICHTS für euch, für dich moritz? falls nicht, bitte ich um eine begründung.

das soll's für jetzt gewesen sein, einige weitere gedanken folgen in kürze.

ciao, niels


Betreff: [km 21.0:] Fw: Alternative Information Network >> Information, 15/10-2001
Von: J. LANGER <joachim.langer@gmx.net>
An: km21@c-base.org


----- Original Message -----
From: "Alternative Information Network (AIM)" <admin@aimpress.org>
To: "joachim.langer@gmx.net" <joachim.langer@gmx.net>
Sent: Monday, October 15, 2001 1:39 PM
Subject: Alternative Information Network >> Information, 15/10-2001


> Dear colleagues,
>
> the attacks on 11 September against the World Trade Centre and the
> Pentagon have caused a wave of shock throughout South East Europe.
> They have also provoked a wide range of reactions that could have
> lasting consequences for the region.
>
> Bosnia & Herzegovina, Kosovo and Macedonia find themselves on an
> American list of "favourite destinations for terrorists". Muslim
> communities in countries like Croatia and Slovenia are suddenly
> looked at with renewed suspicion, with irresponsible hate
campaigns
> unleashed in parts of the media. After a period of "normalisation"
> of relations, distrust and fear have returned. Tensions flare up
> again between neighbouring countries. Leading Macedonian
politicians
> accuse not only the Albanian population at home, in particular the
> NLA, but also Albania, of being linked to Osama bin Laden's
network.
> The government in Sarajevo is forced to admit that combatants from
> Islamic countries were given Bosnian passports, while some people
in
> Croatia ask how the long border with Bosnia & Herzegovina can be
> defended against such a threat.
>
> Keen to demonstrate their support for the United States, or in
some
> cases perhaps fearful of appearing to be on the other side, all
> countries in the region have pledged backing for the
anti-terrorist
> alliance. Public opinion wonders, however, whether this will make
> them possible targets for future attacks.
>
> Some commentators look back at the last decade and show how
visions
> change. Yesterday's "freedom fighters" against Serb aggression in
> Bosnia & Herzegovina, covertly supported and armed by the West,
> become dangerous Mujaheddins...
>
> Journalists from all of AIM's different editorial boards have
> written articles which together give an overall picture of
reactions
> in the region. You will find the stance of the respective
> government, the attitude of public opinion, divided or not, and an
> analysis of the possible local consequences of the present crisis.
>
> The dossier "Reactions in South East Europe to the attacks on 11
> September" can be consulted via AIM's web site at
>
> http://www.aimpress.org/dyn/dos/dos.htm
>
> As further relevant articles are written they will automatically
be
> added to this special on-going dossier.
>
> Best wishes,
> Dragica Mugosa
> Coordinator, AIM (admin@aimpress.org)
>
>


Betreff: Re: [km 21.0:] ist dieser krieg ein krieg?
Von: km 21.0 <km21.0@excite.com>
An: km21@c-base.org, km21@c-base.org

Hallo allerseits, hi Knut,

danke für die kluge Antwort, in die selbe Richtung gehen derzeit auch meine
Gedanken, was die Entwicklungen in Afghanistan und die Folgen für uns hier
betrift.

Gruß Morit


Betreff: Re: [km 21.0:] ist dieser krieg ein krieg?
Von: s2i@gmx.de
An: km21@c-base.org

Lieber Knut, liebe Leute!

Hier nur ein kleiner Lesehinweis zu den folgenden Erwägungungen Knuts

> Ist es denn jetzt ein richtier Krieg? Was den wieder aufgeflammten
> Buergerkrieg angeht vielleicht. Das Kriegsgerede soll uns doch fast in
> Sicherheit wiegen. Die meisten werden mit Krieg etwas verbinden, was
> zeitlich begrenzt ist und zu einer (nicht immer vollständigen) Neuordnung
> führt. Bei der Ausschaltung solcher Gruppen wie der von Bin L. kann doch
> von Krieg keine Rede sein. Es wird lange dauern... und ich traeume
> garantiert nicht. Nichts ist mehr so, wie es war. Russen und Chinesen und
> andere duerfen mit unserem Segen ihre islamischen Minderheiten
> unterdruecken, wir werden die "innere Sicherheit" (incl. Fingerabdruecke
> im Reisepass) als Hauptwahlkampfthema bekommen.

