evolution eines industriestandards
Niels Boeing, Oktober 2001

Von MS-Dos 1.0 zu Windows XP/.NET zieht sich ein fast Darwinscher Pfad des Trial and Error. Keine Spur von Strategie.

GLÜCKSGRIFF
DOS 1.0

Am 24. August 1981 begann der Aufstieg des Microsoft-Imperiums: IBM lieferte mit seinem neuen PC das Betriebssystem DOS 1.0 aus. Die auf einer Diskette laufende Software (Disk Operating System=DOS) hatte Gates erst einen Monat vorher der Firma Seattle Computers für knapp 50 000 Dollar abgekauft. DOS wurde mit eingetippten Befehlen wie "dir", "copy" oder "cd" gesteuert – die Maus war damals noch eine Zukunftstechnologie. DOS dagegen war nicht für den Fortschritt gebaut: Es konnte nur einen Arbeitsspeicher von max. 0,6 Megabyte verwalten. 1 Megabyte kostete damals ein kleines Vermögen. Microsoft hatte damals 128 Angestellte und immerhin einen Jahresumsatz von 16 Mio. Dollar.

PLAGIAT
windows 1.0

Eine Benutzeroberfläche mit Programmfenstern lag damals in der Luft: Xerox hatte einen Prototypen entwickelt, Apple und Visicorp arbeiteten daran. Kurzum kündigte Microsoft auf der Computermesse Comdex 1983 auch eins an: 20 000 Hotelbetten in Las Vegas wurden mit "Windows"-Logo bezogen! Ergebnis: alle sprachen von Windows, das peinliche zwei Jahre später ausgeliefert wurde. Die Kritiken waren vernichtend. "Das Produkt war vollkommen nutzlos" (Marlin Eller, Ex-Microsoft-Programmierer)
Windows war damals nur ein Anwendungsprogramm für das Betriebssystem DOS. Eine Zwischenschicht, die die Steuerung von Programmen mit der Maus erlaubte und vom Eintippen kryptischer Befehle befreite. Die Entwickler hatten es zunächst "Interface Manager" genannt. Gegen die alberne Bezeichnung "Windows" liefen sie Sturm – sie war von der Marketingabteilung ausgebrütet worden.

STIEFKIND
windows 2.0

Auf dem Weg zu 1.0 hatte Gates das Windows-Team fast wahnsinnig gemacht mit der Vorgabe: "Es muss sein wie der Mac". Diese Ähnlichkeit sah auch Apple und verklagte Microsoft – vergeblich. Windows 2.0 war eine lustlose Verbesserung, an der zeitweilig nur 3 Programmierer arbeiteten.

FAST DAS ENDE
windows 3.0

Bei Microsoft galt das glücklose Windows als strategische Sackgasse. Zusammen mit IBM wollte es dagegen dessen OS/2 zum Betriebssystem der Zukunft entwickeln. Während sich Microsoftler in Jeans mit IBMlern im Anzug quälten, gelang ein paar Hartnäckigen in Redmond der Durchbruch: Windows konnte Word und Excel parallel ausführen. 3.0 kam auf den Markt, IBM tobte und Microsoft versprach, die Windows-Entwicklung 1991 einzustellen. Doch 3.0 war zu erfolgreich: Es verkaufte sich 2 Millionen Mal in den ersten sechs Wochen.

ZWISCHENSPIEL
windows 3.1

Der Erfolg von 3.0 machte nicht nur Aktienkäufer neugierig: Auch die US-Kartellbehörde begann Ermittlungen. In 3.1 fehlte ein Element, an dem bei Microsoft sogar gearbeitet wurde: eine einfache Internetanbindung. Doch Gates hielt die Verschmelzung von Fernsehen und Computer für zukunftsträchtiger.

EHRGEIZ
windows NT

Die Entwicklung eines komplett neuen Betriebssystem - jenseits des schlichten DOS und des instabilen Windows – hatte schon 1988 begonnen. Es war Microsofts erstes echtes Netzwerk-System. Das Fortune-Magazin titelte im Mai 1997: "Gates’ größter Wurf (und es funktioniert!)".

OFFENSIVE - windows 95

Ursprünglich als Windows 93 geplant, verschmolz Microsoft DOS und Windows zu einem Produkt der Superlative: eine Hunderte Millionen Dollar teure Marketingkampagne, 75 Millionen Teststunden durch Betatester, die 6000 kritische Bugs fanden, und ein Absatz von 1 Mio. in den ersten 4 Tagen. Doch die Internetanbindung fehlte immer noch. Statt eines Browsers gab es einen Zugang zum Microsoft-Network (MSN), der nicht über das Internetprotokoll TCP/IP erfolgte!

POLITIKUM
windows 98

Bei der Premiere in Las Vegas stürzt Bill Gates Windows 98 ab, als bei laufendem Betrieb ein Scanner angeschlossen wird. Auch nicht lustig: Einen Monat später erheben US-Regierung und 20 Bundesstaaten Kartellklage. Weil diesmal der Browser zu gut ins Betriebssystem integriert ist.

ZWERG
windows CE

Die Kleinstcomputer-Ausgabe von Windows hatte einige Vorläufer: Pen-Windows 1.0 1992; Modular Windows für interaktive Fernseher; MMOSA für Settop-Boxen. Die neueste Variante PocketPC 2002 läuft bereits mit der neuen Luna-Oberfläche

GIGANT
windows 2000

Ursprünglich NT 5.0, gilt es als Microsofts gelungenstes, weil sicherstes und stabilstes Werk. Das ein wahres Software-Monster ist: 30 Millionen Zeilen Code belegen 900 Megabyte Speicherplatz. Auf ihm baut im Wesentlichen das Windows der Zukunft auf.

ZEMENT
windows.net

Windows, bislang das Fundament eines Rechners in der Microsoft-Welt, wird hier zum Zement der .NET-Architektur. Die verbindet Datenbanken, Online-Dienste, Browser, online aufrufbare Office-Programme auf der Basis des neuen Web-Standards XML.

[zurück zum Anfang]



© 2001 km 21.0 - diese Seite ist Bestandteil von www.km21.org