Theo Sommer schreibt in der Zeit dieser Woche dazu:

"Der Krieg gegen den Terror ist kein klassischer Krieg im clausewitzschen
Sinne, sondern eine ganz neue Spielart von bewaffnetem Konflikt - man könnte
auch sagen: eine uralte Spielart, die wir längst überwunden glaubten.

"Der Krieg ist eine bloße Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln" - so
lautete die berühmte Definition des preußischen Strategen. Er setzte
freilich voraus, dass Kriege zwischen stabilen Staaten geführt würden, wie
dies seit dem 17. Jahrhundert auch gang und gäbe gewesen ist. Damals war es
den Staatenlenkern endlich gelungen, sich befehdende Stämme, Sekten,
Kriegsherren und Banditen zu entwaffnen und das Gewaltmonopol fest in die
eigenen Hände zu nehmen - auch das Monopol zur Ausübung bewaffneter Gewalt
im politischen Verkehr der Staaten. Es war dies, sosehr uns das auch
befremden mag, ein gewaltiger zivilisatorischer Fortschritt.

Heute ist dieser Fortschritt in Gefahr. Allenthalben sind Stämme, Sekten,
ruhmsüchtige Warlordsdabei, den Krieg wieder zu entstaatlichen. Der
Fanatiker Osama bin Laden hat die Entwicklung am weitesten getrieben. In
einer Epoche der Privatisierung privatisiert er den Krieg, im Zeitalter der
Globalisierung globalisiert er den Terror. Der Kampf gegen ihn hat
vordergründig zum Ziel, das Schreckensnetz seiner Al-Qaida zu zerstören.
Dahinter jedoch steht die historische Herausforderung, das Gewaltmonopol der
Staaten wiederherzustellen.

Der Feldzug gegen bin Laden ist denn in seiner Asymmetrie - hier die
hochgerüstete Supermacht, dort fanatisierte Terroristen - kein Krieg im
Sinne des clausewitzschen Begriffes. Gleichwohl gelten auch für diese
Auseinandersetzung drei Grundregeln fort, die der preußische Generalstäbler
vor 180 Jahren zu Papier gebracht hat. Neben allem, was die Deutschen in der
Auseinandersetzung an militärischem Beistand leisten können, ob Awacs, KSK,
Tornados oder Kriegsschiffe, ist auch die Erinnerung an diese Regeln ein
hilfreicher Beitrag."

Den gesamten Text könnt ihr laden über

http://www.zeit.de/2001/42/Politik/200142_1._leiter.html

Beste Grüße,
Silvia


Betreff: [km 21.0:] zu Bin Laden = Hitler etc.
Von: Knut Stahrenberg <knut@gift.physik.TU-Berlin.DE>
An: km21@c-base.org

Hi *,


Warum war ich nicht so schockiert, als die Bombardierung Afghanistans
losging? Ich konnte mich mehrere Wochen darauf vorbereiten. Meine groesste
Angst nach dem 11. war ein wildes Umsichschlagen der usa, die dann aber
folgende Kriegsrethorik OHNE dass etwas geschieht hat mich schon etwas
verwundert. Es war dann aber ziemlich schnell klar, dass sie (wir...)
irgendwann anfangen werden. Es ist zynisch. Aber klar bin ich wuetend nur
eben nicht so am Boden wie vor einem Monat.
Ist es denn jetzt ein richtier Krieg? Was den wieder aufgeflammten
Buergerkrieg angeht vielleicht. Das Kriegsgerede soll uns doch fast in
Sicherheit wiegen. Die meisten werden mit Krieg etwas verbinden, was
zeitlich begrenzt ist und zu einer (nicht immer vollständigen) Neuordnung
führt. Bei der Ausschaltung solcher Gruppen wie der von Bin L. kann doch
von Krieg keine Rede sein. Es wird lange dauern... und ich traeume
garantiert nicht. Nichts ist mehr so, wie es war. Russen und Chinesen und
andere duerfen mit unserem Segen ihre islamischen Minderheiten
unterdruecken, wir werden die "innere Sicherheit" (incl. Fingerabdruecke
im Reisepass) als Hauptwahlkampfthema bekommen.
Aber was sollen diese ewigen xy = Hitler vergleiche? Wurde nicht schon
Saddam in seine Naehe gerueckt? Er als der ewige Boese taugt nicht zum
vergleich, wertet die jetzigen Halunken doch eher auf und verwischt die
Tatsachen. Bush JR redet doch auch staendig nur davon, das Bin L. eine
"boese Person" sei. Ebenso hat jemand hier die Worte "Totalitaet" und
"Krieg" in einem Satz missbraucht. Genauso belastet wie Hitlervergleiche.
Wir sind Universen von der Situation im WKII entfernt. Es ist doch gerade
das Ziel die Situation moeglichst wenig in unsere (Arbeits-)Normalitaet
eindringen zu lassen. Es erfolgt weder wirtschaftliche noch eine geistige
Mobilmachung!
Im uebrigen ist dies nicht der erste Krieg, der auch mit meinen Steuern
gefuehrt wird. Aber deswegen wird er noch lange nicht auch in meinem Namen
gefuehrt!

Findet Knut


Betreff: Re: [km 21.0:] Bin Laden = Hitler? Eine polemische Antwort.
Von: m.
An: km21@c-base.org

Lieber Moritz! Liebe Leute!

Nicht nur seit 50 Jahren sind staendig Kriege ueberall auf diesem Globus.
Aber das macht die Sache wohl auch nicht besser. Die Tatsache, dass es fuer
mich (fuer dich wahrscheinlich auch und fuer viele andere) der erste Krieg ist,
der durch meine gewaehlte Vertretung, mit meinen Steuern und in meinem Namen
gefuehrt wird, zudem in einer Totalitaet, die den angeblichen Feind ueberall
vermutet, diese Tatsache erlaubt auch Reaktionen, deren Form sich an den Inhalt
anpassen kann: an die Irrationalitaet von Angst, meiner Angst. Mahner,
Weltenretter etc.: nicht meine Intention. Wenn es aber so (miss-)verstanden
wird, ist mir das allemal lieber als jetzt zur Verharmlosung der Sache
beizutragen

Warum wir alle so weiter machen, wie du schreibst, ist fuer mich - wie
gesagt - kein Punkt fuer eine Diskussion. Die Beantwortung dieser Frage obliegt
jedem Einzelnen , weil ja auch letzten Endes der Einzelne von den Folgen seiner
Entscheidung betroffen ist. Im positiven wie auch im negativen. Worueber es
sich m.E. viel eher lohnen wuerde zu diskutieren, ist die Frage, ob es jetzt
(und wenn ja welche) bestimmte moralisch verbindliche Handelnsoptionen gibt.
Bspw: Nicht-Finanzierung dieses Krieges durch eigene Steuern.

Vielen Dank fuer deinen kritischen Beitrag, ich hoffe, ich habe mich jetzt
verstaendlicher ausgedrueckt.

Gruss,

Martin


"km 21.0" wrote:

> Hallo Martin, hallo community,
>
> was willst Du sagen, was soll dieser kryptische salm? Ich verstehe es nicht,
> für mich klingt es nach hohlem Raunen, nach dem versuch bedeutung zu
> konstruieren, ein wie auch immer geartetes Weltgefühl zu beschreiben. Warum
> schreibst Du nicht gleich an Gedicht a la Nietsche?
>
> Krieg, es ist Krieg, welch große Worte, mensch seit 50 Jahren sind ständig
> Kriege überall auf diesem Globus. Gut, diesmal sind unsere Verbündeten
> involviert, ist Deutschland mal wieder etwas näher dran am Geschehen. Aber
> das begründet für mich noch lange nicht diese verstaubten
> Weltuntergangsgefühle aus der Mottenkiste zu holen. Mir kommt dieses Gerede
> von 1984 oder der III. Weltkrieg steht vor der Tür vor wie ein fast
> sehnsüchtiges herbeireden, es möge endlich etwas dramatisches in unser Leben
> tretten, damit wir uns als Helden, Mahner, Weltenretter was weiss ich
> bewähren können. Was Wallung. Angesichts all der anderen Kriege, Elend und
> Leid in der Welt da draussen gab und gibt es jederzeit gute Gründe nicht
> eifnach so weiter zur Arbeit zu gehen. Aber wir tun es trotzdem. Leben ganz
> gut damit, gestern, heute und morgen sicher auch. Da drüber sollten wir
> sprechen, warum wir alle weiter so machen, jeden Tag, nicht erst seit
> letztem Sonntag.
>
> Gruß Moritz
>
> On Thu, 11 May 2000 02:07:33 +0200, km21@c-base.org wrote:
>
> > Lieber Niels, liebe community!
> >
> > In Anspielung auf den Vergleich Bin Laden zu Hitler und in DEUTLICHER
> Erwiederung dieser Metapher:
> >
> > Damals hoerten wir Rede, sie haetten von nichts dem gewusst. Jetzt
> koennen wir dergleichen kaum noch behaupten, im Handeln unterscheiden wir
> uns dennoch wenig vom Gestern. (Morgen gehen wir zur Arbeit. )
> >
> > Es wird gebombt, die Masse jubelt. Es wird gehenkt und eine Ideologie
> nickt zustimmend ihrer Rechtfertigung zu. Um der Sache Willen schickt man
> seine Soehne in die Schlacht. Nicht wirklich wollend, aber in der
> Ueberzeugung, es ginge nicht anders. So ging das damals bis 1942/43 als eine
> "negative" Wende kam.
> >
> > Diese Wende wird es heute nicht geben: Der Kriegstreiber wird seine
> Schlacht wohl in seinem Sinne gewinnen. Wie viele Schlachten werden folgen?
> Eine schwere Niederlage hat seinen Kampf motiviert und weitere Niederlagen,
> um wieviel schwerer sie auch sein sollten, werden ihn kaum vom
> eingeschlagenen Weg abbringen. "Wollt iht den totalen Krieg?"
> >
> > Damals hat es fuer den Aufbau der Hauptstadt "Germania"
> (gluecklicherweise) nicht gereicht. In der Zukunft wird man vielleicht fuer
> den gleichen Zustand in einer Ausschreibung einen Namen suchen. Manch einer
> wird dafuer eine Zahl vorschlagen: 1984. Ich werde vorschlagen: "Germania".
> >
> >
> >
> > Prolog:
> >
> > Die Hintergruende zu "buegeln" erspare ich mir. Der Autor fragt "wie wir
> in 30, 40 Jahren auf diese Bilder zurueckblicken werden": Die Antwort auf
> diese Frage liegt am Einzelnen selbst und ist nicht auf eine - wie auch
> immer legitimierte oder nicht legitimierte - gesellschaftliche Instanz
> zurueckzufuehren. Gerade als "Trittbrettfahrer" des Systems (wir lachen zu
> Unrecht ueber das antiquierte "Hochwohlgeboren", die meisten lachen nicht,
> zu Recht) kann ich abspringen (Aufspringen ist fast unmoeglich). Wer
> > sich der Aufgabe seiner Pfruende scheut - die Legitimitaet dieser Meinung
> in Frage zu stellen liegt mir nich an - muss sich fragen, welche Wege der
> Rechfertigung er jetzt einschlaegt.
> >
> > Alles ist wie vorher: Die Guten, die Boesen, der Soldat, der Boesewicht,
> der Biedermeier. Auge um Auge, Zahn um Zahn. Ist alles wie vorher? Bin Laden
> ist kein Jude, sonst waere es bestimmt einfacher gewesen diesen Suendebock
> zu bedienen. Damit ist nur fast alles wie voher.
> >
> >
> >
> > Niels Boeing wrote:
> >
> > > seit 3 tagen wird wieder gebombt.
> > > in afghanistan. weit weg im niemandsland der staatlichkeit.
> > > nach unserem schock über die anschläge, unserer ratlosigkeit bleibt
> keine kraft mehr zur empörung.
> > > keiner von uns hat noch am sonntag abend sein entsetzen darüber auf
> dieser liste zum ausdruck gebracht. so wie damals beim serbien-bombardement
> der nato. das sozusagen um die ecke stattfand. wir kennen das ja auch
> inzwischen...
> > >
> > > als ich am sonntag nachmittag die welt am sonntag durchblättere, starrt
> mich der neue kalte krieg an. kommentare, die es nicht abwarten können, bis
> auch deutsche soldaten endlich wieder ins schlachtfeld ziehen. blair wird
> als staatsmann gepriesen. schröder, der noch versucht abzuwägen, als "zweite
> liga" geschmäht. springer teilt das land wieder in feiglinge und patrioten
> ein. wie damals...
> > >
> > > am sonntag abend dann der blick in die tagesschau: es geht los. ich
> fühle mich elend vor dem fernseher. und diese verarschung mit den grünen
> pixel-bildern auf CNN. wieder ein virtueller krieg. wo sind die bilder
> entstanden? in einem rechner irgendwo in den USA, oder doch in afghanistan?
> > >
> > > dann bin ladens auftritt. mensch, ist der gefasst. nachher wird
> geschrieben werden, er sei hasserfüllt gewesen. quatsch. er ist sich seiner
> sache ganz sicher. ein unglaublich ernster blick. wie, geht es mir durch den
> kopf, werden wir auf diese bilder in 30, 40 jahren zurückblicken? was wird
> bin laden bedeuten? ist das die erste 5-minuten-hass-sendung des neuen
> orwell-zeitalters? die einen krieg legitimiert, der nie zuende sein wird und
> nicht hinterfragt werden darf? oder ist bin laden der neue hitler?
> > >
> > > nichts ist mehr klar. aber der krieg ist weit weg, und am montag gehe
> ich zur arbeit. so wie ihr auch.
> > >
> > > wovon träumen wir eigentlich? nur davon, dass sich nichts ändert bei
> uns? dass der alptraum einer sein möge und wir in ein paar wochen aufwachen
> und feststellen, die amis haben es gerichtet, und mit der neuen weltordnung
> wird es schon nicht so wild werden, das hat schließlich nach dem golfkrieg
> 91 auch nicht geklappt? alles wird wieder so wie vorher?
> > >
> > > niels


Betreff: Re: [km 21.0:] Bin Laden = Hitler? Eine polemische Antwort.
Von: km 21.0 <km21.0@excite.com>
An: km21@c-base.org, km21@c-base.org

Hallo Martin, hallo community,

was willst Du sagen, was soll dieser kryptische salm? Ich verstehe es nicht,
für mich klingt es nach hohlem Raunen, nach dem versuch bedeutung zu
konstruieren, ein wie auch immer geartetes Weltgefühl zu beschreiben. Warum
schreibst Du nicht gleich an Gedicht a la Nietsche?

Krieg, es ist Krieg, welch große Worte, mensch seit 50 Jahren sind ständig
Kriege überall auf diesem Globus. Gut, diesmal sind unsere Verbündeten
involviert, ist Deutschland mal wieder etwas näher dran am Geschehen. Aber
das begründet für mich noch lange nicht diese verstaubten
Weltuntergangsgefühle aus der Mottenkiste zu holen. Mir kommt dieses Gerede
von 1984 oder der III. Weltkrieg steht vor der Tür vor wie ein fast
sehnsüchtiges herbeireden, es möge endlich etwas dramatisches in unser Leben
tretten, damit wir uns als Helden, Mahner, Weltenretter was weiss ich
bewähren können. Was Wallung. Angesichts all der anderen Kriege, Elend und
Leid in der Welt da draussen gab und gibt es jederzeit gute Gründe nicht
eifnach so weiter zur Arbeit zu gehen. Aber wir tun es trotzdem. Leben ganz
gut damit, gestern, heute und morgen sicher auch. Da drüber sollten wir
sprechen, warum wir alle weiter so machen, jeden Tag, nicht erst seit
letztem Sonntag.

Gruß Moritz

On Thu, 11 May 2000 02:07:33 +0200, km21@c-base.org wrote:

> Lieber Niels, liebe community!
>
> In Anspielung auf den Vergleich Bin Laden zu Hitler und in DEUTLICHER
Erwiederung dieser Metapher:
>
> Damals hoerten wir Rede, sie haetten von nichts dem gewusst. Jetzt
koennen wir dergleichen kaum noch behaupten, im Handeln unterscheiden wir
uns dennoch wenig vom Gestern. (Morgen gehen wir zur Arbeit. )
>
> Es wird gebombt, die Masse jubelt. Es wird gehenkt und eine Ideologie
nickt zustimmend ihrer Rechtfertigung zu. Um der Sache Willen schickt man
seine Soehne in die Schlacht. Nicht wirklich wollend, aber in der
Ueberzeugung, es ginge nicht anders. So ging das damals bis 1942/43 als eine
"negative" Wende kam.
>
> Diese Wende wird es heute nicht geben: Der Kriegstreiber wird seine
Schlacht wohl in seinem Sinne gewinnen. Wie viele Schlachten werden folgen?
Eine schwere Niederlage hat seinen Kampf motiviert und weitere Niederlagen,
um wieviel schwerer sie auch sein sollten, werden ihn kaum vom
eingeschlagenen Weg abbringen. "Wollt iht den totalen Krieg?"
>
> Damals hat es fuer den Aufbau der Hauptstadt "Germania"
(gluecklicherweise) nicht gereicht. In der Zukunft wird man vielleicht fuer
den gleichen Zustand in einer Ausschreibung einen Namen suchen. Manch einer
wird dafuer eine Zahl vorschlagen: 1984. Ich werde vorschlagen: "Germania".
>
>
>
> Prolog:
>
> Die Hintergruende zu "buegeln" erspare ich mir. Der Autor fragt "wie wir
in 30, 40 Jahren auf diese Bilder zurueckblicken werden": Die Antwort auf
diese Frage liegt am Einzelnen selbst und ist nicht auf eine - wie auch
immer legitimierte oder nicht legitimierte - gesellschaftliche Instanz
zurueckzufuehren. Gerade als "Trittbrettfahrer" des Systems (wir lachen zu
Unrecht ueber das antiquierte "Hochwohlgeboren", die meisten lachen nicht,
zu Recht) kann ich abspringen (Aufspringen ist fast unmoeglich). Wer
> sich der Aufgabe seiner Pfruende scheut - die Legitimitaet dieser Meinung
in Frage zu stellen liegt mir nich an - muss sich fragen, welche Wege der
Rechfertigung er jetzt einschlaegt.
>
> Alles ist wie vorher: Die Guten, die Boesen, der Soldat, der Boesewicht,
der Biedermeier. Auge um Auge, Zahn um Zahn. Ist alles wie vorher? Bin Laden
ist kein Jude, sonst waere es bestimmt einfacher gewesen diesen Suendebock
zu bedienen. Damit ist nur fast alles wie voher.
>
>
>
> Niels Boeing wrote:
>
> > seit 3 tagen wird wieder gebombt.
> > in afghanistan. weit weg im niemandsland der staatlichkeit.
> > nach unserem schock über die anschläge, unserer ratlosigkeit bleibt
keine kraft mehr zur empörung.
> > keiner von uns hat noch am sonntag abend sein entsetzen darüber auf
dieser liste zum ausdruck gebracht. so wie damals beim serbien-bombardement
der nato. das sozusagen um die ecke stattfand. wir kennen das ja auch
inzwischen...
> >
> > als ich am sonntag nachmittag die welt am sonntag durchblättere, starrt
mich der neue kalte krieg an. kommentare, die es nicht abwarten können, bis
auch deutsche soldaten endlich wieder ins schlachtfeld ziehen. blair wird
als staatsmann gepriesen. schröder, der noch versucht abzuwägen, als "zweite
liga" geschmäht. springer teilt das land wieder in feiglinge und patrioten
ein. wie damals...
> >
> > am sonntag abend dann der blick in die tagesschau: es geht los. ich
fühle mich elend vor dem fernseher. und diese verarschung mit den grünen
pixel-bildern auf CNN. wieder ein virtueller krieg. wo sind die bilder
entstanden? in einem rechner irgendwo in den USA, oder doch in afghanistan?
> >
> > dann bin ladens auftritt. mensch, ist der gefasst. nachher wird
geschrieben werden, er sei hasserfüllt gewesen. quatsch. er ist sich seiner
sache ganz sicher. ein unglaublich ernster blick. wie, geht es mir durch den
kopf, werden wir auf diese bilder in 30, 40 jahren zurückblicken? was wird
bin laden bedeuten? ist das die erste 5-minuten-hass-sendung des neuen
orwell-zeitalters? die einen krieg legitimiert, der nie zuende sein wird und
nicht hinterfragt werden darf? oder ist bin laden der neue hitler?
> >
> > nichts ist mehr klar. aber der krieg ist weit weg, und am montag gehe
ich zur arbeit. so wie ihr auch.
> >
> > wovon träumen wir eigentlich? nur davon, dass sich nichts ändert bei
uns? dass der alptraum einer sein möge und wir in ein paar wochen aufwachen
und feststellen, die amis haben es gerichtet, und mit der neuen weltordnung
wird es schon nicht so wild werden, das hat schließlich nach dem golfkrieg
91 auch nicht geklappt? alles wird wieder so wie vorher?
> >
> > niels


Betreff: [km 21.0:] Bin Laden = Hitler? Eine polemische Antwort.
Von: m.
An: km21@c-base.org

Lieber Niels, liebe community!

In Anspielung auf den Vergleich Bin Laden zu Hitler und in DEUTLICHER Erwiederung dieser Metapher:

Damals hoerten wir Rede, sie haetten von nichts dem gewusst. Jetzt koennen wir dergleichen kaum noch behaupten, im Handeln unterscheiden wir uns dennoch wenig vom Gestern. (Morgen gehen wir zur Arbeit. )

Es wird gebombt, die Masse jubelt. Es wird gehenkt und eine Ideologie nickt zustimmend ihrer Rechtfertigung zu. Um der Sache Willen schickt man seine Soehne in die Schlacht. Nicht wirklich wollend, aber in der Ueberzeugung, es ginge nicht anders. So ging das damals bis 1942/43 als eine "negative" Wende kam.

Diese Wende wird es heute nicht geben: Der Kriegstreiber wird seine Schlacht wohl in seinem Sinne gewinnen. Wie viele Schlachten werden folgen? Eine schwere Niederlage hat seinen Kampf motiviert und weitere Niederlagen, um wieviel schwerer sie auch sein sollten, werden ihn kaum vom eingeschlagenen Weg abbringen. "Wollt iht den totalen Krieg?"

Damals hat es fuer den Aufbau der Hauptstadt "Germania" (gluecklicherweise) nicht gereicht. In der Zukunft wird man vielleicht fuer den gleichen Zustand in einer Ausschreibung einen Namen suchen. Manch einer wird dafuer eine Zahl vorschlagen: 1984. Ich werde vorschlagen: "Germania".

Prolog:

Die Hintergruende zu "buegeln" erspare ich mir. Der Autor fragt "wie wir in 30, 40 Jahren auf diese Bilder zurueckblicken werden": Die Antwort auf diese Frage liegt am Einzelnen selbst und ist nicht auf eine - wie auch immer legitimierte oder nicht legitimierte - gesellschaftliche Instanz zurueckzufuehren. Gerade als "Trittbrettfahrer" des Systems (wir lachen zu Unrecht ueber das antiquierte "Hochwohlgeboren", die meisten lachen nicht, zu Recht) kann ich abspringen (Aufspringen ist fast unmoeglich). Wer
sich der Aufgabe seiner Pfruende scheut - die Legitimitaet dieser Meinung in Frage zu stellen liegt mir nich an - muss sich fragen, welche Wege der Rechfertigung er jetzt einschlaegt.

Alles ist wie vorher: Die Guten, die Boesen, der Soldat, der Boesewicht, der Biedermeier. Auge um Auge, Zahn um Zahn. Ist alles wie vorher? Bin Laden ist kein Jude, sonst waere es bestimmt einfacher gewesen diesen Suendebock zu bedienen. Damit ist nur fast alles wie voher.

Niels Boeing wrote:

> seit 3 tagen wird wieder gebombt.
> in afghanistan. weit weg im niemandsland der staatlichkeit.
> nach unserem schock über die anschläge, unserer ratlosigkeit bleibt keine kraft mehr zur empörung.
> keiner von uns hat noch am sonntag abend sein entsetzen darüber auf dieser liste zum ausdruck gebracht. so wie damals beim serbien-bombardement der nato. das sozusagen um die ecke stattfand. wir kennen das ja auch inzwischen...
>
> als ich am sonntag nachmittag die welt am sonntag durchblättere, starrt mich der neue kalte krieg an. kommentare, die es nicht abwarten können, bis auch deutsche soldaten endlich wieder ins schlachtfeld ziehen. blair wird als staatsmann gepriesen. schröder, der noch versucht abzuwägen, als "zweite liga" geschmäht. springer teilt das land wieder in feiglinge und patrioten ein. wie damals...
>
> am sonntag abend dann der blick in die tagesschau: es geht los. ich fühle mich elend vor dem fernseher. und diese verarschung mit den grünen pixel-bildern auf CNN. wieder ein virtueller krieg. wo sind die bilder entstanden? in einem rechner irgendwo in den USA, oder doch in afghanistan?
>
> dann bin ladens auftritt. mensch, ist der gefasst. nachher wird geschrieben werden, er sei hasserfüllt gewesen. quatsch. er ist sich seiner sache ganz sicher. ein unglaublich ernster blick. wie, geht es mir durch den kopf, werden wir auf diese bilder in 30, 40 jahren zurückblicken? was wird bin laden bedeuten? ist das die erste 5-minuten-hass-sendung des neuen orwell-zeitalters? die einen krieg legitimiert, der nie zuende sein wird und nicht hinterfragt werden darf? oder ist bin laden der neue hitler?
>
> nichts ist mehr klar. aber der krieg ist weit weg, und am montag gehe ich zur arbeit. so wie ihr auch.
>
> wovon träumen wir eigentlich? nur davon, dass sich nichts ändert bei uns? dass der alptraum einer sein möge und wir in ein paar wochen aufwachen und feststellen, die amis haben es gerichtet, und mit der neuen weltordnung wird es schon nicht so wild werden, das hat schließlich nach dem golfkrieg 91 auch nicht geklappt? alles wird wieder so wie vorher?
>
> niels
>


Betreff: [km 21.0:] krieg, na und
Von: Niels Boeing <niels.boeing@woche.de>
An: km21.0-liste <km21@c-base.org>

seit 3 tagen wird wieder gebombt.
in afghanistan. weit weg im niemandsland der staatlichkeit.
nach unserem schock über die anschläge, unserer ratlosigkeit bleibt keine kraft mehr zur empörung.
keiner von uns hat noch am sonntag abend sein entsetzen darüber auf dieser liste zum ausdruck gebracht. so wie damals beim serbien-bombardement der nato. das sozusagen um die ecke stattfand. wir kennen das ja auch inzwischen...


als ich am sonntag nachmittag die welt am sonntag durchblättere, starrt mich der neue kalte krieg an. kommentare, die es nicht abwarten können, bis auch deutsche soldaten endlich wieder ins schlachtfeld ziehen. blair wird als staatsmann gepriesen. schröder, der noch versucht abzuwägen, als "zweite liga" geschmäht. springer teilt das land wieder in feiglinge und patrioten ein. wie damals...

am sonntag abend dann der blick in die tagesschau: es geht los. ich fühle mich elend vor dem fernseher. und diese verarschung mit den grünen pixel-bildern auf CNN. wieder ein virtueller krieg. wo sind die bilder entstanden? in einem rechner irgendwo in den USA, oder doch in afghanistan?

dann bin ladens auftritt. mensch, ist der gefasst. nachher wird geschrieben werden, er sei hasserfüllt gewesen. quatsch. er ist sich seiner sache ganz sicher. ein unglaublich ernster blick. wie, geht es mir durch den kopf, werden wir auf diese bilder in 30, 40 jahren zurückblicken? was wird bin laden bedeuten? ist das die erste 5-minuten-hass-sendung des neuen orwell-zeitalters? die einen krieg legitimiert, der nie zuende sein wird und nicht hinterfragt werden darf? oder ist bin laden der neue hitler?

nichts ist mehr klar. aber der krieg ist weit weg, und am montag gehe ich zur arbeit. so wie ihr auch.

wovon träumen wir eigentlich? nur davon, dass sich nichts ändert bei uns? dass der alptraum einer sein möge und wir in ein paar wochen aufwachen und feststellen, die amis haben es gerichtet, und mit der neuen weltordnung wird es schon nicht so wild werden, das hat schließlich nach dem golfkrieg 91 auch nicht geklappt? alles wird wieder so wie vorher?

niels


© 2001 km 21.0